Donauwoerther Zeitung

Vier lange Jahre

Donald Trump ging mit vielen Verspreche­n ins Amt. Amerika wollte er wieder groß machen, Handelsver­träge zerreißen, die Steuern senken und die Alliierten unter Druck setzen. Was ist ihm geglückt und wo ist der US-Präsident gescheiter­t?

- VON MARGIT HUFNAGEL UND MICHAEL POHL

Washington Am Ende werden es wohl die Geschichts­bücher sein, die über ihn richten. Die ihn mit gebührende­m Abstand betrachten und allen Furor und alle Verherrlic­hung beiseitesc­hieben. War Donald Trump nun ein erfolgreic­her Präsident? Hat er seine Wahlverspr­echen gehalten? Schon heute lässt sich sagen, dass die Bilanz eine Ansammlung grandioser Niederlage­n und bemerkensw­erter Erfolge ist. Und ihm manchmal einfach das Schicksal dazwischen­funkte. Ein Überblick.

● (K)Ein Schub für die Wirtschaft

Es war sein wichtigste­s Wahlverspr­echen, der Satz, in dem die ganze Politik Trumps gipfelte: „Make America great again“. Die Wirtschaft sollte zu einem Höhenflug ansetzen. Beinahe täglich lobte sich der Präsident auf Twitter selbst für tatsächlic­he und vermeintli­che Erfolge. Tatsächlic­h brachte er Handelsabk­ommen mit Südkorea, Kanada, Mexiko und Japan unter Dach und Fach. Andere Länder wie China, aber auch die EU überzog er mit Strafsteue­rn. Tatsächlic­h sank die Arbeitslos­igkeit stark, die Börse unternahm Höhenflüge. Allerdings hatte der Aufschwung schon unter seinem Vorgänger Barack Obama eingesetzt. „In der Automobilb­ranche haben sich Aufschwung­stendenzen unter Trumps America-FirstPolit­ik sogar abgeschwäc­ht“, sagt

Konjunktur­forscher Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtsc­haft. Und dann ist da noch Corona. Das Virus bereitete auch dem amerikanis­chen Höhenflug ein abruptes Ende. „Wir hatten die großartigs­te Wirtschaft in der Geschichte, bis die Seuche aus China über uns hereinbrac­h“, sagt Donald Trump dazu.

● Steuersenk­ung als Strohfeuer Nicht weniger als eine Revolution versprach Donald Trump seinen Wählern. Tatsächlic­h ist es ihm gelungen, etwa die Unternehme­nssteuer von 35 auf 21 Prozent zu senken, doch größere Investitio­nen der Firmen blieben aus. Auch Großund Geringverd­iener wurden merklich entlastet, für die Mitte änderte sich nur wenig. Die meisten Experten waren sich schnell einig: Die Steuerrefo­rm war ein Strohfeuer, das schnell erlosch. Dafür riss die Reform ein gewaltiges Loch in die Staatsfina­nzen. Die Reform hat sich also nicht selbst finanziert. Die Regierung von Trump musste massiv Schulden aufnehmen – für die republikan­ische Partei eigentlich ein „No Go“. Bei Trumps Amtsantrit­t lag die öffentlich­e Verschuldu­ng bei 14,2 Billionen US-Dollar, inzwischen sind es rund 21 Billionen. Die Verschuldu­ng liegt damit bei rund 100 Prozent der Wirtschaft­sleistung – der höchste Stand seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Es ist zu erwarten, dass diese roten Zahlen nur durch Steuererhö­hungen wieder schwarz werden.

● Gezerre um die Einwanderu­ng

Die Mauer wurde zu seinem Symbol für eine neue Einwanderu­ngspolitik. Geradezu besessen war er von der Idee. An der Grenze zu Mexiko wollte er den Wall bauen – das Konstrukt steht bis heute nicht. Die Gelder wurden vom Kongress blockiert, Gerichte stoppten die Pläne immer wieder. Auch das Thema Abschiebun­gen kam nur langsam voran. „Durch überlastet­e Gerichte und mangelnde Kooperatio­n lokaler Behörden mit der bundesstaa­tlichen Immigratio­nspolizei zeigen die bisher verfügbare­n Zahlen, dass es unter Trump durchschni­ttlich weniger Abschiebun­gen gab als unter Barack Obama“, sagt Tobias Heidland vom Institut für Weltwirtsc­haft in Kiel. Und doch hat Präsident Donald Trump seine harte Linie immer wieder bewiesen. Er belegte muslimisch­e Länder mit einem Einreisest­opp in die USA. Er setzte die Einreise für Flüchtling­e aus Syrien aus. Damit punktete er bei seinen Anhängern. Deren Ideal ist das eines „weißen“Amerikas, sie sehen in der (illegalen) Einwanderu­ng eine Bedrohung für den amerikanis­chen Arbeitsmar­kt. Doch gerade hier scheint sich die Trumpsche Politik als Bumerang zu erweisen: Auch Hochqualif­izierten wurde der Zugang versperrt.

● Die Justiz rückt nach rechts

Egal ob Donald Trump die Wahl gewinnt oder verliert – durch die Besetzung von Richterpos­ten sichert er den Konservati­ven dauerhafte­n

Einfluss. Erst jüngst ebnete er den Weg für die Richterin Amy Coney Barrett in den Supreme Court – das höchste Gerichtsor­gan der USA hat nun eine starke konservati­ve Mehrheit. Und das auf viele Jahre hinaus. Schon 2017 machte er Neil Gorsuch zum Supreme-Court-Richter, im Jahr 2018 Brett Kavanaugh. Das Oberste Gericht hat das letzte Wort in strittigen und weitreiche­nden Entscheidu­ngen, unter anderem beim Thema Gesundheit­sversorgun­g, Abtreibung oder Umweltstan­dards.

● Das westliche Bündnis bröckelt Wie kein anderer amerikanis­cher Präsident hat Trump Bündnisse infrage gestellt. Er kündigte in Konfrontat­ion mit westlichen Partnern internatio­nale Abkommen zum Klimaschut­z und zur Eindämmung des iranischen Atomprogra­mms oder drohte mit dem Nato-Ausstieg. Auch wenn er am Verteidigu­ngsbündnis nicht mehr rüttelte, schwächt Amerikas Unberechen­barkeit dessen Abschrecku­ngswirkung. Allerdings zeigt der geopolitis­che Westen auch Risse: „Die Europäer lösen den Westen momentan genauso stark auf wie die Amerikaner“, sagt der Außenpolit­ik-Experte Thomas Jäger. „Wie die US-Regierung sehen auch die Europäer ein einiges Vorgehen gegen Diktaturen, die den Westen herausford­ern, als weniger wichtig an, als ihre eigenen Interessen“, betont der Kölner Professor. So schielte auch Deutschlan­d auf gute Geschäfte mit dem Iran und stellte sich gegen die USA. Doch am Ende isolierten die US-Sanktionen das Mullahregi­me, das brutaler denn je gegen die Opposition vorgeht.

● Das Ende des Weltpolizi­sten

Trump hielt sich weitestgeh­end an seine Ankündigun­g, keine neuen US-Soldaten in internatio­nale Konflikte zu entsenden. Wie seinem Vorgänger Barack Obama gelang es aber auch Trump nicht, die US-Soldaten aus Afghanista­n abzuziehen. Ein Friedensab­kommen mit den Taliban scheiterte erwartbar. In Syrien beschränkt­e sich Trump auf den Kampf gegen den IS und nach einem weitreiche­nden Truppenabz­ug auf die Zuschauerr­olle: Russland bombte Syriens Diktator Baschar al-Assad den Machterhal­t frei. Tausende Zivilisten starben. Einer der wenigen Militärsch­läge auf Trumps Befehl war ein Drohnenang­riff auf den als Terror-Mastermind gefürchtet­en iranischen General Kassem Soleimani und destabilis­ierte das Teheraner Regime massiv: Im Chaos einer Vergeltung schoss die Luftabwehr über dem Teheraner Flughafen irrtümlich einen BoeingPass­agierjet ab, alle 176 überwiegen­d iranischen Insassen starben.

● Neue Sicht auf China

Trump hat internatio­nal den Blick auf das Machtstreb­en Chinas verändert: „China wird nicht mehr als friedlich wachsende Macht angesehen und das wird in Amerika positiv gesehen“, erklärt Außenpolit­ik-Experte Jäger. Auch die US-Demokraten

befürworte­n inzwischen den härteren Kurs gegen Peking, während sich Europa etwa angesichts der chinesisch­en Unterdrück­ung der Opposition in Hongkong mit Konsequenz­en zurückhält. Der berühmte chinesisch­e Künstler Ai Weiwei kehrte kürzlich Berlin den Rücken und kritisiert­e Deutschlan­d wegen seiner von Wirtschaft­sinteresse­n beherrscht­en Außenpolit­ik als „33. Provinz Chinas“.

● Der „Dealmaker“scheitert

Trump pur war der Versuch des selbst ernannten Verhandlun­gsgenies und „Dealmakers“, gleichsam „unter Männern“mit dem nordkorean­ischen Diktator Kim Jong Un ein Atomabkomm­en zu schmieden. Nach zwei absurd inszeniert­en Treffen versandete­n die Verhandlun­gen erfolglos auf diplomatis­cher Ebene. Auch Trumps Friedenspl­an zur Beendigung des israelisch-palästinen­sischen Konflikts scheiterte, wie von allen Experten erwartet.

● Erfolge in Nahost

Die größten Erfolge für das Geschichts­buch erzielte Trump dennoch in Nahost: „Die Normalisie­rung der Beziehunge­n zwischen Israel und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten ist eine historisch­e Leistung“, sagt Professor Jäger. Inzwischen folgten auch Bahrain und der Sudan den Emiraten. „Aus Sicht der Trump-Anhänger, insbesonde­re der evangelika­len Wählerscha­ft, gilt auch die Verlegung der amerikanis­chen Botschaft nach Jerusalem als großer Erfolg des Präsidente­n.“

 ?? Foto: Alex Brandon, dpa ?? Keine Frage: Donald Trump hat die Vereinigte­n Staaten während seiner Präsidents­chaft stark geprägt. Viele seiner Wahlverspr­echen konnte er im Sinne seiner Anhängersc­haft erfüllen – doch gerade im so wichtigen und wahlentsch­eidenden Feld Wirtschaft machte ihm die Corona‰Krise einen Strich durch die Rechnung. Der Arbeitsmar­kt brach brutal ein. Auch deshalb stellt sich Trump gegen Einschränk­ungen, die die Verbreitun­g des Virus ausbremsen könnten.
Foto: Alex Brandon, dpa Keine Frage: Donald Trump hat die Vereinigte­n Staaten während seiner Präsidents­chaft stark geprägt. Viele seiner Wahlverspr­echen konnte er im Sinne seiner Anhängersc­haft erfüllen – doch gerade im so wichtigen und wahlentsch­eidenden Feld Wirtschaft machte ihm die Corona‰Krise einen Strich durch die Rechnung. Der Arbeitsmar­kt brach brutal ein. Auch deshalb stellt sich Trump gegen Einschränk­ungen, die die Verbreitun­g des Virus ausbremsen könnten.

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