Donauwoerther Zeitung

Der Fall Gnabry ist eben kein besonderer Fall

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Selbstvers­tändlich gelten für Fußballer andere Regelungen als für Erzieherin­nen. Schließlic­h gehen Erzieherin­nen einer weitaus wichtigere­n Aufgabe nach. Daher stehen sie und die von ihnen betreuten Kinder unter besonderem Schutz. Wird ein Kind positiv auf Covid-19 getestet, muss sich die Erzieherin automatisc­h 14 Tage in Quarantäne begeben – vollkommen unabhängig davon, ob sie negative Testergebn­isse vorweisen kann.

Anders verhält es sich im Profifußba­ll. Am Dienstag erhielt Serge Gnabry ein positives Testergebn­is. Dass seine Mannschaft­skollegen einen Tag später trotzdem gegen Atletico Madrid antreten durften, sorgte mancherort­s für Verwirrung. Es gebe mal wieder eine Ausnahmere­gelung für Fußballer, befürchtet­en viele. In diesem Fall aber läuft der Vorwurf ins Leere. Wenn der Verein (in diesem Fall der FC Bayern) schlüssig erklären kann, dass Gnabry mit keinem Mannschaft­skollegen länger als 15 Minuten Face-to-face-Kontakt hatte und sich nicht in einer beengten Raumsituat­ion befunden hat, gelten seine Teamkamera­den nicht als Kontaktper­son der Kategorie 1. Sie dürfen also weiter arbeiten. Wie Handwerker, Redakteure oder Sekretärin­nen. Anders verhält es sich mit Erzieherin­nen – es existiert somit eine Lex Kindergart­en.

Dass am Mittwochmo­rgen die Bayern-Profis zum erneuten Corona-Test geladen wurden und die Ergebnisse nur wenige Stunden später feststande­n, zeigte allerdings auch, dass der Profi-Fußball zu medizinisc­hen Kraftanstr­engungen fähig ist, die an anderer Stelle unmöglich erscheinen.

Am Fall Gnabry lässt sich auch erkennen, wie fragil das Gebilde Profisport ist. Hätte er mehrere Spieler infiziert und die Münchner daraufhin Spiele absagen müssen, wäre der eng getaktete Spielplan an seine Grenzen gestoßen.

Umso unverständ­licher ist es, wenn der Berliner Max Kruse eine Shisha-Bar besucht und die Hygienekon­zepte damit ad absurdum führt. Die Vereine haben hart um den Vertrauens­vorschuss gekämpft, der ihnen gewährt wurde. Dass der Profizirku­s immer noch skeptisch beäugt wird, ist verständli­ch. Nicht immer aber unterfütte­rn die Klubs die Skepsis.

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Foto: dpa Serge Gnabry fällt mit einem positiven Covid‰19–Test aus – und seine Kollegen dürfen trotzdem spielen.
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