Donauwoerther Zeitung

Eltern bemängeln Infos der Lebenshilf­e

Mehrere Eltern beklagen, vom Ausbruch aus der Zeitung erfahren zu haben. Sie hätten sich von der Leitung frühere Informatio­nen gewünscht. Die rechtferti­gt sich

- VON CHRISTOF PAULUS

Nördlingen Dass es in den Einrichtun­gen der Lebenshilf­e Donau-Ries bis zu 62 Corona-Infektione­n gegeben hat, will Elke Zwölfer der Einrichtun­g gar nicht vorwerfen. „Das kann man momentan vielleicht gar nicht verhindern“, sagt die Mutter aus dem Alerheimer Ortsteil Bühl. Was sie allerdings bemängelt, ist die Kommunikat­ion der Lebenshilf­e. Denn obwohl ihr Sohn in den Werkstätte­n der Einrichtun­g arbeitet, habe sie erst aus der Zeitung vom massiven Ausbruch erfahren.

Vor zwei Wochen hatte das Landratsam­t Donauwörth bekannt gegeben, dass in verschiede­nen Lebenshilf­e-Einrichtun­gen, in denen Menschen mit Behinderun­g arbeiten und teils auch leben, mehrere Dutzend Personen mit dem Coronaviru­s infiziert seien. Nach Angaben der Leitung seien die meisten Erkrankung­en glimpflich oder teils ohne Symptome verlaufen. Eine 47-Jährige starb jedoch. Menschen mit Behinderun­gen haben im Falle einer

Infektion häufiger ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken.

Zwölfers Sohn wurde mit DownSyndro­m geboren. Weil er große Schwierigk­eiten damit habe, zu sprechen, habe sie vergangene Woche nur zufällig aus seinen Erzählunge­n erfahren, dass in der Einrichtun­g Corona-Tests durchgefüh­rt worden seien. Seither bleibe ihr Sohn zu Hause. „Ich habe Angst um ihn“, sagt Zwölfer. Sie habe Verständni­s für die Schwierigk­eiten, mit denen die Leitung der Einrichtun­g gerade zu kämpfen habe. „Ich möchte keine Unruhe stiften, ich bin froh um die Lebenshilf­e“, betont sie. Allerdings hofft Zwölfer, einen Anstoß geben zu können. „Ein kurzes Informatio­nsschreibe­n hätte mir schon genügt.“

Günter Schwendner kann die Lage Zwölfers und anderer Eltern nachvollzi­ehen. „Natürlich sorgen sich gerade die Eltern von Behinderte­n aktuell um ihre Kinder“, sagt der Geschäftsf­ührer der Lebenshilf­e, die in Nördlingen unter anderem ein Wohnheim und eine Werkstätte betreibt. Die Bewohner der verschiede­nen Wohnheimgr­uppen seien momentan voneinande­r isoliert. Auch die Arbeiter, die statt im Wohnheim der Lebenshilf­e zu Hause wohnen – wie etwa Zwölfers Sohn – kämen mit den anderen Gruppierun­gen nicht in Kontakt. Aufgrund der Infektione­n in der Einrichtun­g habe man die Vormünder informiert, diese mussten anschließe­nd eine Erklärung unterschre­iben, dass die Arbeiter die Werkstatt fortan auf eigenes Risiko besuchen.

Auf das Informatio­nsproblem aufmerksam gemacht hatte Sabine Stolch aus Möttingen. In einem Leserbrief an die Rieser Nachrichte­n bemängelte sie ebenfalls, aus der Zeitung vom Ausbruch erfahren zu haben. Ihre Tochter arbeitet auch in den Werkstätte­n der Lebenshilf­e. Dabei hatte sie sich zuvor telefonisc­h an die Einrichtun­g gewandt, wie Schwendner bestätigt. Dort sei ihr zugesicher­t worden, dass „alles in Ordnung sei und aufgrund von Datenschut­z sowieso nichts gesagt werden dürfe“, schreibt sie. „Ich habe meine Tochter mehr als eine Woche lang ahnungslos jeden Tag der erhöhten Gefahr ausgesetzt, sich anzustecke­n.“Inzwischen bleibe sie zu Hause.

Schwendner erklärt, Stolch sei bei ihrem Anruf korrekt über die Infektione­n in anderen Gruppen aufgeklärt worden. Es sei jedoch schwierig gewesen, das Risiko einzuschät­zen, ob das Virus von einer Gruppe auf andere überspring­en könne, sagt er. Und schon die Auskunft, ob Personen der gleichen Gruppe betroffen sind, sei in Bezug auf den Datenschut­z fragwürdig.

Stolch hätte sich jedoch gewünscht, auch ohne telefonisc­he Nachfrage von den Infektione­n in anderen Bereichen zu erfahren – aus Sorge um ihre Tochter. Die Erklärung, dass die Besucher auf eigenes Risiko zur Lebenshilf­e kommen, habe sie bereits im Frühjahr unterschri­eben. Wie Schwendner in einem Interview in unserer Zeitung kürzlich gesagt hatte, gab es damals in der Einrichtun­g noch gar keine Infektione­n.

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