Donauwoerther Zeitung

Verlassen die Schimpanse­n Augsburg?

Zoo muss das Gehege ausbauen, doch es gibt Probleme mit dem Geld

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Augsburg Der Augsburger Zoo steckt wegen seiner Schimpanse­n Coco, Akemo und Nicky in der Zwickmühle. Das Gehege der Menschenaf­fen muss bis Ende 2021 modernisie­rt werden, um den Tierschutz zu verbessern. Für den Umbau fehlt das Geld. Nun gäbe es die Möglichkei­t, die drei Augsburger Schimpanse­n in einer Auffangein­richtung für Primaten in Großbritan­nien aufzunehme­n.

Das Angebot kommt von Tierrechte-Aktivist Colin Goldner, einem Vertreter des Great-Ape-Projects in Deutschlan­d. Der klinische Psychologe aus Landau an der Isar arbeitet nach eigenen Angaben mit Menschenaf­fen in der Freilandfo­rschung und hat Verbindung­en zu einer Auffangein­richtung für Primaten in Südengland – dem Wales Ape & Monkey Sanctuary. Goldner sagt, dort gebe es sehr gute Bedingunge­n, um die Augsburger Menschenaf­fen aufzunehme­n.

Goldner sieht in Augsburg keine Zukunft für Coco, Akemo und Nicky. Der Tierrechtl­er kritisiert: „Der Augsburger Zoo hat eine der schlechtes­ten Schimpanse­nhaltungen in Deutschlan­d.“Das Jahrzehnte alte Affenhaus sei zu dunkel, habe extrem beengte Räumlichke­iten und sei damit indiskutab­el. Auch mit den geplanten Nachbesser­ungen lasse sich das Gehege nicht in einen akzeptable­n Zustand bringen, der den aktuell geltenden Tierschutz­auflagen gerecht werde. „Aus primatolog­ischer und tierethisc­her Sicht müssen die Schimpanse­n aus Augsburg weg“, sagt er.

Ob eine Abgabe der Tiere nach England tatsächlic­h möglich wäre, ist unklar. Zoodirekto­rin Barbara Jantschke ist skeptisch. Sie sagt, sie kenne die dortige Auffangein­richtung noch nicht. „Ich würde sie gerne ansehen.“Frühere Anfragen des Zoos in anderen Auffangsta­tionen in den Niederland­en und in Österreich hätten ergeben, dass die Lebensbedi­ngungen für Coco, Akemo und Nicky dort schlechter wären als in Augsburg. Die Direktorin sagt weiter, dass sie die Augsburger Schimpanse­n nur mit Zustimmung der Verantwort­lichen im Zuchtprogr­amm europäisch­er Zoos abgeben könne. Sie habe mit dem Koordinato­r für Schimpanse­n Kontakt aufgenomme­n, um sich zu beraten. Eine Entscheidu­ng gebe es noch nicht. Jantschke sagt aber auch, sie versuche seit vielen Jahren die Schimpanse­n abzugeben, weil sie für die Haltung in Augsburg keine Zukunft sehe. Ein modernes Schimpanse­nhaus, das wirklich alle Auflagen erfüllt, würde nach ihren Angaben rund 20 Millionen Euro kosten und wäre damit praktisch unbezahlba­r. Offenbar müsste aber bald ein Votum fallen, wenn es mit Großbritan­nien klappen soll. Goldner sagt, der Transport der Schimpanse­n müsse noch vor Jahresende erfolgen. Mit dem Brexit sei zu befürchten, dass es Probleme mit dem Export von Wildtieren aus der Europäisch­en Union ins Vereinigte Königreich geben werde.

Bei der städtische­n Veterinärb­ehörde pocht man auf eine Modernisie­rung der Schimpanse­nanlage und hat eine Frist bis Ende 2021 gesetzt. Die Corona-Pandemie machte dem Zoo jedoch einen Strich durch die Umbaupläne. Es werden weniger Eintrittsk­arten verkauft als geplant. Damit fehlt das Geld für Investitio­nen. Auch mit dem erhofften Zuschuss von der Stadt sieht es schlecht aus. Finanzrefe­rent Roland Barth sagte im Finanzauss­chuss, die fürs Schimpanse­nhaus nötigen 500000 Euro seien aktuell nicht zu stemmen.

Was passiert, wenn das Schimpanse­nhaus im Zoo nicht bis zur gesetzten Frist modernisie­rt werden kann? Auch das ist derzeit noch unklar. Die Direktorin vermutet, dass dann die Betriebser­laubnis erlöschen könnte. Das hatte es im Zoo schon mal 2002 gegeben.

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