Ein Wohnhaus aus dem 3DDrucker
In einem Örtchen im Landkreis Neu-Ulm entsteht derzeit das weltweit erste Mehrfamilienhaus aus einem Beton-Drucker. Die Technik soll die Branche revolutionieren
WeißenhornWallenhausen Wie aus einem Sahne-Spritzbeutel gedrückt, schmiegen sich die grauen Betonwürstchen aneinander. Geradeeinmal 25 Stunden hatte es gedauert, bis das Erdgeschoss fertig war. Mit handelsüblichen Ziegeln hätte es um die fünf Tage gebraucht. Im Weißenhorner Ortsteil Wallenhausen (Kreis Neu-Ulm) entsteht dieser Tage das laut Peri weltweit erste Mehrfamilienwohnhaus aus einem 3D-Betondrucker. Lediglich zwei Personen bedienen den Betondrucker, dessen Druckkopf sich über drei Achsen auf einem fest installierten Metallrahmen durch die Baustelle bewegt.
Die Weißenhorner Peri Gruppe, eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich Schalung und Gerüst für die Bauindustrie, beteiligte sich vor über zwei Jahren an der dänischen Firma Cobod, dem Hersteller der Betondrucker. Diese Kooperation trägt nun Früchte: Im über 530 Kilometer von Weißenhorn entfernten Beckum in Nordrhein-Westfalen druckt Peri derzeit das erste Einfamilienwohnhaus – gefördert mit Geldern der dortigen Landesregierung. Im Kreis NeuUlm geht Peri nun den nächsten Schritt: Das Fünf-Familienwohnhaus mit 380 Quadratmeter Grundfläche entsteht ohne staatliche Finanzspritzen. Über die Kosten schweigen sich der Bauherr, das Pfaffenhofer Bauunternehmen Rupp, sowie Peri aus. Nur so viel ist Alexander Schwörer, einem der Inhaber des Familienunternehmens Peri, zu entlocken. Es wird nicht mehr kosten als ein „normales“Wohnhaus dieser Größe. Eher weniger. In Zukunft soll die Betondrucktechnik das Bauen allerdings deutlich vergünstigen.
Thomas Imbacher, bei Peri als Geschäftsführer für das Thema Innovation zuständig, ist überzeugt, dass das Wohnhaus in Wallenhausen „Strahlkraft für die ganze Welt“besitze. Denn hier werde bewiesen, dass die vor kurzem noch als völlig futuristisch geltende Technologie sich schon jetzt auf Baustellen bewähre. Strahlkraft habe das Projekt auch, weil das gedruckte Haus mühelos die als sehr streng geltenden deutschen Normen und Sicherheitsstandards erfülle. „Das ist kein Musterhaus. Hier wird gewohnt.“Und zwar schon ab April kommenden Jahres.
Aus Sicht von Peri und dem Bauherren hat das Drucken von Häusern nur Vorteile. Sämtliche Kabelschächte oder Aussparungen für Steckdosen würden bereits beim
Druck berücksichtigt, was auch die Kosten für die Arbeiten der anderen Gewerke senke. Der Betondrucker vom Typ „BOD2“ist so ausgerichtet, dass auch während des Druckvorgangs auf der Baustelle gearbeitet werden kann. Manuelle Arbeiten, wie etwa das Verlegen von Leerrohren und Anschlüssen, könnten auf diese Weise einfach in den Druckprozess integriert werden.
Fabian Rupp, von der Firma Rupp Bauunternehmung, selbst gelernter Maurer, sieht darin auch eine Reaktion auf den nach wie vor grassierenden Fachkräftemangel. Erstens würden so weniger Menschen auf der Baustelle benötigt und zweitens werde der Beruf so attraktiver, weil doch eine gewisse Faszination in dieser Technik stecke.
Die Idee, auf das Thema 3D-Druck zu setzen, kam dem Jungunternehmer durch eine Ausschreibung der Firma Peri. Das Unternehmen suchte einen Partner für ein Pilotprojekt zum Thema 3D-Betondruck. „Wir konnten Peri dafür ein Grundstück zur Verfügung stellen. Nach rund anderthalb Jahren gemeinsamer Planung und Entwicklung war uns klar: Das ist die Zukunft, das wollen wir unbedingt weiterverfolgen.“Weil in Wallenhausen eine Weltpremiere entsteht, soll dem Haus auch die
Drucktechnik durch die Struktur der Wände dauerhaft anzusehen sein. Es sei jedoch auch möglich, die Wände klassisch zu verputzen – dann wäre aber nicht mehr zu erkennen, dass das Haus einst aus dem Drucker kam.
Für Peri-Chef Schwörer ist die Technik keine Eintagsfliege, sondern ein Teil einer langfristig orientierten Unternehmensausrichtung. Peri hat derzeit zwei Betondrucker im Fuhrpark, die vermietet werden. Zudem verkauft Peri auch Drucker. Ein Gerät sei derzeit nach Houston unterwegs. In der texanischen Metropole entsteht nach Wallenhausen nun das nächste gedruckte Haus. Details dazu könne Schwörer aber noch nicht nennen.