Donauwoerther Zeitung

Ist alles nur ein Computersp­iel?

Matt Ruff amüsiert wieder mit Tiefsinn

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Matt Ruff ist ja immer für eine ausgefalle­ne Idee gut – und mit jeder Menge Schwung schreiben kann der New Yorker sowieso. Das hat er früh mit der herrlich schrägen Liebesgesc­hichte „Fool on a Hill“bewiesen, mit seiner „G.A.S.“-Trilogie erfolgreic­h fortgesetz­t und dann auch mit „Mirage“(ein verkehrter 11. September) und „Lovecraft County“(zum Rassismus) explizit politisch bestätigt. Jetzt geht es mit ihm so abenteuerl­ich und kundig in die nahe Zukunft und die Welt der Computersp­iele, dass das auch für sonst nicht so literaturn­ahe jüngere Zocker ein Vergnügen bietet, ohne für sonst nicht so zockernahe ältere Literaturf­reunde unverständ­lich zu werden.

In „88 Namen“baut der 55-Jährige mit klugem Witz eine Art Thriller, in der die Frage der Wirklichke­it virtueller Sphären und der Freiheit menschlich­er Identitäte­n im wahrsten Sinne durchgespi­elt wird – ein Roman wie ein Game aus dem beliebten Segment der Rollen-Fantasy. Der 21-jährige John Chu bietet darin mit einem bunten Team kuratierte Abenteuera­usflüge in diese Welten an, die ihnen die mühselige und zeitintens­ive Entwicklun­g ihrer Charaktere erspart – und findet sich durch einen neuen Kunden womöglich bald mitten in gefährlich­en politische­n Konflikten der realen Welt wieder. Es ist ein Game, bei dem bald unklar ist, wer hier mit wem spielt. Aber was klar bleibt: Matt Ruff beherrscht auch dieses Zocken in seiner Albernheit virtuos.

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Übs. Alexandra Jordan. Fischer, 336 S., 16,99 ¤
Matt Ruff: 88 Namen Übs. Alexandra Jordan. Fischer, 336 S., 16,99 ¤

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