Wiener Neustart mit den Neos
Rot-Pink will eine Zeitenwende in Österreich einläuten
Wien Das Ende von Rot-Grün in Wien rückt einen großen Schritt näher. Nach zehn Jahren – mit vielen Höhen und noch mehr Tiefen – wendet sich Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig von seinem bisherigen Koalitionspartner ab und den liberalen Neos (Parteifarbe Pink) zu. Gelingt Ludwigs Experiment, kommt es zur ersten sozialliberalen Koalition in Österreich.
Aus der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober war Ludwig mit 42 Prozent als Sieger hervorgegangen, doch der Amtsinhaber benötigt erneut einen Regierungspartner. Am Mittwoch nahm er die Koalitionsverhandlungen mit den liberalen Neos auf. Mit den Pinken, die 7,5 Prozent erreichten, geht es am „billigsten“, ist Ludwigs SPÖ vom Wahlergebnis her doch rund sechs Mal so stark. Sind diese Verhandlungen von Erfolg gekrönt, gibt es einen klaren Verlierer: die Grünen, die bei der Wahl mit 15 Prozent eigentlich gestärkt wurden.
Für die Neos spricht, dass Ludwig eine solche Zusammenarbeit als neue Koalition, als echten Neustart verkaufen kann. Die Neos sind zwar wirtschaftspolitisch weit weg von der SPÖ, beispielsweise in der Privatisierungsfrage, gesellschaftspolitisch dürfte man aber zueinanderfinden. Die Neos setzen vor allem auf Bildung, Europa und direkte Demokratie, damit tun sie der SPÖ nicht weh. Und letztlich dürften viele Vertreter der Liberalen zugänglicher und pragmatischer auf
SPÖ-Granden wirken, als so manch verbissener Öko aus den Reihen der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein. Außerdem, und das hat strategische Bedeutung: Gemeinsam mit den Neos positioniert sich Ludwigs SPÖ stärker in der politischen Mitte und könnte damit gegenüber der ÖVP, die mit den Grünen im Bund regiert, an Boden gewinnen.
Die Grünen haben mit ihren Dauerbrennern Klimawandel und Umweltschutz eine große Anhängerschaft in den hippen Innenstadtbezirken Wiens. Sie stoßen aber auf Vorbehalte in den traditionellen Arbeiterbezirken.