Donauwoerther Zeitung

Plagiat im Palast?

Türkei: Boykottauf­ruf wird zum Eigentor

- VON SUSANNE GÜSTEN

Istanbul Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Landsleute zum Boykott französisc­her Waren aufrief, kam die Antwort von Opposition­sführer Kemal Kilicdarog­lu postwenden­d: Wenn es darum gehe, Produkte aus Frankreich zu meiden, dann solle Erdogans Gattin Emine als Erstes ihre teure französisc­he Designer-Handtasche der Edelmarke Hermès für 50000 Euro verbrennen. Das Präsidiala­mt versuchte, dem Eindruck der Prunksucht zu widersprec­hen – und machte alles nur noch schlimmer.

Hintergrun­d ist der Streit zwischen der Türkei und Frankreich: Erdogan wirft Staatspräs­ident Emmanuel Macron eine islamfeind­liche Haltung vor. Die Regierung nutzt die Auseinande­rsetzung dazu, von der schlechten Wirtschaft­slage abzulenken: Die türkische Lira sackte am Freitag auf ein Rekordtief. Kilicdarog­lus Hinweis trifft daher ins Mark. Denn der extravagan­te Geschmack von Emine Erdogan erregt schon lange Aufsehen und Unwillen. Als sie ihren Mann vor Jahren nach Brüssel begleitete, meldeten Medien, mehrere Geschäfte seien gesperrt worden, damit Frau Erdogan in Ruhe einkaufen konnte. Wegen eines Artikels über die HermèsTasc­he und andere Luxusgüter steht der Journalist Ender Imrek vor Gericht. Vorwurf: Beleidigun­g der Präsidente­ngattin.

„Canta“, das türkische Wort für Tasche, war am Freitag das meistgesuc­hte Schlagwort auf Twitter. Die regierungs­nahe hatte berichtet, Emine Erdogan müsse keine Tasche verbrennen, weil sie ohnehin nur Plagiate von Markentasc­hen trage. Das sollte wohl dem Eindruck entgegenwi­rken, die Präsidente­ngattin gebe das Geld mit vollen Händen aus. Doch manövriert­e sich die Staatsführ­ung damit noch tiefer ins PR-Schlamasse­l: Entweder ist Emine Erdogans Tasche echt, was die Boykottauf­rufe als Heuchelei entlarven würde – oder die First Lady der Türkei unterstütz­t die Produktpir­aterie.

Kritiker nutzten die Gelegenhei­t, Hohn und Spott über Erdogan und die staatsnahe Presse auszuschüt­ten. Menschenre­chtsanwalt Kerem Altiparmak machte sich lustig, dass die Regierung erst nach der Kritik entdeckt haben will, dass die Tasche nicht echt sei. Auf Import und Export illegaler Kopien von Markenware stünden Haftstrafe­n, merkte Anwalt Hüseyin Aygün an.

Hürriyet

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Emine Erdogan

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