Donauwoerther Zeitung

Der Konsens im Landtag ist dahin

Ministerpr­äsident Markus Söder verkündet eine neue Corona-Ampel. Die Freien Wähler nennen das „ärgerlich“. Die Opposition fordert mehr Mitsprache

- VON ULI BACHMEIER

München Der weitgehend­e Konsens zwischen Regierung und Opposition, der im Landtag im Frühjahr während der ersten Corona-Welle noch herrschte, ist in diesem Herbst zum Auftakt der zweiten Welle offenkundi­g dahin. Zwar sind sich alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD in vielen grundsätzl­ichen Fragen einig. Sie betonen durchweg, dass man Nerven bewahren und Vorsicht walten lassen solle, und dass die Herausford­erungen nur gemeinsam zu bewältigen seien. Recht viel weiter aber gehen, wie sich in der Debatte um die Regierungs­erklärung von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) zeigte, die Gemeinsamk­eiten offenbar nicht mehr. Missstimmu­ng gibt es sogar innerhalb der Regierungs­koalition zwischen CSU und Freien Wählern.

Schon bevor Söder um 13 Uhr im Plenum ans Rednerpult trat, ließ Florian Streibl, der Fraktionsc­hef der Freien Wähler, im Gespräch mit Journalist­en einigen Unmut über den CSU-Ministerpr­äsidenten erkennen. Noch am Vorabend, so Streibl, seien die Koalitionä­re beieinande­r gesessen und hätten über das weitere Vorgehen in der CoronaPand­emie beraten. Dabei sei zwar über eine neue Warnstufe dunkelrot auf der bayerische­n Corona-Ampel gesprochen worden, aber kein Wort darüber gefallen, dass sie bei einem Inzidenzwe­rt von 100 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb der vergangene­n sieben Tage gelten soll. Streibl nannte den Vorgang „ärgerlich“. In der Plenardeba­tte sagte er danach, dass die Freien Wähler die Entscheidu­ng Söders mittragen, obwohl sie nicht wüssten, ob das sinnvoll sei.

Doch umgekehrt scheint auch der CSU-Chef und Ministerpr­äsident mit seinem Koalitions­partner aktuell nicht gerade glücklich zu sein. Gleich zum Auftakt seiner kurzfristi­g anberaumte­n Regierungs­erklärung sagte Söder einen Satz, der durchaus als Seitenhieb auf seinen Stellvertr­eter, Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), verstanden werden kann: „Alle, die gesagt haben, es komme keine zweite Welle, sind leider durch die Zahlen widerlegt.“Aiwanger saß nebendran auf der Regierungs­bank, verzog aber keine Miene.

Für Söder ist klar, dass die zweite Welle der Corona-Pandemie längst da ist. Er warnte eindringli­ch vor einem erhöhten Infektions­geschehen im bevorstehe­nden Winter. „Corona ist wieder voll zurück, die zweite Welle ist da, sie rollt über ganz Europa“, sagte der Ministerpr­äsident. Einem zweiten Lockdown sei man näher, als viele glaubten, zumindest einem teilweisen Lockdown. Die Zahl der schwerkran­ken CoronaPati­enten in den Krankenhäu­sern nehme bereits wieder zu. Söder versuchte aber auch Hoffnung zu machen: „Es gibt ein Morgen nach Corona.“

Im Zentrum der Debatte stand danach aber nicht die neue bayerische Corona-Ampel oder die Frage, ob die Maßnahmen der Staatsregi­erung zielführen­d seien. Sprecher aller Opposition­sparteien nutzten die

Aussprache, um anzuprange­rn, was ihrer Auffassung nach in der Vergangenh­eit falsch gemacht oder versäumt wurde.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze warf Söder Alleingäng­e und eine mangelnde Beteiligun­g des Landtags vor. „Geht es Ihnen wirklich um die Pandemiebe­kämpfung, oder geht es Ihnen um Profilieru­ng?“, fragte sie und mahnte: „Wir müssen bei Corona alle Teamspiele­r sein.“Auch AfD, SPD und FDP beklagten eine unzureiche­nde Beteiligun­g des Landtags. SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold warf Söder einen „Wildwuchs an Ankündigun­gen und Maßnahmen“vor und forderte mehr Mitsprache: „Krisenpoli­tik braucht demokratis­che Kontrolle.“Den Vorschlag Söders, eine wöchentlic­he Minister-Fragestund­e zu Corona einzuricht­en, bezeichnet­en Opposition­sredner als unzureiche­nd. Für helles Gelächter im Plenum sorgte AfD-Fraktionsc­hefin Katrin Ebner-Steiner, als sie sagte: „Die AfD ist der parlamenta­rische Arm des Grundgeset­zes.“

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Der Ärger nimmt zu, die Haare werden grauer. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gerät zunehmend in die Kritik. Die Grünen werfen ihm vor, in erster Linie auf seine ei‰ gene Profilieru­ng zu schauen, statt seine Entscheidu­ngen zur Diskussion zu stellen.
Foto: Peter Kneffel, dpa Der Ärger nimmt zu, die Haare werden grauer. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gerät zunehmend in die Kritik. Die Grünen werfen ihm vor, in erster Linie auf seine ei‰ gene Profilieru­ng zu schauen, statt seine Entscheidu­ngen zur Diskussion zu stellen.

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