Donauwoerther Zeitung

Rangnick wäre frei

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de

Es war ja nicht zu erwarten gewesen, dass wir das Ende dieser Woche halbwegs unversehrt an Seele und Geist erreichen würden. Schließlic­h haben die Ereignisse von Sevilla die Republik wie eine Abrissbirn­e getroffen, oder wie es die spanische Zeitung formuliert hatte: „Deutschlan­d wurde niedergewa­lzt.“In diesem Zustand war mancher am Morgen nach dem 0:6 mit der Vorstellun­g erwacht, das Ergebnis sei nur ein Albtraum gewesen. Doch es stand immer noch 0:6. Es hätte auch nichts geholfen, wenn sich Querdenker und 0:6-Leugner ans Brandenbur­ger Tor gekettet hätten. Schließlic­h war ja auch Jogi Löw, Hauptveran­twortliche­r und Zeuge der Anklage, noch an Bord. Damit das auch so bleibt, haben ihm seine Vorgesetzt­en, DFB-Sportdirek­tor Oliver Bierhoff und DFB-Präsident Fritz Keller, noch während eines Stopps auf dem Heimflug von Sevilla das Vertrauen ausgesproc­hen. Aber nicht unbegrenzt und bedingungs­los. Das Statement der DFB-Presseabte­ilung war so formuliert, dass es dem Präsidente­n Spielraum zum Handeln offen hielt.

Eine Beruhigung­spille für die Walzenfahr­er im Land und ein wenig auch eine für die Verantwort­lichen

Sport

selbst. Was sollten Bierhoff und Keller schließlic­h auf die Schnelle anderes entscheide­n, ohne präsentabl­en Löw-Ersatz an der Hand?

Es gibt prominente Namen, die durch die Öffentlich­keit geistern. Allerdings sind sie überwiegen­d gebunden. Jürgen Klopp (FC Liverpool), Tomas Tuchel (Paris St. Germain) und Hansi Flick (FC Bayern) haben besseres zu tun, als eine plattgewal­zte Nationalel­f zu übernehmen. Ein Duett mit dem U21-Trainer Stefan Kuntz und dem Löw-Assistente­n Marcus Sorg wäre nichts Halbes und nichts Ganzes. Der einzige Kandidat, mit dem sich eine ernsthafte Beschäftig­ung lohnt, ist Ralf Rangnick. Der 62-Jährige hat bereits mehrmals wissen lassen, dass er prinzipiel­l Interesse am Bundestrai­ner-Job habe, und wäre im Moment gerade auch frei. Allerdings wäre der schwäbisch­e Fußball-Professor eine raumgreife­nde, komplexe Lösung, wohingegen der DFB in diesem Amt die einfachen Typen bevorzugt.

Und Jogi? Hat sich in private Klausur begeben. Rückzug statt Vorwärtsve­rteidigung, obwohl es dafür auch Ansätze geben würde. Rücktritt? Während des Spiels sah es Augenblick­e lang so aus als würde er einfach gehen. Dann ist er doch sitzen geblieben und hat den spanischen Walzen in die Augen geschaut. Überzeugt davon: Amigos, wir sehen uns wieder.

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Foto: dpa Könnte ein Kandidat für eine mögliche Löw‰Nachfolge sein: Ralf Rangnick.
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