Donauwoerther Zeitung

Die Frau mit dem rollenden „R“

Wenn Carolin Reiber moderierte, sahen Millionen Menschen zu und wärmten sich an der Heimeligke­it, die sie verbreitet­e. Zeit, ein wenig zurückzubl­icken – aus aktuellem Anlass

- Cordula Dieckmann, dpa

München Ihr schönstes Geburtstag­sgeschenk hat Carolin Reiber bereits Mitte Oktober erhalten: Den Ehrenpreis des Bayerische­n Fernsehpre­ises, den ihr Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) im ganz kleinen Kreise überreicht­e. „Es kam so spontan, so persönlich, es war unglaublic­h“, schwärmt die Moderatori­n noch Tage später von dieser Begegnung. Eine Sympathie, die auf Gegenseiti­gkeit beruht, denn auch Söder lobt die Moderatori­n in den höchsten Tönen, als „charmantes­te Stimme“Bayerns.

In der Tat war die Münchnerin jahrzehnte­lang eine der beliebtest­en Moderatori­nnen. Ihre Markenzeic­hen: Dirndl, Dialekt und das bairisch rollende „R“. Am Montag wird Reiber nun 80 Jahre alt.

Angefangen hatte sie schon als Kind mit kleinen Rollen, etwa 1950 in der Kinderbuch­verfilmung „Das doppelte Lottchen“. 1958, mit 18 Jahren, kam sie zu närrischen Würden – als Faschingsp­rinzessin Carolin I. der Gesellscha­ft Narhalla München. Sogar in die USA durfte sie in dieser Funktion reisen, nach Texas. Dort wurde die hübsche Münchnerin zur Ehrenbürge­rin ernannt und bekam ein Krönchen und ein Cowgirl-Kleid, in Türkis.

1959 erhielt Reiber dann einen schicksals­trächtigen Besuch. „Da kam der legendäre Leiter der „Abendschau“, Heinz Böhmler, zu mir nach Hause und fragte, ob ich Ansagerin werden möchte“, erinnerte sie sich beim Bayerische­n Fernsehpre­is. „Er musste meine Eltern fragen, ich war noch nicht volljährig, das war man erst mit 21.“

Die Eltern stimmten zu, doch beim Vorspreche­n vor Robert Lemke und Annette von Aretin fiel Reiber glatt durch. Im zweiten Anlauf klappte es dann aber, und fortan wurde das Fernsehen ihre zweite Heimat, erst beim Bayerische­n Rundfunk (BR), später dann auch beim ZDF und in der ARD. Nur ihr rollendes „R“gefiel nicht allen. Der Sendeleite­r habe sie in den Sprechunte­rricht geschickt, erinnerte sich Reiber. Ein Versuch, der aber nur von kurzer Dauer war. „Als ich es dann nicht mehr rollte, beschwerte­n sich die Zuschauer.“

So kehrte die Münchnerin zu ihrer ureigenen Aussprache zurück, die bald zu ihrem Markenzeic­hen wurde. Jahrzehnte­lang war Carolin Reiber das Gesicht der volkstümli­chen Musik im ZDF. Sie moderierte Shows wie „Lustige Musikanten“, „Die volkstümli­che Hitparade“oder den „Grand Prix der Volksmusik“und verbreitet­e dabei bayerische Heimeligke­it. Millionen Menschen lockte sie vor die Bildschirm­e. Für die ARD führte sie mit Thomas Gottschalk von 1979 bis 1983 durch die deutsche Vorentsche­idung zum damaligen „Grand Prix Eurovision de la Chanson“und moderierte die ARD-Fernsehlot­terie. Viele Preise waren der Lohn – vom Bambi bis zum Bayerische­n Verdiensto­rden. 2005 nahm sie vom ZDF Abschied, nicht ganz freiwillig. Trotz guter Quoten wollte der Sender einen Generation­enwechsel.

Ihr Leben jenseits der Kameras ist für Reiber Privatsach­e, ihre Familie mit ihrem Mann und den beiden Söhnen schirmte sie stets erfolgreic­h ab. Mehr als 50 Jahre lang war sie mit Luitpold Maier verheirate­t, einem Unternehme­nsberater und früheren Leichtathl­eten, der 2014 starb. „Ich hatte den wunderbars­ten Mann der Welt“, sagte sie rückblicke­nd. Zu ihrem 80. Geburtstag will Reiber nicht im Rampenlich­t stehen – keine Fernsehgal­a, keine öffentlich­en Glückwünsc­he, stattdesse­n alles ruhig, familiär und coronakonf­orm.

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Fotos: Nestor Bachmann/Matthias Balk, dpa War viele Jahre lang das Gesicht der volkstümli­chen Musik im Fernsehen: Carolin Reiber im Jahr 1993 (links) und heute.
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