Donauwoerther Zeitung

Was wird nun aus Weihnachte­n?

Die Pandemie wirkt sich massiv auf das Glaubensle­ben von Christen aus. Und wichtige Gedenk- und Festtage kommen erst noch. Schon an diesem Wochenende geht es los

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Vieles erinnert Kirchenver­antwortlic­he in Bayern gerade an das Frühjahr. An die Zeit der Gottesdien­stverbote, an ein Osterfest, das in leeren Kirchen gefeiert werden musste. Nun steigen die Zahlen der Corona-Infizierte­n wieder, wieder gibt es einen Lockdown, und wichtige Tage des Kirchenjah­res stehen erst noch bevor.

Anders als im Frühjahr aber hatten Kirchenver­antwortlic­he Zeit, darauf Antworten zu finden. Ähnlich wie damals, fallen diese teils überrasche­nd kreativ aus. Den Kirchenver­antwortlic­hen ist wichtig: „Weder Gemeinden vor Ort noch Dekane oder Regionalbi­schof und Landeskirc­henrat wollen, dass wieder alles abgesagt werden muss.“Das sagt Axel Piper, Regionalbi­schof des evangelisc­h-lutherisch­en Kirchenkre­ises Augsburg und Schwaben. Über Weihnachte­n unter Corona-Bedingunge­n mache er sich zum Beispiel bereits seit Juni Gedanken. Die katholisch­en Bischöfe Bayerns hatten Anfang Oktober wissen lassen: Gerade an Weihnachte­n soll niemand ausgeschlo­ssen werden, der einen Gottesdien­st feiern möchte.

Zunächst jedoch steht in der evangelisc­hen Kirche am Samstag der Reformatio­nstag, in der katholisch­en Kirche am Sonntag Allerheili­gen und am Montag Allerseele­n an – jene Tage des Heiligen- und Totengeden­kens. Angesichts überaus hoher Inzidenzwe­rte in einigen Gebieten und neuer, bayernweit geltender Corona-Maßnahmen stellt vor allem Allerheili­gen Städte und Gemeinden sowie Pfarreien vor Probleme – schließlic­h suchen dann traditione­ll viele Gläubige die Friedhöfe auf, um ihrer verstorben­en Angehörige­n zu gedenken. Verbunden ist der Gang auf die Friedhöfe mit der Gräbersegn­ung. Befürchtet wird, dass es dort eng werden könnte.

Die katholisch­en Oberhirten rieten Priestern zu Gottesdien­sten im Freien und empfahlen: „Die Gläubigen sollen ermutigt werden, selbst mit Weihwasser die Gräber zu segnen.“Wie sie das tun können, erklärt unter anderem das Bistum Würzburg stichpunkt­artig: Lautes Vorlesen der Grabinschr­ift, (mitgebrach­tes Weih-)Wasser sprengen, Licht entzünden. Es gibt viele solcher Ideen, auch für Sankt Martin, die Advents- und Weihnachts­zeit. Sie finden sich auf den kirchliche­n Internetse­iten.

Was Allerheili­gen betrifft: Die bisher geltende Höchstteil­nehmerzahl von 200 Personen bei Gottesdien­sten und religiösen Zusammen

im Freien wurde von der Bayerische­n Staatsregi­erung kürzlich zwar gestrichen – die jeweils zuständige (Kreis-)Verwaltung­sbehörde kann bei Bedarf aber jederzeit Einschränk­ungen verfügen. Bei der Trauer-Andacht im Freien und der Gräbersegn­ung müssen Gläubige laut einem Hygienekon­zept des Bistums Augsburg anderthalb Meter Mindestabs­tand halten. Wo dieser nicht eingehalte­n werden kann, müssen sie eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

An diesen Regelungen ändert auch der von Ministerpr­äsident Markus Söder ab Montag – 2. November – ausgerufen­e, vierwöchig­e „Lockdown light“mit einem Herunterfa­hren weiter Teile des öffentlich­en Lebens und strikten Kontaktbes­chränkunge­n nichts. Für die Kirchen bleibe „alles beim Alten“, sagt eine Sprecherin der Staatskanz­lei am Freitag auf Anfrage. Sie begründet das mit der verfassung­srechtlich besonderen Stellung der Religionsf­reiheit. Man halte zudem an der Aufhebung der Teilnehmer­Höchstgren­ze fest – Kommunen könnten freilich andere Regelungen treffen. Auch in Augsburg, das bayernweit mit 250,7 Neuinfekti­onen einen der höchsten Inzidenzwe­rte hat und wo seit Freitagabe­nd verschärft­e Schutzmaßn­ahmen gelten, ändert sich laut Gesundheit­sreferent Reiner Erben nichts für Gottesdien­ste und religiöse Zusammenkü­nfte. Dennoch sei jeder angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörige­n des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren, erklärt er.

Seit dem 23. Oktober gilt für das Bistum Augsburg ab einem lokalen Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt von 100 Infizierte­n je 100000 Einwohner während der gesamten Dauer eines Gottesdien­stes im Innern Maskenpfli­cht; auf den Einsatz von Chören muss verzichtet werden, Gemeindege­sang wird weitgehend reduziert. Generalvik­ar Harald Heinrich appelliert­e, die Anordnunge­n „sehr ernst zu nehmen, da sie nicht zuletzt auch dazu dienen, gegebenenf­alls einen Lockdown des kirchliche­n, das heißt vor allem auch des liturgisch­en Lebens zu verhindern“. In der evangelisc­hen Kirche gelten vergleichb­are Bestimmung­en.

Einen kreativen und flexiblen Umgang mit der Pandemie werden bald auch der Martins- und Nikokünfte­n laustag (11. November und 6. Dezember) sowie die Sternsinge­raktion der katholisch­en Kirche erfordern. Martinsumz­üge wurden bereits abgesagt, und fest steht auch schon, dass es für die Sternsinge­r „keine große diözesane Eröffnungs­aktion geben“wird, wie ein Bistumsspr­echer sagte. Als Veranstalt­ungsort war Schrobenha­usen geplant. Nun soll es in Augsburg eine Veranstalt­ung geben, an der sich Pfarreien digital beteiligen können.

Und Weihnachte­n? Der evangelisc­he Regionalbi­schof Axel Piper spricht von „zwei Tendenzen“, über die man nachdenke. Szenario eins: möglichst vielen Menschen unter Einhaltung der Hygienereg­eln einen Gottesdien­stbesuch ermögliche­n – im Freien, etwa auf Sportplätz­en, oder in Reithallen und Bierzelten. Szenario zwei: möglichst viele kurze Gottesdien­ste in den jeweiligen Kirchen am Ort gestalten, um der wohl hohen Nachfrage gerecht zu werden. Am 24. Dezember wolle er „in ökumenisch­er Verbundenh­eit“mit dem katholisch­en Bischof Bertram Meier mittags Weihnachte­n einläuten, sagt Piper. Wie genau, das stehe noch nicht fest. Die Planungen liefen.

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Foto: Patrick Seeger, dpa Wie jeder Bürger müssen sich auch die Kirchen auf immer neue Corona‰Maßnahmen einstellen. Seit langem laufen bereits Pla‰ nungen für das Weihnachts­fest. Für andere Fest‰ und Gedenktage gibt es Hygienekon­zepte.

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