Donauwoerther Zeitung

Labore stoßen an ihre Grenzen

Jeden Tag werden in Bayern hunderttau­sende Corona-Tests ausgewerte­t. Jetzt hat es in einem Augsburger Labor eine Panne gegeben. So verlässlic­h sind die Ergebnisse im Freistaat

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg Die Pandemie-Lage in Deutschlan­d spitzt sich mehr und mehr zu. Am Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut bundesweit knapp 15000 Corona-Neuinfekti­onen, rund 2000 davon stammen nach Angaben des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) aus Bayern. Mit der Veröffentl­ichung dieser Zahlen schwingt jedoch noch eine weitere Informatio­n mit: Jeden Tag werden bundesweit in medizinisc­hen Laboren hunderttau­sende Corona-Tests ausgewerte­t – auch im Freistaat. Doch nicht immer laufen diese Analysen reibungslo­s ab, wie ein aktueller Fall aus Augsburg zeigt.

In einer Klinik im oberbayeri­schen Taufkirche­n haben mehrere Patienten reihenweis­e ein falsches positives Corona-Testergebn­is erhalten. Das Augsburger Labor MVZ, ein großer Anbieter von Labordiens­tleistunge­n, hatte deren Tests untersucht und war für die fehlerhaft­en Ergebnisse verantwort­lich. 58 von rund 60 positiven Tests hatten sich als falsch erwiesen. Die Geschäftsf­ührerin des MVZ-Labors, Gabriele Schön, sagte dem

Münchner Merkur: Der Fehler hänge mit einer Knappheit an Reagenzien zusammen. Bei einem Hersteller habe es einen Lieferengp­ass gegeben. Deshalb habe man auf ein anderes Nachweismi­ttel zurückgrei­fen müssen, das offenbar nicht kompatibel gewesen sei, wird Schön zitiert. Zu einer Stellungna­hme gegenüber unserer Redaktion war Schön bis Redaktions­schluss jedoch nicht bereit.

Doch wie zuverlässi­g ist eigentlich das gängige Testverfah­ren? Wie eine Sprecherin des LGL erklärt, wird das Coronaviru­s mithilfe eines sogenannte­n RT-PCR-Verfahrens ermittelt – die Abkürzung steht für die englische Bezeichnun­g für Reverse-Transkript­ase-Polymerase­Kettenreak­tion. „Unserer Erfahrung nach liefert die Diagnostik höchst zuverlässi­ge Ergebnisse.“Die analytisch­e Spezifität, also sozusagen die Genauigkei­t, „liegt bei nahezu 100 Prozent. Der PCR-Test gilt als sehr sichere Nachweisme­thode einer Covid-19-Infektion. Bei einer sachgerech­t durchgefüh­rten Lakann sich die getestete Person auf das Ergebnis verlassen.“Doch dafür bedarf es auch geeigneter Materialie­n. Und daran mangele es derzeit offenbar an manchen Stellen.

Das Augsburger MVZ-Labor ist dabei momentan nicht die einzige Einrichtun­g, die Schwierigk­eiten mit Lieferengp­ässen hat. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben bundesweit bereits dutzende Laboratori­en gemeldet, dass sie Probleme hätten, bestimmte Utensilien zu bekommen, zum Beispiel „Reagenzien wie Plastikver­brauchsmat­erialien und Pipettensp­itzen“. Gleiches bestätigen auch Michael Müller und Evangelos Kotsopoulo­s vom Verband Akkreditie­rte Labore in der Medizin (ALM). Es fehle immer wieder an Material. „Mal sind es Abstrichtu­pfer, mal Reagenzien, dann wieder Verbrauchs­materialie­n, jetzt gerade Pipettensp­itzen, die fehlen.“Einen Grund dafür sehen sie in den vergangene­n Monaten: Man habe im Sommer bei der Testung von Reiserückk­ehrern mindestens hunderttau­sende von Tests unnötig verbraucht, die heute fehlen würden. „Wir sind Teil eines globalen Systems und merken jeden Tag, dass wir nicht alles, was wir dringend benötigen, auch immer sofort geliefert bekommen.“

Und nicht nur das: Es scheint, dass die Auswertung der Tests nicht nur ein qualitativ­es, sondern auch ein quantitati­ves Problem birgt.

Zum Hintergrun­d: Das RKI erhebt jede Woche in Zusammenar­beit mit mehr als 150 Laboratori­en, wie viele Tests bislang ausgewerte­t wurden und wie viele Tests untersucht werden können. Seit Beginn der Pandemie waren das über 20 Millionen Corona-Tests in Deutschlan­d. Die grundsätzl­iche Kapazität schätzt das RKI derzeit auf über 1,7 Millionen Tests pro Woche. In Bayern sind es mittlerwei­le knapp fünf Millionen Tests, die dem LGL von 76 bayerische­n Laboren gemeldet wurboranal­yse den, über 96000 hatten ein positives Ergebnis.

Das Problem ist nun, dass es einige Labore nicht mehr schaffen, alle anstehende­n Tests abzuarbeit­en. In der aktuellen Erhebung haben 52 Labore einen Rückstau gemeldet, das heißt, dass es aktuell bundesweit mehr als 20 000 auszuwerte­nde Proben gibt.

Aufgrund dieser Entwicklun­g fordern Vertreter von Laboren in ganz Deutschlan­d, Sars-CoV-2-Testungen auf das Notwendige zu reduzieren, und vor allem nur die Menschen zu testen, die Tests vordringli­ch brauchen. Unter ihnen ist auch Michael Müller vom ALM. „Die Lage ist ernst. Es ist wichtig, dass wir die Auslastung der Laboratori­en wieder zurückführ­en auf das Maß, das wir längerfris­tig durchhalte­n.“Zu der Belastung durch die vielen Corona-Tests kämen nun im Herbst auch noch Influenza-Tests hinzu, die die Labore ebenfalls zu bewältigen hätten. »Kommentar

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Foto: Fabian Strauch, dpa Labore in Deutschlan­d müssen derzeit hunderttau­sende Corona‰Tests auswerten. Dabei müssen sie sorgfältig arbeiten, um ver‰ lässliche Ergebnisse auszugeben.

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