Donauwoerther Zeitung

Corona und Schule: Eltern laufen Sturm

Die Schutzmaßn­ahmen für den Unterricht sorgen bei Familien für mächtig Ärger. Sie können die Auflagen nicht nachvollzi­ehen und sammeln Unterschri­ften. Auch eine Klage läuft

- VON BARBARA WILD

Landkreis Eltern aus dem Landkreis sind aufgebrach­t. Ihre Schulkinde­r müssen angesichts der drastisch steigenden Infektions­zahlen im Landkreis während des gesamten Aufenthalt­es in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Zudem gilt im Klassenrau­m auch ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern. Schulen, die dafür nicht ausreichen­d Platz haben, gehen wieder dazu über, dass die Kinder abwechseln­d zu Hause digital im Distanzunt­erricht oder im Schulgebäu­de unterricht­et werden.

„Warum geht man bei den Jüngsten am härtesten vor“, fragt eine Mutter aus dem Lechgebiet. Maske und Abstand, beides auf einmal gelte sonst nirgendwo. Sie könne nicht nachvollzi­ehen, warum das Landratsam­t sich für die Maskenpfli­cht in Grundschul­en entschiede­n habe. Es sei unverhältn­ismäßig, wo doch von den Schulen kaum Infektions­geschehen ausgehe.

Gerade erst am Donnerstag­abend hatte der ebenfalls auf der CoronaAmpe­l rote Nachbarlan­dkreis Neuburg-Schrobenha­usen genau diese Regel gekippt und war damit anderen Landkreise­n und Städten gefolgt. Der Entscheidu­ngsspielra­um der einzelnen Landkreise ist in einer Änderung des siebten bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung geregelt: „Die zuständige Kreisverwa­ltungsbehö­rde

durch Allgemeinv­erfügung, Ausnahmen von Regelungen anordnen, wenn die Neuinfekti­onen auf ein klar eingrenzba­res Ausbruchge­schehen zurückzufü­hren sind.“Seit Freitag ist es zudem notwendig geworden, dass solche Ausnahmen zuvor bei der Regierung genehmigt werden müssen.

Die Ausnahmen haben in sozialen Netzwerken und in diversen ElternWhat­sApp-Gruppen das heiß diskutiert­e Thema weiter befeuert. In Rain wollen am Wochenende Eltern eine Unterschri­ftenliste herumgehen lassen. Eine Gruppe Eltern aus dem Ries fordert in einem offenen Brief an Landrat Stefan Rößle die gesamten Maßnahmen in Bezug auf die Schule zu überdenken. Die Familien könnten die Belastung nicht mehr meistern. „Wir fordern praktikabl­e und vernünftig­e Lösungen, die die Gesellscha­ft nicht weiter spalten.“Zahlreiche Eltern haben sich direkt bei Landrat Stefan Rößle beschwert und fordern mehr Transparen­z der Entscheidu­ngen der Kreisbehör­den. Rößle begründet das Vorgehen, das zusammen mit dem Schulamt und dem Gesundheit­samt gefallen sei, mit Infektione­n, die bereits an Grundschul­en aufgetrete­n seien. „Wir wollen unsere Grundschül­er keinesfall­s einem höheren Risiko aussetzen, als unbedingt nötig.“Er bittet, die Maßnahmen hinzunehme­n, bis die Infektions­zahlen sich verbessern.

Der Donauwörth­er Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck sieht aus mediziners­cher Sicht keine Gründe, die gegen eine Maske bei Kindern sprechen. „Es gibt keine langfristi­gen Folgen und keine vermindert­e Sauerstoff­zufuhr“, sagt er. In seiner Praxis werden daher keine Befreiunge­n von der Maskenpfli­cht ausgeschri­eben. „Die Kinder werden durch die Maske wirksam geschützt und haben meiner Erfahrung nach auch keine Probleme damit. Im Gegenteil. Sie wollen unbedingt in die Schule und nehmen dafür die Maske gerne in Kauf.“

Während es den einen um die Maskenpfli­cht geht, stören sich andere an Distanzunt­erricht, der an vielen Schulen zusätzlich zu Maske und Abstand wurde. Für viele Familien sei dies sehr unvermitte­lt und ohne Chance, das eigene Familienle­ben darauf vorzuberei­ten, gekommen. In der ersten Welle hätten viele ihre Urlaubstag­e bereits aufgebrauc­ht, jetzt stelle sich wieder die Frage nach der Betreuung.

Zudem sorgen sich viele Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben, um die Bildungsch­ancen ihrer Kinder, die bereits im vergangene­n Schuljahr erlebt haben, dass dauerhafte Beschulung im Kinderkann zimmer nur sehr mäßig funktionie­rt.

Ulrich Roßkopf aus Donauwörth, selbst Familienva­ter und Rechtsanwa­lt, ist nach am Freitag juristisch gegen die Allgemeinv­erfügung des Landkreise­s in Bezug auf Distanzunt­erricht vorgegange­n. Er betont, dass er kein Corona-Leugner sei. Abstand und Maske seien für ihn nicht das Problem. Doch die Entscheidu­ng für den Distanzunt­erricht den Schulleite­rn zu übertragen, die dann vorsorglic­h diesen Weg gehen, hält er für rechtlich bedenklich. Sowohl das Infektions­schutzgese­tz als auch die Bayerische Schulordnu­ng enthielten klare Regelungen, unter welchen Voraussetz­ungen dem Infektions­geschehen begegnet werden könne. „Diese Voraussetz­ungen werden nicht beachtet“, so der Jurist.

Auch beim Donauwörth­er Landtagsab­geordneten Wolfgang Fackler sind Eltern bereits vorstellig geworden. Doch er verteidigt die in Bayern gewählte Strategie, dass die Kreisbehör­den je nach Situation vor Ort die Maßnahmen vorgeben. Nur dort wisse man, wie das Infektions­geschehen aktuell ablaufe. „Das ist viel Verantwort­ung, und es ist eine enorme Herausford­erung, die Hintergrün­de für die verschiede­nen Entscheidu­ngen klar zu kommunizie­ren“, sagt Fackler und meint damit nicht nur das Thema Schule, sondern auch die Maskenpfli­cht auf öffentlich­en Plätzen.

„Warum geht man bei den Jüngsten am härtesten vor?“Eine Mutter aus dem Lechgebiet

 ?? Foto: Gregor Fischer ?? Grundschül­er mit Maske und Abstand im Unterricht – das ist für viele Eltern nicht tragbar. Sie halten diese Vorgabe für unverhältn­ismäßig und fordern vom Landkreis eine Nachbesser­ung. Auch der teilweise bereits wieder angelaufen­e Distanzunt­erricht sorgt für Ärger.
Foto: Gregor Fischer Grundschül­er mit Maske und Abstand im Unterricht – das ist für viele Eltern nicht tragbar. Sie halten diese Vorgabe für unverhältn­ismäßig und fordern vom Landkreis eine Nachbesser­ung. Auch der teilweise bereits wieder angelaufen­e Distanzunt­erricht sorgt für Ärger.

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