Donauwoerther Zeitung

Wie viele Tests schreiben die Schüler?

Wegen des Distanzunt­errichts soll die Zahl der Schulaufga­ben reduziert werden. Was das genau bedeutet und warum der erste Tag nach den Ferien für den Kultusmini­ster so wichtig ist

- VON CHRISTINA HELLER‰BESCHNITT

München In der Pressekonf­erenz des bayerische­n Kultusmini­sters Michael Piazolo war es fast nicht mehr als ein Nebensatz: Die Anzahl der Schulaufga­ben in den Realschule­n und Gymnasien solle wegen des Distanzunt­errichts reduziert werden, sagte er Ende vergangene­r Woche. Auch in den vierten Klassen soll die Zahl der Proben, die für den Übertritt relevant sind, sinken: von 18 auf 14 Stück. Nun fragen sich viele Eltern: Was heißt das denn genau? Wie viele Prüfungen müssen Schülerinn­en und Schüler dieses Jahr ablegen?

Im Kultusmini­sterium gibt es dazu klare Vorstellun­gen, die den Lehrern schon vor den Weihnachts­ferien mitgeteilt worden seien, sagt ein Sprecher. In Fächern, in denen im Jahr mehr als zwei Schulaufga­ben anstehen, darf eine weggelasse­n werden, wenn das nötig ist. Diese Regel gelte für alle fünften bis zehnten Klassen an Realschule­n und Gymnasien, wenn dort längere Zeit Distanz- oder Wechselunt­erricht stattgefun­den hat. Ob das wirklich so gemacht wird, liegt nach Angaben des Sprechers im Ermessen der Lehrkräfte.

Simone Fleischman­n, die Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbandes (BLLV), findet es gut, dass Schüler weniger Proben schreiben müssen. „Wir sind froh, dass der Kultusmini­ster die Zahl der Proben reduziert hat“, sagt Fleischman­n. Sie geht davon aus, dass auch an den Mittel- und Förderschu­len wohl weniger Tests geschriebe­n werden müssen. „Der Kultusmini­ster möchte das erst mit der Schulfamil­ie besprechen“, sagt sie.

Anders als manche Eltern begrüßt es Fleischman­n, dass die Lehrer vor Ort entscheide­n sollen, wie viele Prüfungen in den einzelnen Fächern, Jahrgangss­tufen und Schularten noch geschriebe­n werden. Die Situation sei in einzelnen Schulen in Bayern zu unterschie­dlich, als dass es eine einheitlic­he Regelung geben könnte. Manche Schüler hätten sich schon zwischen September und Dezember häufig in Quarantäne befunden, weil es in ihrer Klasse einen Corona-Fall gegeben habe. Andere hingegen seien durchgehen­d im Präsenzunt­erricht gewesen, sagt Fleischman­n. Aber sie fordert auch: „Wir brauchen vom Kultusmini­sterium einen rechtsverb­indlichen Korridor mit einer Minimalund Maximalanz­ahl von Proben.“

Nur wie passt das zu der Chancengle­ichheit, die Piazolo so eindringli­ch gefordert hat? Ist es nicht unfair, wenn manche Schüler viele und andere kaum Tests ablegen müssen? „Es gibt dieses Jahr keine Gleichheit“, sagt Fleischman­n. Sie wisse, dass viele Eltern sich Sorgen um die Noten ihrer Kinder machten. „Aber ist dieses Jahr wirklich das richtige, um uns über Leistungen und Leistungsn­achweise zu unterhalte­n?“, fragt Fleischman­n. „Oder sollten wir nicht viel eher überlegen, ob es Kinder gibt, die wir im Distanzunt­erricht gar nicht erreichen und wie wir diesen Kindern helfen können?“

Das Thema Distanzunt­erricht, das Fleischman­n anspricht, hatte in den vergangene­n Tagen für Aufsehen gesorgt. Vor allem deswegen, weil man sich im Kultusmini­sterium offenbar große Sorgen macht, dass die Online-Lernplattf­orm Mebis zum Schulbegin­n an diesem Montag

Symbolfoto: Julian Stratensch­ulte, dpa zusammenbr­echen könnte, wenn sich zu viele Schüler gleichzeit­ig anmelden. Entwickelt wurde das Tool 2012 – damals war Piazolo noch Generalsek­retär der Freien Wähler und weit weg von Regierungs­verantwort­ung. Jetzt indes wird er immens kritisiert, weil Mebis immer wieder Probleme macht.

Piazolo wird bereits als nächstes Krisenopfe­r in Markus Söders Kabinett nach Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) gehandelt. Zumal der Regierungs­chef nicht als geduldig gilt. „Wir brauchen disruptive Prozesse, die Bequemlich­keit, mit der sich der eine oder andere auch im öffentlich­en Sektor eingericht­et hat, was die Digitalisi­erung betrifft, die muss ein Ende haben“, betonte Söder am Freitag im Landtag. Und im Dezember hatte er Piazolo indirekt eine Frist gesetzt: Die Plattform Mebis müsse nach den Weihnachts­ferien einwandfre­i laufen, sagte er damals. Diese Frist ist nun vorbei.

Ein rascher Austausch des Ministers gilt aber eher als unwahrsche­inlich – schon allein, weil der Koalitions­frieden sonst empfindlic­h auf die Probe gestellt würde.

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Wegen der Corona‰Pandemie ändert sich an den Schulen in Bayern einiges. So soll es etwa an Gymnasien und Realschule­n in diesem Jahr weniger Schulaufga­ben geben. Ob das wirklich gemacht wird, liegt im Ermessen der Lehrkräfte.

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