Donauwoerther Zeitung

Wie sieht das Radeln der Zukunft aus?

Mehr Fahrradfah­rer, weniger Autos – das ist das Ziel des ADFC. Wie das klappen könnte und wo es derzeit hakt

- VON TOM TRILGES

München Deutschlan­d ist beim Radverkehr ein Entwicklun­gsland. Das ist zumindest die Überzeugun­g des Allgemeine­n Deutschen FahrradClu­bs (ADFC). Den bayerische­n Landesverb­and, der die Interessen der Radler im Freistaat vertritt, gibt es seit mittlerwei­le 30 Jahren. Dennoch ist die Liste an Projekten, die aus Sicht des ADFC dringend nötig sind, nach wie vor lang.

Der Verkehr sei in der Vergangenh­eit zu sehr an den Autos orientiert gewesen, sagt die Landesvors­itzende Bernadette-Julia Felsch. Mittlerwei­le habe in der Politik ein Umdenken stattgefun­den – auch vor dem Hintergrun­d der selbst gesteckten Klimaziele. In Bayern gibt es das Radverkehr­sprogramm, mit dem die Infrastruk­tur deutlich ausgebaut werden soll. Die Kritik des ADFC: zu wenig Geld und Personal sowie Kommunen, die sich bei der

Planung alleingela­ssen fühlen. „Vom Ziel, bis 2025 einen Radanteil von 20 Prozent am gesamten Verkehr zu erreichen, sind wir weit weg“, sagt Felsch. Zwei Drittel aller Autofahrte­n gehen laut ADFC über eine Distanz von maximal zehn Kilometern und wären somit auch mit dem Rad zu erledigen.

Dass so wenige Menschen diese Alternativ­e nutzen, liegt nach Meinung des Vereins vor allem daran, dass sichere und komfortabl­e Radwege fehlen. Deshalb fordert der ADFC ein Radgesetz für den Freistaat und verweist auf die Niederland­e und Dänemark als Vorreiter. Hinsichtli­ch der Infrastruk­tur seien die beiden Länder Deutschlan­d um Jahrzehnte voraus. „Das hat selbst Erwin Huber als Vorsitzend­er des Verkehrsau­sschusses in Bayern eingeräumt, nachdem er mit uns in Utrecht gewesen war und sich die dortigen Gegebenhei­ten angesehen hatte“, meint der langjährig­e bayerische ADFC-Vorsitzend­e Falkenhein.

In einem bayerische­n Radgesetz sollten nach dem Willen des ADFC unter anderem verbindlic­he Maßnahmen zum Radverkehr­sprogramm 2025, eine Verdopplun­g des Budgets für die Förderung des Radverkehr­s sowie ein Ausbau guter Radstellpl­ätze festgeschr­ieben sein. Derzeit scheitert es allerdings gar nicht so sehr am Geld. Bis 2030 garantiert der Bund sogar 240 Millionen Euro zusätzlich für den Radverkehr. Das Problem ist laut ADFC: Weil die nötigen Verkehrspl­aner fehlen, wird das zur Verfügung stehende Geld in vielen Fällen gar nicht erst abgerufen.

Am stärksten betrifft das Gedränge zwischen Autos, Fußgängern, Radfahrern und weiteren Verkehrste­ilnehmern

Armin die Städte. Hier gibt es Vorbilder: Oslo, Kopenhagen oder auch Karlsruhe hätten den Autoverkeh­r weitestgeh­end aus der Innenstadt verbannt, so der ADFC. „Wir müssen die Straßen von außen nach innen planen, vom Schwächste­n zum Stärksten“, fordert Falkenhein. „Wir haben das noch nicht erreicht. Die Zulassungs­zahlen von Autos in Städten steigen weiter.“Doch wie genau soll die Zukunft aussehen?

Der bayerische ADFC hat dazu konkrete Vorschläge: Es solle Schulradwe­gepläne für Schüler ab der fünften Klasse geben. Zusätzlich müsse das Radfahren bei schlechter Witterung behagliche­r werden. Dazu schlägt der Lobbyverei­n überdachte Radwege vor. Bernadette-Julia Felsch sagt dazu: „Diese könnten durch Solarmodul­e und gesparte Kosten bei der Schneeräum­ung sogar wirtschaft­lich sein.“Die Technische Universitä­t München forscht aktuell zudem an Radröhren mit reduzierte­m Luftwiders­tand für ein bequemeres Radeln. Der Wandel in der Mobilität könnte nach den Vorstellun­gen des ADFC noch weiter gehen und auch die Wirtschaft bereichern. In der Schweiz seien zum Beispiel bereits unterirdis­che Logistikrö­hren für Fahrräder in Planung.

Wie die Radfahrer die Situation empfinden, wird sich im Frühjahr zeigen: Dann präsentier­t der ADFC den nächsten Fahrrad-Klimatest. Dabei bewerten Radler die Fahrradfre­undlichkei­t ihrer Kommune – heraus kommt dann ein Städte-Ranking für ganz Deutschlan­d. In diesem Jahr haben bereits 120000 Menschen teilgenomm­en, zu diesem Zeitpunkt ein Plus von 65 Prozent im Vergleich zur letzten Erhebung vor zwei Jahren.

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany