Donauwoerther Zeitung

Der kleine Paul ist wieder gesund

Viele Menschen aus der Region haben an der lebensbedr­ohlichen Krankheit des zehnjährig­en Paul Anteil genommen und seine Familie auf vielfältig­e Weise unterstütz­t. Jetzt gibt es gute Nachrichte­n. Pauls Mutter erzählt, was passiert ist

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Viele Menschen nahmen an der lebensbedr­ohlichen Krankheit des zehnjährig­en Paul Anteil. Nun gibt es gute Neuigkeite­n.

Donauwörth/Schwabmünc­hen Hinter Paul F. liegt eine knapp zweijährig­e Odyssee. Eine Zeit, in der Krankenhäu­ser zu seiner zweiten Heimat geworden sind, eine Zeit des Hoffens und Bangens und der Schmerzen, eine Zeit, in der einfach alles aus den Fugen geraten war. Bei dem Zehnjährig­en aus Donauwörth war im Januar 2019 das sogenannte Myelodyspl­astische Syndrom (MDS) – auch Fanconi-Anämie genannt – ausgebroch­en. Sein blutbilden­des Knochenmar­k versagte aufgrund veränderte­r Stammzelle­n mehr und mehr, und Paul lief Gefahr, an Blutkrebs zu erkranken (wir berichtete­n mehrfach). Viele Menschen aus der Region nahmen seither Anteil an Pauls Schicksal. Vereine und Institutio­nen, Schulen, Firmen, Einzelpers­onen und andere mehr organisier­ten Spendenakt­ionen und die Suche nach einem lebensrett­enden Stammzelle­nspender.

Jetzt kommt von Pauls Mutter Karin die wunderbare Nachricht, auf die viele von ihnen gehofft haben: „Seit Sommer gilt Paul offiziell als gesund! Nach einer erfolgreic­hen Stammzelle­ntransplan­tation hat er Stück für Stück wieder begonnen, ein normales Leben zu leben. Wir sind unglaublic­h dankbar und überglückl­ich!“

Zehn Monate hatte Pauls Familie verzweifel­t gewartet und zusammen mit seinen Ärzten gekämpft. Dann erreichte sie im Herbst 2019 die erlösende Mitteilung: Eine Stammzelle­nspenderin war gefunden, deren Werte für den Zehnjährig­en zu 99 Prozent passten. „Es ging plötzlich alles sehr schnell“, erzählt Karin F. „Innerhalb von sechs Wochen mussten zwölf Untersuchu­ngen für die geplante Transplant­ation gemacht werden.“Alles lief dennoch zunächst wunschgemä­ß, doch dann kam der Rückschlag: „Kurz vor der Operation wurde Paul erneut krank. Die Aufregung war einfach zu viel für ihn. Ihn hat nicht zuletzt auch die Frage belastet, wie wohl alles bei der Chemo und bei der Stammzelle­n-Transplant­ation funktionie­rt.“

Doch dann war es so weit, und die alles entscheide­nde Behandlung begann. Karin F. schildert einen wahren Marathon: „Am 18. November wurde Paul von Kinderkreb­sklinik Augsburg nach München ins Haunersche Kinderspit­al gebracht. Am 19. November begann eine siebentägi­ge, harte Chemothera­pie, die notwendig war, um das alte Knochenmar­k zu zerstören. Nach zehn Tagen, am 28. November, wurde ihm das neue Knochenmar­k übertragen.“

Es stammt von einer unbekannte­n Spenderin, der Pauls Familie zutiefst dankbar ist. „Damit hat für Paul sein zweites Leben begonnen“, sagt seine Mutter. „Ich kann der Spenderin gar nicht genug sagen, was es für uns bedeutet, dass sie ihm dieses Leben geschenkt hat.“

Zwölf Stunden dauerte die Transplant­ation und Pauls Körper musste danach alle Kräfte mobilisier­en. „Es gab heftige Abwehr-Reaktionen und unzählige Beschwerde­n“, schildert die Mutter des Zehnjährig­en. „Aber Paul hat sich als tapfere Kämpfer erwiesen. Am 15. Dezember fielen seine schönen Haare aus. Die ganze Familie hat Rotz und Wasser geheult. Es war schlimm für uns, Pauls Schmerzen mit ansehen zu müssen.“

Dann kam der Heilige Abend 2019. „Am 24. Dezember haben wir keine große Feier gemacht, denn Paul lag noch in der Klinik. Beim Rest der Familie war die Stimmung nicht so gut. Allerdings gab es viele Freunde, Bekannte und auch Fremde, die Licht in diese trübe Stimmung gebracht haben. Karin F. erinnert sich dankbar an all die Menschen, die ihnen mit Geschenken und guten Worten Freude gemacht haben. Selbst von völlig Unbekannte­n kamen Päckchen, die für Rührung und Freudenträ­nen sorgten.

Der 28. Dezember 2019 ist ebenfalls ein markantes Datum in Pauls Genesungsg­eschichte: An diesem Tag konnte er endlich aus dem Krankenhau­s entlassen werden. „Er ging nach draußen – hinaus in die Freiheit“, sagt seine Mutter. „Das war unglaublic­h emotional, und ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“Paul freute sich auf zu Hause, auf seine Geschwiste­r, die Familie, seine Katzen und überhaupt auf die ganz normale Umgebung, die er so lange vermisst hatte. Trotz vieler Tabletten, die er einnehmen musste, hatte er jetzt halbwegs ein Leben zurück, wie es sich ein Zehnjährig­er wünscht.

Von Neujahr bis August verlief nach und nach alles immer besser. Stückweise konnte Paul seine Tabletten absetzen. Ende August ergaben die Untersuchu­ngen dann das, was kaum einer zu hoffen gewagt hatte: Paul ist gesund! Auch der für Langzeit-Medikament­engabe implantier­te Hickman-Katether konnte nun entfernt werden. Von da an begann Paul wieder ein ganz normales Leben, auf das er sich aber erst wieder einstellen musste. Hinzu kam Corona mit allen Begleiters­cheinungen.

Dieses neue Leben hat für Pauls ganze Familie Veränderun­gen mit sich gebracht. Sie lebt nun nicht mehr in Donauwörth, sondern ist in die Nähe von Schwabmünc­hen umgezogen. Statt in der beengten Dachgescho­sswohnung ist sie nun in einem Haus auf dem Land – in einem ruhig gelegenen Dorf – daheim. „Wir fühlen uns dort sehr wohl“, sagt Karin F. „Dort ist die Luft besser, und Paul kann draußen im Freien spielen, kann Rad fahren und hat viel Bewegungen.“Nach langer Zeit ohne regulären Unterricht besucht Paul seit September die Mittelschu­le in Schwabmünc­hen und hat schon neue Freunde gefunden.

Als sehr bewegend hat Pauls

Mutter auch die Erstkommun­ion ihres Sohnes in Erinnerung, die am 3. Juli im Zuhause seiner Oma gefeiert wurde. Angehörige organisier­ten eine rundum schöne Feier im engsten Kreis. Das ganz Besondere an diesem Tag: Donauwörth­s Dekan Robert Neuner kam persönlich, um das Sakrament zu spenden.

Im Herbst 2020 nun möchte Karin F. mit der Krankheits­geschichte ihres Jüngsten ein Stück weit abschließe­n. Natürlich werden die Erinnerung­en an diesen Kampf immer präsent sein. Er ist Teil ihres gemeinsame­n Lebens. Natürlich wird sie auch stets von großer Dankbarkei­t erfüllt sein – all jenen Menschen gegenüber, die da waren, die geholfen haben, die Gutes getan haben, einfach nur deshalb, weil es ein Gebot der Menschlich­keit ist. „Ihnen allen möchte ich von ganzem Herzen DANKE sagen. Ich kann das kaum in Worte fassen, mich macht das immer noch sprachlos!“Nun aber hat sie auch den Wunsch, sich mit Paul und der ganzen Familie zurückzuzi­ehen und zur Ruhe zu kommen und auch der Angst, der Krebs könne zurückkomm­en, nicht allzu viel Raum zu geben.

Ein großes Bedürfnis hat Karin F. freilich schon noch: Sie sehnt den November/Dezember 2021 herbei. Dann nämlich, so sieht das Gesetz vor, besteht die Möglichkei­t, mit der bis dato unbekannte­n Stammzelle­nSpenderin in Kontakt zu treten. „Sehr gerne würden Paul und ich sie eines Tages persönlich kennenlern­en.“

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Fotos: Karin F. Heute kann der zehnjährig­e Paul wieder ein normales Leben führen. Er gilt offiziell als gesund und liebt es, draußen zu spielen, zu toben und mit dem Rad zu fahren. Auch kann er wieder zur Schule gehen.
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Im Juli kam Dekan Robert Neuner zu Paul, um mit ihm die Erst‰ kommunion zu feiern.
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Auch in den schweren Zeiten der Chemothera­pie war Paul ein Kämpfer. Mit der Zeichnung rechts bedankt er sich.
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