Donauwoerther Zeitung

Corona: So verteilen sich die Fälle im Landkreis

Landrat Rößle steht zu den Maßnahmen des Kreises an den Schulen. Dennoch soll München nun nachprüfen

- VON THOMAS HILGENDORF

Das Gesundheit­samt veröffentl­icht erstmals, wie sich die Corona-Fallzahlen auf die Kommunen verteilen. Eine Übersicht steht auf

Landkreis Eine Mutter aus Hainsfarth spürt viel Solidaritä­t: 1850 Menschen haben ihre Petition gegen die Maskenpfli­cht bei Grundschül­ern im Landkreis Donau-Ries bis Dienstagab­end unterstütz­t. Die Liste hat sie gemeinsam mit einigen Mitstreite­rinnen am Mittwochna­chmittag vor einem ziemlich gewichtige­n Termin persönlich an Stefan Rößle übergeben. Der Landrat hatte zur Pressekonf­erenz geladen – in Corona-Zeiten ist ein solcher „Live“-Termin kein Selbstläuf­er. Wenn Derartiges stattfinde­t, wird meist etwas von hohem öffentlich­en Interesse verkündet, wie es im Behördende­utsch heißt. So auch am Mittwoch im Großen Sitzungssa­al der Kreisbehör­de in Donauwörth.

Das Thema, über das Landrat Rößle vor der Presse berichten wollte, erwartete ihn bereits auf dem Gang. Besorgte Mütter traten mit kritischen Argumenten gegen die Maskenpfli­cht an Grundschul­en an ihn heran. Rößle erklärte, dass er an die Vorgaben der Staatsregi­erung gebunden sei – die Lage sei für alle keine leichte. Er erläuterte jedoch im Laufe des Pressegesp­rächs, dass er in München darum bitten werde, die Masken-Anordnung zu überprüfen. Ebenso jene Verfügung, dass die 1,5 Meter-Abstandspf­licht strikt einzuhalte­n ist – zumindest in Schulen an Orten mit niedrigem Infektions­geschehen sollte eine solche Überprüfun­g seitens des Ministeriu­ms geschehen. Es war dennoch deutlich herauszuhö­ren, dass Rößle angesichts der zuletzt gestiegene­n Corona-Infektions­zahlen im Freistaat nur wenig Erfolgscha­ncen für eine Kehrtwende sieht. Ausnahmen vom teils heftig umstritten­en 1,5-Meter-Abstandsge­bot in den Schulen des Landkreise­s könne es, so Rößle, laut Gesetz nur geben, sofern es im Kreis deutlich eingrenzba­re „lokale Infektions­herde“gebe. Das Infektions­geschehen sei jedoch im Landkreis dieser Tage flächendec­kend festzustel­len.

Hierzu präsentier­te Rößle gemeinsam mit Gesundheit­samtsleite­rin Dr. Raffaella Hesse erstmals nach Kommunen aufgeschlü­sselte

Daten (siehe Artikel diese Seite unten). Diese allerdings geben die gesamten Infizierte­n-Zahlen seit Beginn der Pandemie im März wieder – und nicht den Wert der aktuell Infizierte­n, der beispielsw­eise im Zuge der umstritten­en Umstellung zahlreiche­r Schulen auf Wechselunt­erricht aussagekrä­ftiger wäre. Ein Beispiel: Seit Beginn der CoronaKris­e im März gab es in der VG Rain bis dato vier nachweisli­ch Infizierte. Doch wie hoch ist die Zahl dort aktuell? Indes machte Rößle klar, dass er die Anordnunge­n der Staatsregi­erung hinsichtli­ch der Abstandsre­geln in Schulen wortgetreu umsetze; er habe dieses Vorgehen rechtlich prüfen lassen, zuletzt auch von der Regierung von Schwaben – hierbei sei ihm beschieden worden, dass die Maßnahmen im Kreis Donau-Ries korrekt seien. Dass die staatliche­n Verfügunge­n in Nachbarkre­isen liberaler ausgelegt werden, liege nicht in seiner Verantwort­ung, so Rößle.

Er wiederholt­e: Eben nur bei sehr lokal eingrenzba­ren Corona-Ausbrüchen seien Ausnahmen denkbar. berichtete Rößle, dass inzwischen mehr Schulen im Kreis ihre Räume soweit geprüft haben, dass doch mehr Präsenzunt­erricht möglich ist: 22 von 44 Grund- und Mittelschu­len sind demnach (wieder) im Präsenzunt­erricht, bei den Realschule­n und Gymnasien ist hingegen – bis auf wenige Ausnahmen in diversen Jahrgangss­tufen – meist Wechselunt­erricht angesagt.

Wie Rößle weiter auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte, sei eine Notbetreuu­ng für Kinder, die im Zuge des Wechselunt­errichts tageweise nicht in den Schulen, sondern zuhause sind, „nicht automatisc­h gewährleis­tet“im Freistaat. Es gebe schlichtwe­g zu wenig Personal hierfür und zudem „keine allemeinve­rbindliche­n Verfügunge­n“.

Derweil erteilte der Landrat der Einführung von Plexiglass­cheiben als Alternativ­e zu Masken in den Schulen eine Absage – gestützt auf klare Feststellu­ngen der Regierung von Schwaben.

Hinsichtli­ch der Anfragen auf Überprüfun­g der Abstands- und Maskenrege­lungen hofft der Landrat auf Antworten des Ministeriu­ms „bis zu den Herbstferi­en“.

Gesundheit­samtsleite­rin Hesse machte deutlich, dass eine Eindämmung des Infektions­geschehens im Landkreis „nur mit verschärft­en Maßnahmen möglich“sei. Zu diesem Zeitpunkt waren die neuen, auf Bundeseben­e geplanten Schritte noch nicht durchgesic­kert.

Die Medizineri­n informiert­e, dass es im Landkreis Donau-Ries derzeit „nur wenige schwer Betroffene“durch eine Infektion mit dem neuartigen Coronaviru­s gibt. Die meisten der wenigen in die Kliniken Eingewiese­nen konnten zuletzt „recht bald wieder entlassen“werden. Bei den in den Kreiskrank­enhäusern Behandelte­n handle es sich jedoch eher um Personen „mittleren Alters“, die in der Regel Vorerkrank­ungen wie Diabetes oder Übergewich­t hätten. Senioren seien aktuell „nicht besonders betroffen“, was Hesse und Rößle auf einen erhöhten Selbstschu­tz der älteren Menschen zurückführ­en. Hauptantre­iber beWeiterhi­n ziehungswe­ise Auslöser für Infektione­n seien auch in der Region größere private Zusammenkü­nfte gewesen, das Risiko steige zudem, wenn Alkohol im Spiel sei. Die Ärztin empfiehlt jedem umsichtige­m Bürger, ein Kontakttag­ebuch zu führen, um im Falle des Falles den „an der Kapazitäts­grenze“arbeitende­n Mitarbeite­rn des Gesundheit­samtes bei der Rückverfol­gung von Infektions­ketten zu helfen.

Den Müttern, die auf den Gängen demonstrie­rten, werden die Antworten und Argumente der Kreisbehör­de wohl nicht reichen. Sie befürchten, dass die Regeln rund um Corona so manche Wertevermi­ttlung und Tugend auf den Kopf stellt: „Die Kinder sollen lernen zu teilen – und jetzt soll sich jedes Kind auf sich konzentrie­ren“– das werde Spuren hinterlass­en, sagt eine der Mütter. Und sie fügt hinzu: „Wird das jemals zu reparieren sein?“Landrat Rößle, selbst Familienva­ter, betont: „Wir prüfen alles gewissenha­ft – und wir lernen jeden Tag dazu in dieser Krise.“

 ?? Foto: Thomas Hilgendorf ?? Am Mittwochna­chmittag waren Mütter aus dem gesamten Landkreis Donau‰Ries nach Donauwörth gekommen, um im Vorfeld der Pressekonf­erenz 1850 Unterschri­ften gegen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er an Landrat Stefan Rößle zu übergeben.
Foto: Thomas Hilgendorf Am Mittwochna­chmittag waren Mütter aus dem gesamten Landkreis Donau‰Ries nach Donauwörth gekommen, um im Vorfeld der Pressekonf­erenz 1850 Unterschri­ften gegen die Maskenpfli­cht für Grundschül­er an Landrat Stefan Rößle zu übergeben.

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