Sie macht ihr eigenes Ding – und viel für andere
Hedwig Rehm hat ein großes Herz. Mit ihren vielen Talenten ist die Frau von Rains Bürgermeister Karl Rehm in vielen Vereinen begehrtes Mitglied. Und dann beschert es ihr ein Ehrenamt, das sie selbst überrascht hat
Sie stehen lächelnd an der Seite ihrer Männer, sind perfekt gestylt in Pumps und Kostüm und repräsentieren als deren Begleitung bei offiziellen Anlässen: First Ladies, die Gattinnen regierender Staatsmänner. Oft nutzen sie auch die Aufmerksamkeit, die ihnen die Öffentlichkeit schenkt, um den Fokus auf soziale oder gesundheitliche Anliegen zu lenken. Auch in unserem Landkreis gibt es – wenn man so will – First Ladies: jene Ehefrauen nämlich, die unseren führenden Kommunalpolitikern den Rücken gleichermaßen freihalten wie stärken. Doch entsprechen sie dem gängigen Klischee? In dieser Serie wollen wir sie vorstellen. Heute gibt es Antwort auf die Frage: Wer ist eigentlich die Gattin des Rainer Bürgermeisters Hedwig Rehm?
Rain Wer bei den Rehms zu Gast sein darf, dem springt die Herzlichkeit der Hausherrin sogleich entgegen. Feines Selbstgebackenes und eine Tasse Kaffee stehen auf dem Tisch, der Besucher sitzt in der gemütlichen Essecke und kommt schnell ins Gespräch mit ihr, Hedwig Rehm, Frau des Bürgermeisters der Stadt Rain, Mutter zweier erwachsener Kinder und so erfrischend geraderaus.
Als ihr Mann im zweiten Anlauf zum Bürgermeister der Stadt gewählt wurde, hatte sie sich schon darauf eingestellt, dass er weniger als sonst zu Hause sein würde. Schon als aktiver Stadtrat und voll berufstätig war er ja viel unterwegs gewesen. Die vielen Veranstaltungen, die normalerweise bei einem Rathauschef im Terminkalender stehen, sind nur auf Zeiten nach der Pandemie verschoben. Das weiß die 53-Jährige.
Dass ihr Mann jetzt der Chef im Rathaus ist, hat ihr Leben nicht wirklich verändert. Allerdings sind zu ihren vielen Aktivitäten noch ein paar dazugekommen. Denn traditionell unterstützt die First Lady der Stadt Rain die Besuche bei den Jubilaren – ob 80. Geburtstag oder goldene Hochzeit. Hedwig Rehm gratuliert gerne im Namen der Stadt Rain und hat sich dafür neue Präsente überlegt, die das Rathaus ihren besonderen Bürgern überreichen kann.
Und so hat sie nicht selten drei bis vier Termine die Woche, bringt im Auftrag der Stadt Rain Tee vom Eisenwaren Albrecht in einer schönen Tasse oder eine LED-Wachskerze mit Rainer Stadtsilhouette. Bewusst berücksichtigt sie Händler und Künstler aus der Region. „Die Außenwirkung spielt da durchaus eine
Rolle“, sagt sie. Aber auch privat fühlt sie sich verpflichtet, regional einzukaufen – heute mehr denn je. „Das habe ich schon immer praktiziert, vielleicht weil ich selbst aus einem Hof mit Landwirtschaft stamme“, sagt Rehm. Im Lockdown hat sie ihre letzten Weihnachtsgeschenke aus den örtlichen Geschäften an die Tür liefern lassen.
Groß geworden ist Hedwig Rehm in Gempfing mit zwei weiteren Schwestern. Bis heute ist sie dort verwurzelt, weil ihre Eltern und eine Schwester noch dort leben. Sie war über Jahre Mitglied im Singkreis Gempfing, hat einst sogar ihren Mann dorthin gebracht. Aktuell singt sie aus Zeitgründen lediglich im örtlichen Kirchenchor mit. Und wenn eine Veranstaltung des Fördervereins Gempfinger Pfarrhof stattfindet, packt sie mit an oder bringt ihr Backtalent mit ein.
Ihren Karl hat sie beim Tanz im Reicherstein kennengelernt. Sie waren beide jung, Hedwig Rehm war damals erst 16 Jahre alt. „Wir sind miteinander erwachsen geworden“, sagt sie rückblickend. Die gleichen Interessen für die Kultur, die Musik und gemeinsame Reisen haben sie über die vielen Jahre eng zusammenwachsen lassen.
Während ihr Mann viel Zeit und die Wochenenden für das Fortkommen im Beruf aufgewandt hat, war die Familie eine Zeit lang ihre Hauptaufgabe. Doch Johannes und Katharina studieren und sind mittlerweile erwachsen. Nur aufgrund der Pandemie ist die Tochter jetzt wieder längere Zeit im Nest der Eltern. Hedwig Rehm war immer berufstätig, hat Bürokauffrau beim Dehner gelernt. Als sie für die Rainer Firma zusammen mit namhaften Kosmetikherstellern in Augsburg und München Kosmetiktaschen jeglicher Ausführung entwickelte, kam sie viel herum. Sie verbesserte ihr Englisch und schloss Freundschaft mit einem Geschäftspartner in Hongkong, die bis heute Bestand hat. Er war sogar einmal zu Besuch in Rain, und sie selbst reiste nach Hongkong – sie sah die Stadt, wie sie heute nicht mehr existiert. Heute arbeitet sie am Empfang der Stahlbaufirma Sandmeir in Rain.
Kontakte in die weite Welt oder das Netzwerk vor Ort – Hedwig Rehm ist in vielen Kreisen aktiv. Mit ihrer Faschingsgruppe ist sie seit mehr als 20 Jahren im Rainer Fasching unterwegs. Seitdem ihre Kinder klein waren, pflegt sie einen Stammtisch mit 16 Freundinnen. Um den Kreis der damals jungen Mütter hat sich ein dickes Band geschlungen, das die Freundinnen in Zeiten des Abstandhaltens zusammenhält. „Wir helfen uns gegenseitig, überlegen uns Abwechslung und bauen uns auf, wenn es fad wird“, verrät Rehm. Das monatliche Treffen, gemeinsame Kinobesuche – das alles ist aktuell nicht möglich. Aber das Menschliche, das Miteinander, mit kleinen Dingen zu helfen – das kommt nach wie vor nicht zu kurz.
2014 packte sie mit an, als viele Flüchtlinge nach Rain kamen. Rehm engagierte sich beim Helferkreis Rain. Sie unterstützte das Begegnungscafé Regenbogen, mobilisierte über Monate regelmäßig 60
Bäckerinnen, die ihre Kuchen spendeten, und backte auch selbst. „Das war eine tolle Sache, und es funktionierte für alle Seiten: die Asylbewerber, die Senioren, die Katholiken oder Protestanten“, erzählt sie heute. Ihr hat es besonders gut gefallen, dass jeder in diesem Café willkommen war. Beim Brettspiel oder einer Tasse Kaffee gab es viele herzliche Begegnungen, die Mut machten. Heute sind die Flüchtlinge weg, längst hat sich das Begegnungscafé von einst zerschlagen, doch geblieben ist ein Ü60-Treff.
Geblieben war Hedwig Rehm ein junger Afghane namens Hassan, der sich taufen lassen wollte. Sie überzeugte den Pfarrer, organisierte für den jungen Mann Religionsunterricht und spielte Fahrdienst. Mehrere Monate begleitete sie seinen Weg bis zum Sakrament, wurde sogar seine Patin. Und so kam es, dass Hedwig Rehm plötzlich begehrte Kandidatin für den Pfarrgemeinderat wurde. Der Pfarrer erkannte schnell, dass sie ein Organisationstalent ist, blieb an ihr dran, und irgendwann stimmte sie zu: „Das hatte ich so nie geplant. Aber jetzt helfe ich gerne mit.“
Patin eines Flüchtlings aus Afghanistan