Donauwoerther Zeitung

Die Zahl der Online‰Betrügerei­en wächst

Ein Mann aus dem südlichen Landkreis Donau-Ries bot im Internet Ware an, die bei den Käufern nicht ankam. Warum das Gericht keine Nachsicht zeigen konnte. Solche Betrügerei­en kommen im Landkreis immer häufiger vor

- VON THOMAS HILGENDORF

Landkreis Das Internet ist ein virtuelles Warenlager. Was man nebenan im Laden nicht bekommt, das kriegt man bei eBay, Amazon und Co. Die Namen der großen „Player“müssen nicht verschwieg­en werden. Die Firmen sind so riesig und irgendwie schon Teil der Alltagsspr­ache – sie brauchen keine Werbung. Und doch rutscht auf so manche virtuelle Verkaufspl­attform auch hie und da ein schwarzes Schaf, bei dem man lange auf die Ware warten kann, die am heimischen PC oder irgendwo via Smartphone geordert wurde. Oft werden Internetbe­trüger, vor denen die hiesigen Polizeiins­pektionen in Donauwörth, Rain und Nördlingen immer wieder warnen, nie geschnappt. Anders verhielt es sich zuletzt bei einem vermeintli­chen Verkäufer aus dem südlichen Landkreis Donau-Ries. Er stand in Nördlingen vor Gericht – und muss jetzt sogar ins Gefängnis.

Mit gesenktem Kopf, das Kinn vergraben in die schwarze Kapuzenjac­ke, betrat der 46-jährige Angeklagte den Saal E des Amtsgerich­ts in Nördlingen.

Es sei alles etwas dumm gelaufen im Dezember 2019, meint der Aneingangs – aber irgendwie handle sich alles um ein Missverstä­ndnis. Wegen Betrugs stehe er nun vor Gericht – aber, nein, betrügen, das sei ihm nie in den Sinn gekommen, als er bei einem großen amerikanis­chen Kleinanzei­genportal

seine Ware feilbot: Dabei handelte es sich um Computerut­ensilien; eine „Fritzbox“und eine hochwertig­e Grafikkart­e, sie sollten jeweils gut 200 Euro kosten. So weit, so legal. Dann allerdings geschah das Ärgerliche für die zwei Besteller.

Die Ware, die der 46-Jährige angeboten hatte, kam nie an. Das Geld allerdings hatte der Industriem­echaniker da längst auf seinem Konto. Es habe anscheinen­d Probleme mit der Überweisun­g gegeben. Zahlendreh­er. Und überhaupt: „Wenn man viel verkauft im Internet, dann kann das schon mal durcheinan­der geraten.“Letztlich habe er den Überblick verloren.

Die ums Geld und Ware gebrachten Geschädigt­en sind dann – nach einer Reihe von Vertröstun­gen seitens des Verkäufers via E-Mail – irgendwann zur Polizei gegangen. Über E-Mail-Adresse und Bankverbin­dungen sei es in diesem Fall rasch gelungen, den Täter ausfindig zu machen, wie Richter Gerhard Schamann erläuterte. In anderen Fällen haben die „Verkäufer“ihre Identität geschickt getarnt.

Die Polizeiins­pektion in Rain nahm sodann die Ermittlung­en auf, fragte bei dem 46-Jährigen nach. Der beteuerte schon damals, dass es sich um ein Versehen handelte. Die Dinge sollten in Ordnung gebracht werden. Das geschah aber nicht. Nicht binnen Wochen, nicht binnen Monaten.

Erst am Tag der Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t Nördlingen wies der Angeklagte seine Bank an, das Geld auf das Konto eines der beiden Geschädigt­en zurückzuüb­erweisen. Dem anderen Käufer habe er sowohl die Grafikkart­e als auch das Geld gesendet. Doch warum beides? Erneut kam die Antwort: Alles sei der Unübersich­tlichkeit geschuldet. Kurzum: Kontrollve­rlust, keine Absicht.

Bei Richter Schamann erntete diese Erklärung wiederholt Kopfschütt­eln – er wurde denn auch ziemlich deutlich: „Es gibt klare Regeln: Man versendet nach einer Bestellung die Ware – oder man übergeklag­te weist das Geld wieder zurück.“Dies müsse innerhalb kürzester Zeit geschehen – und nicht erst Monate nach der Aufnahme des Geschäftes, wenn die Polizei schon ermittelt und die Sache zudem bei Gericht liegt.

Ferner sei der Angeklagte kein unbeschrie­benes Blatt, wie Schamann vortrug: Im Auszug aus dem Bundeszent­ralregiste­r fanden sich einschlägi­ge Eintragung­en wegen Betrugs, einmal gar in sieben Fällen. Zwei Verfahren vom Frühjahr und Sommer dieses Jahres stünden noch aus. Und zu guter Letzt war der Angeklagte auf Bewährung: 1,5 Jahre sind ausgesetzt. Es waren somit nicht die denkbar besten Voraussetz­ungen um die Sache als bloßes Versehen plausibel darzustell­en.

Richter Schamann betonte im Hinblick auf die zusätzlich­en zwei offenen Verfahren: „Wenn heute nichts bei der Sache herauskomm­t, sitzen Sie in fünf Wochen wieder hier.“

Die Verteidigu­ng sah in der Tat letzten Endes ein Versehen aufgrund der Unübersich­tlichkeit, aber keinen Vorsatz. Die Staatsanwa­ltschaft hingegen forderte acht Monate Haft ohne Bewährung – dem schloss sich das Gericht weitgehend an: Acht Monate Freiheitss­trafe ohne Bewährung wegen Betrugs lautete das Urteil.

Zuletzt hatten sich im Landkreis die Fälle von ganz verschiede­nartig gelagerten Betrugsfäl­len im Internet gehäuft. Die Polizei warnt immer wieder vor unseriösen Verkäufern.

Erst vor ein paar Tagen ist beispielsw­eise in Kaisheim eine 18-Jährige im Internet beim Kauf eines Smartphone­s betrogen worden. Die Frau wollte ein iPhone über eine Facebook-Gruppe kaufen. Die Käuferin überwies 500 Euro für das Handy. Als nach einiger Zeit keine Lieferung erfolgte, überwies sie auf forsche Aufforderu­ng der vermeintli­chen Verkäuferi­n nochmals 51 Euro für einen angeblich „versichert­en Expressver­sand“. Danach brach der Kontakt ab. Die 18-Jährige erstattete Anzeige.

Der Sprecher der Polizeiins­pektion Donauwörth, Stephan Roßmanith, erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung, dass Betrugsdel­ikte im Internet inzwischen „beinahe alltäglich“seien. In den allermeist­en Fällen könnten diese aber nicht aufgeklärt werden, da die Täter oft mit Alias-Adressen und Verschlüss­elungen zu Werke zögen: „Dann ist das Geld weg“, so das ernüchtern­de Resümee des Polizeibea­mten.

Der Käufer wurde immer wie‰ der hingehalte­n

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