Die Schulden im Landkreis könnten steigen
Im Vergleich zum vorigen Jahr sind die Schulden der Bürger in der Region zwar gesunken, wie ein aktueller Report zeigt. Dessen Herausgeber sehen in Zukunft aber eine steigende Überschuldung
Landkreis Die Überschuldung der Verbraucher hat in der Region wie in ganz Deutschland 2020 trotz der Corona-Pandemie erneut abgenommen. 5,49 Prozent der Landkreisbürger können demnach ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. In einem bundes- und bayernweiten Ranking der Stadtund Landkreise, landet der Landkreis Donau-Ries damit auf dem 13. Platz. Zum Vergleich: Mit Rang sieben ist der Nachbar NeuburgSchrobenhausen noch besser, während Dillingen auf Rang 44 und der Ostalbkreis auf Rang 80 kommt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was ist mit Überschuldungsquote genau gemeint?
Die Überschuldungsquote beschreibt den Anteil überschuldeter Personen über 18 Jahren im Verhältnis zu allen Erwachsenen im Landkreis. Dies geht aus dem Schuldneratlas 2020 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor. Er kommt zu dem Schluss: Die Überschuldungslage wird sich für viele Verbraucher in Deutschland in den nächsten Jahren deutlich verschlechtern, auch wenn der aktuelle Trend noch positiv ist.
Wie hat sich die Lage im Landkreis und den Regionen in der Umgebung entwickelt?
2019 waren im Donau-Ries-Kreis noch 5,52 Prozent überschuldet. Allerdings lag die Verschuldungsquote 2015 etwa noch bei nur 5,24 Prozent, stieg dann auf 5,67 Prozent, um dann wieder auf 5,65 Prozent zu sinken. Im Landkreis Dillingen lag die Verschuldungsquote 2015 bei 6,64 Prozent, stieg die beiden folgenden Jahre auf bis zu 6,70 Prozent an und sank dann über 6,68 und 6,48 auf nunmehr 6,30 Prozent. Im Ostalbkreis hat sich die Verschuldungsquote in den vergangenen Jahren so entwickelt: 2015 lag sie bei 7,09, ein Jahr später stieg sie auf 7,24 Prozent und verharrte in den beiden beiden folgenden Jahren in diesem Bereich. Danach sank sie wieder auf jetzt 5,49 Prozent.
Wie ist diese Entwicklung einzuordnen?
„Der vermeintlich positive Befund ist allerdings kein Zeichen der Entspannung“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Auf den ersten Blick sei die aktuelle Überschuldungsentwicklung paradox, da die Corona-Pandemie und die von der Politik beschlossenen Schutzmaßnahmen die Wirtschaft in eine tiefe Rezession geschickt hätten. „Ein Ende der gesundheitspolitischen und ökonomischen Krisenlage ist angesichts des ansteigenden Infektionsgeschehens nicht absehbar – die unmittelbaren und mittelbaren Folgewirkungen werden für Wirtschaft, Gesellschaft und Verbraucher gravierender sein als die der Weltfinanzkrise 2008 und 2009“, so Hantzsch weiter. „Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise haben die Verbraucher in Deutschland weniger Geld zur Verfügung“, sagt Stephan Vila, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und Microm. „Die staatlichen Hilfsmaßnahmen haben die schlimmsten sozialen
Auswirkungen abgemildert. Und auch die erhöhte Sparneigung und Ausgabenvorsicht sowie eine größere Konsumzurückhaltung haben dafür gesorgt, dass ein flächendeckender Liquiditätsengpass bisher ausblieb.“Dennoch sei die Lage besorgniserregend angesichts von Arbeitsplatzverlusten und Kurzarbeit.
Symbolfoto: Silvio Wyszengrad
Der Lockdown im November verschärfe diese Problematik zusätzlich.
Wie wird sich die Lage in Zukunft voraussichtlich entwickeln?
„Die langfristigen Perspektiven für die Überschuldungsentwicklung sind laut Studie besorgniserregend, da die Corona-Pandemie auch eine weitere Polarisierung von Einkommen und Vermögen bewirke. Menschen mit mehr finanziellen Ressourcen könnten Einkommensausfälle kompensieren – sie sparten vermehrt, verzichteten auf Ausgaben und hielten sich beim Konsum zurück. Aber andere Personen hätten keine oder nur sehr geringe finanzielle Reserven und würden sich ver- und überschulden. Finanzielle Überlastungen deuteten sich an, die zeitlich versetzt, zu einem Anstieg der Überschuldungsfälle führen würden. Trotz positivem Gesamttrend zeigten sich auch bedenkliche Teilergebnisse. Lokale Daten liegen zwar noch nicht vor, aber der für die Region zuständige Vertriebsleiter teilt auf Anfrage mit, dass in der lokalen Betrachtungsweise sich die spezifischen Anteile nicht groß von den bundesweiten Ergebnissen unterscheiden.
Gibt es Altersunterschiede?
Das Phänomen „Altersüberschuldung“, heißt es in der Studie, gewinne nochmals stärker als in den Vorjahren an Bedeutung. Die Zahl älterer überschuldeter Verbraucher (über 50 Jahre) habe deutlich zugenommen. Die Zahl jüngerer überschuldeter Verbraucher (unter 50 Jahre) habe fast ebenso deutlich abgenommen. Zudem sei die Zahl der Überschuldungsfälle mit geringer Intensität (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen) zum vierten Mal in Folge angestiegen. Dies korrespondiere weiterhin und trotz Corona mit den Folgen einer zunehmenden Konsumverschuldung, die sich durch fast alle Altersgruppen ziehe.