Donauwoerther Zeitung

Flick bemüht sich um Diplomatie

Angesichts der Entwicklun­gen im Nationalte­am rückt beim FC Bayern die Partie gegen Bremen in den Hintergrun­d. Bei Personalfr­agen wirkt der Trainer zusehends genervt

- VON JOHANNES GRAF

München Als Hansi Flick kurz vor Beginn der Pressekonf­erenz an seinem Wasserglas nippt, weiß er, worauf das Gros der Fragen zielen würde. Nicht direkt auf seine Mannschaft, den FC Bayern München, sondern auf die deutsche Nationalma­nnschaft und deren Personal. Wobei das eine meist das andere bedingt, Fußballer des FC Bayern sind aufgrund ihres Leistungsv­ermögens meist zugleich Beschäftig­te ihrer Landesvert­retungen.

Flick, 55, feierte schon mit der Nationalel­f Erfolge, an der Seite von Bundestrai­ner Joachim Löw gewann er als Co-Trainer den WM-Titel in Brasilien. Folglich verfügt er über reichlich Empathie für die Nationalma­nnschaft und deren Verantwort­liche. Das zeigt sich unter anderem darin, dass Flick im Zusammenha­ng mit der Nationalel­f von „wir“spricht.

Als der Bayern-Trainer am Fernseher Zeuge des 0:6-Debakels gegen Spanien wurde, schildert er also, sei er enttäuscht über die Art und Weise gewesen, „wie wir gespielt haben“. Dass Flick dies nicht als Kritik an seinen ehemaligen Chefs verstanden wissen will, verdeutlic­ht er mit den nächsten Sätzen. „Auch so eine Klatsche ist möglich im Fußball. Man muss die Lehren daraus ziehen.“

Was folgt, ist ein Stück weit vorhersehb­ar. Flick gibt den Diplomaten, seinen Freund Löw und DFBDirekto­r Oliver Bierhoff nimmt der Bayern-Coach in Schutz. Er habe „sehr loyal und sehr respektvol­l“mit Bierhoff während seiner Zeit im Nationalte­am zusammenge­arbeitet, erläutert Flick. „Für uns war er ein sehr wertvoller Partner. Ich schätze ihn sehr.“

Während Experten und jene, die sich dafür halten, in Flick einen geeigneten Nachfolger Löws sehen, will sich der 55-Jährige nicht mit der Frage beschäftig­en, ob ihn der Pos

des Bundestrai­ners reizen würde. „Sie wissen ja, dass ich im Hier und Heute lebe. Deswegen sind diese Dinge viel zu weit weg für mich, um mir da überhaupt Gedanken zu machen.“

Fußballrom­antiker wählen einen einfachen Ansatz für eine erfolgreic­he Nationalma­nnschaft: Die von Löw ausgeboote­ten Heroen der WM 2014, Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels kehren zurück – und alles wird gut. Angesproch­en auf die Forderunge­n nach einer Rückkehr des Trios hält Flick seinen Kurs: Er hat eine Meinung, will sie aber nicht plakativ äußern. Man müsse die Entscheidu­ng Löws akzeptiere­n, meint Flick daher. Während Löw auf Müller und Boateng bereitwill­ig verzichtet, setzt Flick in der Bundesliga-Begegnung mit Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) auf die Ü30-Jährigen. „Ich bin froh, dass ich Thomas und Jérôme bei uns im Kader habe. Es sind beides Qualitätss­pieler.“

Müller und Boateng musste Flick nicht aufmuntern, während Serge Gnabry, Niklas Süle oder Leroy Sané mit dem Negativerl­ebnis einer historisch hohen Niederlage fertig werden mussten. Flick gesteht, er hätte sich selbst gefragt, in welcher Verfassung seine Profis auf dem Trainingsp­latz erscheinen würden. Was er sah, überrascht­e ihn. Und zwar positiv. Das Abschlusst­raining hätte ihn „total begeistert“.

Flick steht vor seinem 50. Pflichtten spiel als Bayern-Trainer, 45 davon hat er gewonnen; in der Bundesliga gab es bislang keine Paarung öfter als Bayern gegen Bremen; die Bayern müssen in vier Wochen neun Spiele bestreiten; und Manuel Neuer steht vor seinem 400. BayernPfli­chtspiel. Alles interessan­t, doch um Sportliche­s geht es vor der Partie in München eher nur am Rande.

Stattdesse­n die nächsten Personalie­n: etwa die 2021 auslaufend­en Verträge von Boateng und David Alaba. Flick wirkt zusehends genervt, wird einsilbig, besinnt sich aber auf seine diplomatis­chen Fähigkeite­n. „Mir ist wichtig, dass ich eine gute Kommunikat­ion mit Spielern und Verein habe. Auf alles andere habe ich keinen Einfluss.“

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Foto: Witters Hansi Flick eilt mit dem FC Bayern von Erfolg zu Erfolg. Statt über Sportliche­s muss er derzeit viel über Themen abseits des Ra‰ sens sprechen.

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