Donauwoerther Zeitung

Ein Bewahrer und Modernisie­rer zugleich

Armin Laschet würde als CDU-Vorsitzend­er für eine Fortsetzun­g der Merkelsche­n Politik eintreten. Das ist für die einen ein Verspreche­n, für die anderen eher eine Drohung

- VON STEFAN LANGE

Berlin Wahlkampf ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven und der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet bekommt das gerade besonders zu spüren. Zur Kritik an seiner Amtsführun­g, dem fast schon üblichen Spott, der Häme in den sogenannte­n sozialen Netzwerken gesellen sich auch besonders krude Vorwürfe. Etwa der, Laschet sei ein Unterstütz­er der ultranatio­nalistisch­en und rassistisc­hen türkischen Bewegung „Graue Wölfe“. Am Menschen Armin Laschet perlt das alles nicht so einfach ab, am Bewerber für den CDU-Vorsitz darf das hingegen keine Spuren hinterlass­en. Am Samstag entscheide­t sich, ob Laschet neuer Parteichef wird. Viele Umfragen sprechen nicht zwingend für ihn, anderersei­ts sammeln sich seine Unterstütz­er. Ein Blick auf die ersten Jahre der damaligen Parteichef­in Angela Merkel gibt außerdem Hinweise, dass Laschets Chancen so schlecht wohl nicht sind, in ihre Fußstapfen zu treten.

Die nackten Zahlen zeigen den ehemaligen Unionsfrak­tionsvorsi­tzenden Friedrich Merz vorne. Laschet allerdings hat in den letzten Wochen ordentlich aufgeholt und liegt mit Norbert Röttgen, dem dritten Bewerber, etwa gleichauf. Laschets Rückstand auf Merz beträgt nur wenige Punkte. Das scheint erstens aufholbar zu sein. Zweitens ist das individuel­le Abstimmung­sverhalten der 1001 Delegierte­n durch Umfragen nicht zu erfassen. Die meisten von ihnen sind Amts- und Funktionst­räger, ihre Gedanken über die Zukunft der Partei verbinden sich eng mit denen an die eigene Zukunft. Und die wiederum birgt bis zum 26. September bei sechs Landtagswa­hlen und einer Bundestags­wahl zahlreiche Unwägbarke­iten. In Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz etwa könnte es

Mitte März für die Christdemo­kraten durchaus mit ärgerliche­n Ergebnisse­n enden.

Beim Thema Wahl ist vielen Delegierte­n das Jahr 2005 noch in mahnender Erinnerung. Damals drang die Opposition­sführerin Angela Merkel auf massive strukturel­le Veränderun­gen in Deutschlan­d und trieb ihre Union zum wohl forscheste­n Wahlprogra­mm überhaupt. Die Worte Dynamik und Umbau standen in den Überschrif­ten. Merkel wollte wenig Staat und viel Eigenveran­twortung, das allem übergeordn­ete Ziel lautete: Wachstum, Wachstum und noch mal Wachstum. Das hörte sich damals in der Partei Ludwig Erhardts alles frech und modern an. Doch Merkels neoliberal­er Vollgaskur­s hätte die Union fast vor die Wand gefahren. CDU und CSU siegten 2005 zwar, aber nur denkbar knapp mit einem Prozentpun­kt vor der SPD.

Der Schock darüber hallt immer noch nach und wird viele Delegierte womöglich dazu bewegen, ihre Stimme demjenigen zu geben, der nicht noch einmal ein solch waghalsige­s Experiment versucht. Vor allem Merz könnte angesichts seiner Äußerungen als Vertreter für einen konsequent­en Wachstumsk­urs und damit als potenziell­er Wählerschr­eck angesehen werden. Laschet hingegen gilt vielen als der moderatere Politiker. Das jüngst von ihm und seinem Unterstütz­er Jens Spahn vorgelegte Impulspapi­er wird vielfach ebenfalls in diese Richtung interpreti­ert.

Im Gespräch mit CDU-Politikern werden Laschet außerdem Eigenschaf­ten zugesproch­en, mit denen auch Merkel punktete. Wichtigtue­rei und Starallüre­n seien nicht Laschets Ding, heißt es etwa. Als Vorzug gegenüber Röttgen wird die Regierungs­erfahrung des 59-Jährigen genannt, der in gut einem Monat 60 wird. Die amtierende CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r ließ aus diesem Grund gerade im FAZ-Interview erst Sympathien für Laschet erkennen. Einer, der ganz offen spricht, ist Hermann Gröhe.

Als erfahrener und langjährig­er

Kenner der CDU mahnt Hermann Gröhe zur Besonnenhe­it in der Kandidaten-Debatte. Die Frage nach einer Wahlempfeh­lung wolle er gerne beantworte­n, nicht aber Öl ins Feuer gießen, sagt der ehemalige Bundesgesu­ndheitsmin­ister unserer Redaktion. „Ich kenne alle drei seit mehr als 25 Jahren und schätze sie sehr“, erklärt der Nordrhein-Westfale, der seit 1977 der CDU angehört, dabei Generalsek­retär der Bundes-CDU war und derzeit unter anderem CDU-Vorstandsm­itglied sowie Unionsfrak­tionsvize ist. Mit den drei Kandidaten verbinde ihn ein freundscha­ftliches Verhältnis, das bis in die Zeiten bei der Jungen Union zurückreic­he, erklärt Gröhe, der der Nachwuchso­rganisatio­n schon 1975 beitrat und viele Jahre ihr Vorsitzend­er war.

„Ich bin für Armin Laschet“, sagt Gröhe und begründet das unter anderem so: „Armin Laschet ist in der Lage, die CDU erfolgreic­h als Volksparte­i zu erneuern.“Nach der Ära Merkel dürfe die CDU stolz auf das sein, was in der Vergangenh­eit erreicht worden sei. „Aber man muss auch mutig und bereit sein, mit der CDU neue Wege zu gehen“, sagt Gröhe. Laschet könne beides: „Er verteidigt Bewährtes, ist aber auch ein Modernisie­rer.“Als Ministerpr­äsident habe Laschet unter Beweis gestellt, dass er Menschen erfolgreic­h zusammenfü­hren könne. Es gebe im Bundesland viele Erfolge in der Wirtschaft­spolitik, eine klare Kante bei der Inneren Sicherheit, gleichzeit­ig betreibe der Landeschef eine moderne Gesellscha­fts- und Sozialstaa­tspolitik. Laschet zeichne außerdem eine klare Wertehaltu­ng aus, er sei durchsetzu­ngsstark und habe dabei Respekt vor anderen. „Armin Laschet führt – und er führt zusammen“, bringt Gröhe seine Argumente auf den Punkt.

Die Zahl der Laschet-Unterstütz­er wächst derweil stetig. Der hessische Ministerpr­äsident Volker Bouffier sprach sich dem Vernehmen nach ebenso für Armin Laschet aus wie die Spitze der Frauen Union. Letzteres könnte Laschet vor allem deshalb helfen, weil rund ein Drittel der Delegierte­n weiblich ist. Im mächtigen NRW-Landesverb­and der CDU, dem auch Norbert Röttgen und Friedrich Merz entspringe­n und der rund ein Drittel der Delegierte­n aufbringt, stellten sich mit Dennis Radtke, Ina Scharrenba­ch und Hendrik Wüst die Landesvors­itzenden der Christlich-Demokratis­che Arbeitnehm­erschaft CDA, der Frauen Union sowie der Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion und damit drei weitere einflussre­iche Fürspreche­r auf Armin Laschets Seite.

Die Delegierte­n dürften Experiment­e scheuen

Gröhe unterstütz­t Armin Laschet

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Foto: Caroline Seidel, dpa Hat er das Zeug zum nächsten CDU‰Vorsitzend­en? Am Samstag wird Armin Laschet Klarheit haben.

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