Joe, ich und die Freude
Ich bin müde, aber das macht nichts. Die letzten Nächte waren kurz. Zu lange saß ich auf dem Sofa, starrte auf den Fernseher, auf Zahlen, rote und blaue Staaten, den schmollenden Gesichtsausdruck von Donald Trump und das gewinnende Lächen von Joe Biden. Ich jubelte innerlich über die Fernsehsender in den USA, dass sie gemeinschaftlich den Lügen des amtierenden Präsidenten den Saft abdrehten.
Und dann am Samstag, kam die Entscheidung, auf die ich so lange gewartet hatte, ganz unscheinbar auf mein Smartphone. Ich hatte eine Flut von Push-Nachrichten erwartet, aber es war eine Whatsapp-Nachricht einer Freundin, die wie ich mit Spannung nach Amerika geblickt hatte. „Biden hat gewonnen“, schrieb sie. Drei Worte, die mich lächeln ließen. Schnell huschten meine Finger auf die Nachrichtenseiten meines Vertrauens und brachten Gewissheit. Und sie brachten Freude.
Es ist nicht so, dass ich Familie hätte in den USA. Oder gute Freunde dort leben. Nein, ich bin aufgewachsen mit dem Gefühl, die USA seien ein tolles Land und irgendwie ein bisschen wie wir, nur verrückter. Ich war dort, bereiste das Land, lebte einige Zeit bei einer Gastfamilie. Ich liebte es. Ich wäre gerne wieder hingefahren.
Aber dann kam Trump, die Lügen und diese fiese Rhetorik. Die USA wurde mir fremd und gefühlt so weit weg, wie sie auch geografisch ist. Man mag fragen, was denn Joe Biden oder Donald Trump im Weißen Haus in Washington überhaupt zu tun hat, mit unserem Leben hier, in Deutschland, Bayern, Donau-Ries. Unmittelbar vielleicht nicht viel. Aber es fühlt sich so an, als gäbe es jetzt ein lautstarkes Problem weniger auf der Welt. Und das fühlt sich gut an.