Der kleine Paul ist wieder gesund
Viele Menschen aus der Region haben an der lebensbedrohlichen Krankheit des zehnjährigen Paul Anteil genommen und seine Familie auf vielfältige Weise unterstützt. Jetzt gibt es gute Nachrichten. Pauls Mutter erzählt, was passiert ist
Viele Menschen nahmen an der lebensbedrohlichen Krankheit des zehnjährigen Paul Anteil. Nun gibt es gute Neuigkeiten.
Donauwörth/Schwabmünchen Hinter Paul F. liegt eine knapp zweijährige Odyssee. Eine Zeit, in der Krankenhäuser zu seiner zweiten Heimat geworden sind, eine Zeit des Hoffens und Bangens und der Schmerzen, eine Zeit, in der einfach alles aus den Fugen geraten war. Bei dem Zehnjährigen aus Donauwörth war im Januar 2019 das sogenannte Myelodysplastische Syndrom (MDS) – auch Fanconi-Anämie genannt – ausgebrochen. Sein blutbildendes Knochenmark versagte aufgrund veränderter Stammzellen mehr und mehr, und Paul lief Gefahr, an Blutkrebs zu erkranken (wir berichteten mehrfach). Viele Menschen aus der Region nahmen seither Anteil an Pauls Schicksal. Vereine und Institutionen, Schulen, Firmen, Einzelpersonen und andere mehr organisierten Spendenaktionen und die Suche nach einem lebensrettenden Stammzellenspender.
Jetzt kommt von Pauls Mutter Karin die wunderbare Nachricht, auf die viele von ihnen gehofft haben: „Seit Sommer gilt Paul offiziell als gesund! Nach einer erfolgreichen Stammzellentransplantation hat er Stück für Stück wieder begonnen, ein normales Leben zu leben. Wir sind unglaublich dankbar und überglücklich!“
Zehn Monate hatte Pauls Familie verzweifelt gewartet und zusammen mit seinen Ärzten gekämpft. Dann erreichte sie im Herbst 2019 die erlösende Mitteilung: Eine Stammzellenspenderin war gefunden, deren Werte für den Zehnjährigen zu 99 Prozent passten. „Es ging plötzlich alles sehr schnell“, erzählt Karin F. „Innerhalb von sechs Wochen mussten zwölf Untersuchungen für die geplante Transplantation gemacht werden.“Alles lief dennoch zunächst wunschgemäß, doch dann kam der Rückschlag: „Kurz vor der Operation wurde Paul erneut krank. Die Aufregung war einfach zu viel für ihn. Ihn hat nicht zuletzt auch die Frage belastet, wie wohl alles bei der Chemo und bei der Stammzellen-Transplantation funktioniert.“
Doch dann war es so weit, und die alles entscheidende Behandlung begann. Karin F. schildert einen wahren Marathon: „Am 18. November wurde Paul von Kinderkrebsklinik Augsburg nach München ins Haunersche Kinderspital gebracht. Am 19. November begann eine siebentägige, harte Chemotherapie, die notwendig war, um das alte Knochenmark zu zerstören. Nach zehn Tagen, am 28. November, wurde ihm das neue Knochenmark übertragen.“
Es stammt von einer unbekannten Spenderin, der Pauls Familie zutiefst dankbar ist. „Damit hat für Paul sein zweites Leben begonnen“, sagt seine Mutter. „Ich kann der Spenderin gar nicht genug sagen, was es für uns bedeutet, dass sie ihm dieses Leben geschenkt hat.“
Zwölf Stunden dauerte die Transplantation und Pauls Körper musste danach alle Kräfte mobilisieren. „Es gab heftige Abwehr-Reaktionen und unzählige Beschwerden“, schildert die Mutter des Zehnjährigen. „Aber Paul hat sich als tapfere Kämpfer erwiesen. Am 15. Dezember fielen seine schönen Haare aus. Die ganze Familie hat Rotz und Wasser geheult. Es war schlimm für uns, Pauls Schmerzen mit ansehen zu müssen.“
Dann kam der Heilige Abend 2019. „Am 24. Dezember haben wir keine große Feier gemacht, denn Paul lag noch in der Klinik. Beim Rest der Familie war die Stimmung nicht so gut. Allerdings gab es viele Freunde, Bekannte und auch Fremde, die Licht in diese trübe Stimmung gebracht haben. Karin F. erinnert sich dankbar an all die Menschen, die ihnen mit Geschenken und guten Worten Freude gemacht haben. Selbst von völlig Unbekannten kamen Päckchen, die für Rührung und Freudentränen sorgten.
Der 28. Dezember 2019 ist ebenfalls ein markantes Datum in Pauls Genesungsgeschichte: An diesem Tag konnte er endlich aus dem Krankenhaus entlassen werden. „Er ging nach draußen – hinaus in die Freiheit“, sagt seine Mutter. „Das war unglaublich emotional, und ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“Paul freute sich auf zu Hause, auf seine Geschwister, die Familie, seine Katzen und überhaupt auf die ganz normale Umgebung, die er so lange vermisst hatte. Trotz vieler Tabletten, die er einnehmen musste, hatte er jetzt halbwegs ein Leben zurück, wie es sich ein Zehnjähriger wünscht.
Von Neujahr bis August verlief nach und nach alles immer besser. Stückweise konnte Paul seine Tabletten absetzen. Ende August ergaben die Untersuchungen dann das, was kaum einer zu hoffen gewagt hatte: Paul ist gesund! Auch der für Langzeit-Medikamentengabe implantierte Hickman-Katether konnte nun entfernt werden. Von da an begann Paul wieder ein ganz normales Leben, auf das er sich aber erst wieder einstellen musste. Hinzu kam Corona mit allen Begleiterscheinungen.
Dieses neue Leben hat für Pauls ganze Familie Veränderungen mit sich gebracht. Sie lebt nun nicht mehr in Donauwörth, sondern ist in die Nähe von Schwabmünchen umgezogen. Statt in der beengten Dachgeschosswohnung ist sie nun in einem Haus auf dem Land – in einem ruhig gelegenen Dorf – daheim. „Wir fühlen uns dort sehr wohl“, sagt Karin F. „Dort ist die Luft besser, und Paul kann draußen im Freien spielen, kann Rad fahren und hat viel Bewegungen.“Nach langer Zeit ohne regulären Unterricht besucht Paul seit September die Mittelschule in Schwabmünchen und hat schon neue Freunde gefunden.
Als sehr bewegend hat Pauls
Mutter auch die Erstkommunion ihres Sohnes in Erinnerung, die am 3. Juli im Zuhause seiner Oma gefeiert wurde. Angehörige organisierten eine rundum schöne Feier im engsten Kreis. Das ganz Besondere an diesem Tag: Donauwörths Dekan Robert Neuner kam persönlich, um das Sakrament zu spenden.
Im Herbst 2020 nun möchte Karin F. mit der Krankheitsgeschichte ihres Jüngsten ein Stück weit abschließen. Natürlich werden die Erinnerungen an diesen Kampf immer präsent sein. Er ist Teil ihres gemeinsamen Lebens. Natürlich wird sie auch stets von großer Dankbarkeit erfüllt sein – all jenen Menschen gegenüber, die da waren, die geholfen haben, die Gutes getan haben, einfach nur deshalb, weil es ein Gebot der Menschlichkeit ist. „Ihnen allen möchte ich von ganzem Herzen DANKE sagen. Ich kann das kaum in Worte fassen, mich macht das immer noch sprachlos!“Nun aber hat sie auch den Wunsch, sich mit Paul und der ganzen Familie zurückzuziehen und zur Ruhe zu kommen und auch der Angst, der Krebs könne zurückkommen, nicht allzu viel Raum zu geben.
Ein großes Bedürfnis hat Karin F. freilich schon noch: Sie sehnt den November/Dezember 2021 herbei. Dann nämlich, so sieht das Gesetz vor, besteht die Möglichkeit, mit der bis dato unbekannten StammzellenSpenderin in Kontakt zu treten. „Sehr gerne würden Paul und ich sie eines Tages persönlich kennenlernen.“