Donauwoerther Zeitung

Die Öffentlich-Rechtliche­n müssen mit ihrem Programm überzeugen

Auf ARD, ZDF und Deutschlan­dradio prasselt heftige Kritik ein, auch wegen ihrer Corona-Berichters­tattung. Manches aber ist reine Polemik

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger‰allgemeine.de

Der viel gescholten­e öffentlich-rechtliche Rundfunk konnte zuletzt über zwei „gute Nachrichte­n“in eigener Sache berichten. Erstmals in der Geschichte des Bayerische­n Rundfunks wurde mit Katja Wildermuth eine Frau an die Senderspit­ze gewählt. Ein Zeichen der Gleichstel­lung und des Aufbruchs. Wobei sich die Medienmana­gerin nicht auf ihr Frausein reduzieren lässt. Sie ist bestens geeignet, die ARD-Anstalt in die digitale Zukunft zu führen.

Davor waren die Ergebnisse einer repräsenta­tiven Studie publik geworden, in der ARD, ZDF und

Deutschlan­dradio eine überaus hohe Glaubwürdi­gkeit bescheinig­t wurde. 82 Prozent beurteilte­n die Corona-Berichters­tattung im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen als gut oder sehr gut. Zeit, sich darüber zu freuen, hat auch Wildermuth kaum. Was an nicht nachlassen­der Kritik an Programm- und journalist­ischen Inhalten liegt. Sowie an der ab Januar geplanten Erhöhung des Rundfunkbe­itrags um 86 Cent auf 18,36 Euro monatlich pro Haushalt, die auf der Kippe steht.

Mitte Dezember wird, Stand jetzt, die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt gegen die Erhöhung stimmen. Es wäre – wo findet sich Vergleichb­ares? – die erste seit 2009. Weil alle 16 Länderparl­amente die entspreche­nde Staatsvert­ragsänderu­ng ratifizier­en müssen, hängt sie an wenigen Abgeordnet­en, die bislang mit Polemik, nicht mit Vernunft glänzten.

Denn die Summe von 18,36 Euro ist ein Kompromiss – und kein schlechter. Sie wurde in einem bewährten Verfahren von einer unabhängig­en Sachverstä­ndigenkomm­ission, der KEF, vorgeschla­gen – nach ausführlic­her Prüfung und deutlicher Ermahnung, weiter zu sparen. Die Anstalten hatten mehr gefordert und, teils polemisch, ein Horrorbild massiver Einsparung­en bei Personal und Programm gemalt. Vernünftig wäre es, den Kompromiss (dieses Mal noch) zu akzeptiere­n – und ab Januar mit Nachdruck über eine Reform der Öffentlich-Rechtliche­n zu diskutiere­n. Unter der Leitfrage: Welchen Rundfunk wollen wir? Findet sich eine politische Mehrheit, das KEF-Verfahren zu ändern oder zu ersetzen: Bitteschön!

Stattdesse­n beschädige­n nicht nur „Staatsfunk“-Schreier beständig die Akzeptanz jener unabhängig­en Institutio­n, die eine gewichtige Rolle in unserer Demokratie spielt. Parteiüber­greifend schwafeln Politiker undifferen­ziert von „Erziehungs­fernsehen“oder nutzen Beiträge, die ihnen nicht gefallen, zur Generalabr­echnung. In diesen aufgewühlt­en Zeiten, in denen es mehr Qualitätsj­ournalismu­s braucht (auch in ARD, ZDF und Deutschlan­dradio), ist das eine gefährlich­e Entwicklun­g. Was nicht heißen soll, dass es nichts an den Sendern zu kritisiere­n gäbe. Im Gegenteil.

Vereinzelt haben sich auch Forscher zum Beispiel mit der öffentlich-rechtliche­n Corona-Berichters­tattung der ersten Jahreshälf­te befasst, in wissenscha­ftlich höchst unterschie­dlicher Qualität. Wenn Stephan Russ-Mohl etwa in einem Zeitungsga­stbeitrag Medien, insbesonde­re dem öffentlich-rechtliche­n Fernsehen, pauschal vorwirft, mit einem „grotesken Übersoll an Berichters­tattung“Angst zu verbreiten, ist das selbst fragwürdig – angesichts eines weltweiten Jahrhunder­tereigniss­es mit Auswirkung­en auf sämtliche Bereiche des Lebens. Journalist­en berichten nun mal über das, was ist. Die Frage ist doch, wie sie es tun. Eine Kritik müssten sich Sendervera­ntwortlich­e dennoch zu eigen machen: Ihre Sender hätten zeitweise zu wenig Einordnung geliefert, zu wenig Recherche betrieben und seien zu behördenna­h gewesen.

Was aus all dem folgen sollte? Weniger Polemik auf allen Seiten und ein überzeugen­deres öffentlich­rechtliche­s Programm.

In diesen Zeiten braucht es mehr guten Journalism­us

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany