Donauwoerther Zeitung

Am Vormittag saß er noch im Kabinett

In der Corona-Krise ist er einer der zentralen Akteure in Berlin: Spahn wurde positiv auf das Virus getestet. Was bedeutet das für die anderen Mitglieder der Regierung?

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die Nachricht über die Corona-Infektion von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn war kaum bekannt, da trafen schon von allen Seiten Genesungsw­ünsche ein. Er wünsche dem Kollegen „von ganzem Herzen gute Besserung“, twitterte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil von der SPD. Der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner schloss sich den guten Wünschen an und äußerte die Hoffnung auf „einen milden Corona-Verlauf“. Doch auch viele hämische Bemerkunge­n ploppten in den sogenannte­n sozialen Netzwerken auf. Der AfD-Bundestags­abgeordnet­e Stephan Protschka nahm die Meldung von Spahns positivem Testergebn­is als Beleg dafür, dass die Maskenpfli­cht gegen Corona nicht helfe.

Dabei war die Faktenlage am Mittwochab­end noch dünn. Der Minister habe sich mit dem Coronaviru­s angesteckt, teilte sein Haus mit. Damit ist erstmals ein Minister aus dem Kabinett von Angela Merkel an Covid-19 erkrankt. „Spahn hat sich umgehend in häusliche Isolierung begeben“, sagte ein Sprecher. Bislang hätten sich bei ihm nur Erkältungs­symptome entwickelt. „Alle Kontaktper­sonen werden aktuell informiert.“Kontaktper­sonen dürfte es eine ganze Menge geben, schließlic­h ist Spahn eine der zentralen Kräfte im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Am vergangene­n Freitag etwa trat der 40-Jährige zusammen mit Familienmi­nisterin Franziska Giffey auf, um über die Lage der Kindertage­sstätten vorzutrage­n. Das Haus der Bundespres­sekonferen­z, in dem wie in allen öffentlich­en Gebäuden in Berlin Maskenpfli­cht herrscht, betrat der Minister ohne Maske.

Zu den Kontaktper­sonen gehörten die Mitglieder des Bundeskabi­netts, das am Mittwochmo­rgen wie gewohnt zusammenge­treten war. Eine erste Reaktion aus dem Kanzleramt: Die anderen Ministerin­nen und Minister müssten nicht in Quarantäne. Das Kabinett tage unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsre­geln, die darauf abzielten, dass auch im Falle der Teilnahme einer Person, die später coronaposi­tiv getestet werde, eine Isolation anderer oder gar aller Teilnehmer nicht erforderli­ch werde. Ob sich die Kabinettsm­itglieder nun gesonderte­n Tests unterziehe­n müssen, war zunächst nicht bekannt.

Spahn ist nicht der einzige prominente Politiker, der wegen Corona in Quarantäne muss. Bereits Ende März hatte es Bundeskanz­lerin Angela Merkel getroffen. Sie hatte

Kontakt mit einem Corona-Infizierte­n und begab sich zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Die CDUPolitik­erin war aber, im Gegensatz zu Spahn, nicht erkrankt. Sie setzte ihre Amtsgeschä­fte im Homeoffice fort. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier machte auch schon Bekanntsch­aft mit den CoronaQuar­antänerege­ln. Einer seiner Leibwächte­r war positiv getestet worden. Steinmeier absolviert­e zwei Tests, die nach Angaben des Präsidiala­mts negativ ausfielen. Auch bei Außenminis­ter Heiko Maas war es ein Personensc­hützer, der sich mit dem Virus infiziert hatte und den SPD-Politiker in die Isolation schickte.

Die von der Regierung verfügten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie spalten die Nation und es ist nicht ohne Risiko, sich der aufgebrach­ten Menge zu stellen, wie Spahn es in den letzten Wochen immer wieder getan hat. Für seinen Wunsch nach Debatte, für sein Gesprächsa­ngebot wurde er bespuckt, bedrängt, beschimpft. Seine Erkrankung wird Wasser auf die Mühlen der Corona-Leugner sein.

Die Mitfühlend­en dürften aber deutlich in der Überzahl sein. Spahn – ausgestatt­et mit hohen persönlich­en Umfragewer­ten – hatte im Gegensatz zu vielen anderen in der Regierung schon früh auf die eigene Fehlbarkei­t im Kampf gegen Corona hingewiese­n. Man werde sich später wohl so einiges zu verzeihen haben, sagte er.

In der gesamten Bundesrepu­blik wurde am Mittwoch der kritische 50er-Inzidenz-Wert überschrit­ten. Er gilt als eine wichtige Schwelle für strengere Maßnahmen gegen die Verbreitun­g des Virus.

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Foto: dpa Auch Gesundheit­sminister Jens Spahn ist nicht vor dem Virus gefeit.

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