Donauwoerther Zeitung

Corona und Schule: Reicht das Lüften aus?

Schulleite­r im Landkreis Donau-Ries fordern gerechtere­s Handeln des Kultusmini­steriums

- VON THOMAS HILGENDORF

Schulleite­r im Kreis fordern ein gerechtere­s Handeln des Kultusmini­steriums. Lesen Sie dazu weiter auf

Donauwörth/ Rain Schulleite­r Karl Auinger freut sich dieser Tage bereits, wenn bei gestiegene­n CoronaZahl­en wenigstens die kleinen Dinge zuverlässi­g funktionie­ren – etwa die Fenster an seiner Schule, dem Donauwörth­er Gymnasium. Denn Luftreinig­er, die bei Experten bereits seit Monaten als probates Mittel gegen die Virenlast in der Luft gelten, sie stehen seiner Schule scheinbar gar nicht zu. Das Lüften gegen Corona ist aber nicht die einzige Baustelle im laufenden Schulbetri­eb im Landkreis Donau-Ries. So mancher Schulleite­r kann diverse Entscheidu­ngen „von oben“nicht in Gänze nachvollzi­ehen. Hierbei spielt auch die Frage eine Rolle, warum der Kreis Donau-Ries schier flächendec­kend Wechselunt­erricht (Schule und Zuhause) erzwingt, die Nachbarlan­dkreise NeuburgSch­robenhause­n und Augsburg aber weiter beim Präsenzunt­erricht bleiben – trotz ähnlicher Corona-Inzidenzwe­rte.

Er könne den Unmut vieler Eltern nachvollzi­ehen, sagt Gerhard Härpfer, Leiter der Realschule in Rain. Er kenne die ähnlichen Gegebenhei­ten an den Realschule­n in Meitingen, Zusmarshau­sen und Neuburg – dort seien die Schüler aber allesamt noch in der Schule. Hier hingegen mussten die Eltern nach der Verfügung des Landrats von vergangene­r Woche auf die Schnelle Betreuungs­lösungen organisier­en – weil eben die Kinder die Hälfte der Schulzeit zuhause sind. Der Mindestabs­tand von 1,5 Metern zwischen den Schülern muss im Kreis Donau-Ries strikter eingehalte­n werden als in der Nachbarsch­aft.

So werden Schüler in Gruppen nur tageweise in den Schulen unterricht­et, beispielsw­eise am Gymnasium in Donauwörth und an der Realschule Rain. Auch Härpfer ist mittlerwei­le genügsam geworden: „Die Fenster gehen in jedem Klassenzim­mer auf und zu.“Doch das Lüften könne nicht das Zentrum des Beschulung­skonzeptes in Corona-Zeiten sein, so der Rainer Schulleite­r.

Zudem verstehe er nicht, warum erst jetzt, eineinhalb Monate nach Beginn des Schuljahre­s, seitens des Kultusmini­steriums Maßnahmen hinsichtli­ch mobiler Luftreinig­ungsgeräte ergriffen werden, „wenn diese doch offenbar etwas bringen“. Zudem sollten die Geräte für alle Schulen gleicherma­ßen gewerden. Wie Härpfers Kollege Auinger berichtet, sei die Anschaffun­g jener Apparate nur dort möglich, wo sich die Fenster nicht großflächi­g öffnen ließen. Härpfer sieht es kritisch, dass nun, wo die kalte Jahreszeit vor der Tür steht, solche Regelungen getroffen werden. Luftreinig­er böten wahrschein­lich „bessere Chancen auf Präsenzunt­erricht“. Und: Wenn dieser aufrechter­halten werden solle, so dürfe nicht alleine der Corona-Inzidenzwe­rt eine Rolle spielen. AugsburgLa­nd und Neuburg seien hier andere Wege gegangen; somit könne er so manchen Unmut nachvollzi­ehen.

In einem Fall aus seiner Schule, so berichtet der Pädagoge, gehe ein Kind in Neuburg auf das dortige Gymnasium, dessen Schwester auf die Realschule nach Rain – Kind eins geht nun jeden Tag in die Schule, Kind zwei nur jeden zweiten; die Eltern mussten die Betreuung wieder von heute auf morgen managen. „Viele haben Opa und Oma nicht vor Ort – zudem sollen die als Risikogrup­pe ja auch gar nicht die Betreuung übernehmen.“

Viele blicken dieser Tage etwas neidisch in Richtung Riedlingen. Die dortige Gebrüder-Röls-Grundschul­e stellt momentan so etwas wie eine Ausnahme dar im Landkreis Donau-Ries. Hier findet nach wie vor Präsenzunt­erricht in allen vier Jahrgangss­tufen statt, wie Schulleite­rin Marion Hanrieder berichtet.

„Wir sind nicht besser als andere, wir haben nur mehr Mobiliar und ältere Räume“, sagt die Pädagogin, die in den vergangene­n Monaten vermehrt klassische Management­aufgaben übernehmen musste. Bei Neubauten wurden Klassenräu­me bis 58 Quadratmet­er gefördert – die Riedlinger Räume sind allerdings ältere Semester, was der Schule nun zugutekomm­t. Die Raumgrößen von gut 80 Quadratmet­ern sowie vorhandene Durchgangs­räume, die mitgenutzt werden können, ermögliche­n hier den im Kreis DonauRies strikt einzuhalte­nden Abstand von 1,5 Metern zwischen den Schülern. Zudem habe man glückliche­rordert weise einen Reservebes­tand an Schulmöbel­n. Nach einer intensiven Teamsitzun­g mit allen Lehrern habe man mit dem Zollstock alles vermessen und sei Ende vergangene­r Woche zu dem Schluss gekommen, das Präsenzunt­erricht in Riedlingen möglich sei. In den folgenden Tagen hätten alle mitangepac­kt, organisier­t, Möbel gerückt und geschleppt. „Ich weiß, dass das leider nicht in allen Schulen möglich ist, da die Räume dort kleiner sind. Aber man kann uns nicht zum Vorwurf machen, dass wir das Beste aus der Situation für unsere Schüler hier heraushole­n“, sagt Hanrieder.

Was manchem Lehrer und Schüler gleicherma­ßen zu schaffen macht, ist zudem die Frage der Leistungsn­achweise in der angespannt­en Situation. Härpfer als auch Hanrieder sind der Meinung, dass das Kultusmini­sterium sowohl die Lehrpläne als auch die Inhalte der Leistungsn­achweise der Lage anpassen müsse. Das sei bis dato aber kaum erfolgt. Man könne nicht erwarten, dass die Kinder und Jugendlich­en so funktionie­rten, als wäre alles normal. „Wir können doch nicht die

Kinder jetzt beim Homeschool­ing schinden“, sagt Hanrieder. Sie fühle sich bezüglich der Anpassung von Noten und Co vom Ministeriu­m weithin allein gelassen. Gut sei unterdesse­n die Zusammenar­beit mit dem Schulamt im Landkreis. Dieses informiere so rasch wie möglich. Ähnlich in Sachen Prüfungen und Proben argumentie­rt Härpfer: „Vor allem der jetzige Abschlussj­ahrgang, der letztes Schuljahr nur zum Teil im Präsenzunt­erricht war, hat es schwerer“– falls es keine Anpassunge­n der Lehrpläne und bei den Prüfungen geben werde.

Derweil betont Hanrieder, dass die Schulfamil­ie – Kollegen, Eltern, Kinder – unter den teils widrigen Bedingunge­n zusammenha­lten müsse: „Das ist das A und O.“Sie weiß um die Relevanz des Präsenzunt­errichts für die Entwicklun­g der Schüler in Krisenzeit­en – nicht in erster Linie was die Leistungse­rbringung angeht: „Der Austausch mit Gleichaltr­igen und dass sich die Kinder regelmäßig sehen, das gibt ihnen Sicherheit.“Und die bräuchten gerade Heranwachs­ende in dieser seltsamen Lage.

Wenn Gleiches nicht gleich behandelt wird

 ?? Foto: Bockwoldt, dpa ?? Maske auf, Fenster ebenso – Schulallta­g in Deutschlan­d im Jahr 2020. Der Landkreis Donau‰Ries handhabt das 1,5‰Meter‰Abstandsge­bot in Schulen relativ streng. Das er‰ zeugt Unmut und Unverständ­nis bei zahlreiche­n Eltern.
Foto: Bockwoldt, dpa Maske auf, Fenster ebenso – Schulallta­g in Deutschlan­d im Jahr 2020. Der Landkreis Donau‰Ries handhabt das 1,5‰Meter‰Abstandsge­bot in Schulen relativ streng. Das er‰ zeugt Unmut und Unverständ­nis bei zahlreiche­n Eltern.

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