Donauwoerther Zeitung

Neue Prämie honoriert Einsatz der Pflegekräf­te

Der Abschluss für den Öffentlich­en Dienst steht. Die FDP hält ihn für zu hoch

- VON RUDI WAIS

Augsburg Mitten in der zweiten Corona-Welle bleibt Deutschlan­d eine weitere Bewährungs­probe erspart. Nachdem sich Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften auf einen neuen Tarifvertr­ag für die 2,3 Millionen Beschäftig­ten des Bundes und der Kommunen geeinigt haben, sind die für diese Woche angedrohte­n Warnstreik­s in Kliniken, Kindergärt­en oder bei der Müllabfuhr vom Tisch. Weiter gestreikt wird dagegen im Nahverkehr, hier laufen die Verhandlun­gen über einen neuen Tarifvertr­ag noch. Vor allem in Augsburg und Ingolstadt müssen Fahrgäste an diesem Montag mit erhebliche­n Einschränk­ungen rechnen.

Zu den besonders Begünstigt­en der neuen, nach wochenlang­en Auseinande­rsetzungen in Potsdam ausgehande­lten Übereinkun­ft für den Öffentlich­en Dienst gehören die Beschäftig­ten in Kliniken und Pflegeheim­en. Pflegekräf­te erhalten ab März zusätzlich zu ihrem Gehalt noch eine sogenannte Pflegezula­ge von 70 Euro monatlich, die ein Jahr später auf 120 Euro erhöht wird. Die bestehende Zulage in der Intensivme­dizin wird auf 100 Euro mehr als verdoppelt. Ärzte in den Gesundheit­sämtern erhalten ab März eine Zulage von 300 Euro monatlich.

Insgesamt steigen die Löhne und Gehälter im April nächsten Jahres um 1,4 Prozent, mindestens aber um 50 Euro, und im April 2022 dann noch einmal um 1,8 Prozent. In den unteren Lohn- und Gehaltsgru­ppen steigen die Einkommen in den kommenden beiden Jahren teilweise sogar um bis zu 4,5 Prozent. Noch in diesem Jahr erhalten alle Beschäftig­ten eine sogenannte Corona-Prämie. Sie soll für die unteren Entgeltgru­ppen 600 Euro betragen, für die mittleren 400 Euro und für die oberen 300 Euro. Auszubilde­nde erhalten in den Kommunen 225 Euro und beim Bund 200 Euro Prämie.

Während Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) den neuen Tarifvertr­ag

als historisch­en Durchbruch „an der Grenze des finanziell Verkraftba­ren“bezeichnet­e, kritisiert­e der FDP-Wirtschaft­sexperte Michael Theurer die Einigung scharf. „Auch wenn die Gewerkscha­ften ihre Maximalfor­derungen nicht durchsetze­n konnten, stellt der Tarifabsch­luss für die öffentlich­en Haushalte eine schwere Belastung dar“, betonte Theurer gegenüber unserer Redaktion. Da die Arbeitsplä­tze im Öffentlich­en Dienst sicher seien, wäre ein maßvollere­r Tarifabsch­luss aus seiner Sicht das richtige Signal gewesen. „Schon jetzt zeichnen sich massive Steuerausf­älle ab“, warnte Theurer. „Die Erschwerni­sund Risikozusc­hläge für Pflegekräf­te und medizinisc­hes Personal sind zwar gerechtfer­tigt. Angesichts der steigenden Arbeitslos­enzahlen in der Privatwirt­schaft kommt der Öffentlich­e Dienst jedoch nicht umhin, einen Solidarbei­trag zu leisten.“

Auf 225000 Beamte des Bundes und der Kommunen soll das Ergebnis nach Ansicht der Gewerkscha­ft Verdi und des Beamtenbun­des

Seehofer: An der Grenze des Verkraftba­ren

übertragen werden. „Wir haben mit diesem Abschluss das aktuell Machbare erreicht“, betonte der Vorsitzend­e des Beamtenbun­des, Ulrich Silberbach. Die Arbeitgebe­r hätten den Handlungsb­edarf im Krankenhau­sund Pflegebere­ich anerkannt. „Bei anderen Leistungst­rägern, etwa in Ordnungsäm­tern, Jobcentern oder der Verwaltung, war diesmal nicht mehr durchzuset­zen.“

Ein Beschäftig­ter bei der Müllabfuhr mit einem derzeitige­n Monatseink­ommen von 2823 Euro kommt nach Angaben der Gewerkscha­ft Verdi ab April 2022 auf ein Plus von 101,71 Euro – das ist weniger als die Prämie, die ein Alten- oder Krankenpfl­eger dann noch zusätzlich zu seinem bereits erhöhten Gehalt erhält.

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