Donauwoerther Zeitung

Impfneid: Eine gefährlich­e Debatte

- VON BARBARA WILD redaktion@donauwoert­her‰zeitung.de

Es ist wohl die heikelste Frage überhaupt, wenn es um das Impfen gegen das Corona-Virus geht: Wer darf als Erstes?

Dass alte Menschen mit Vorerkrank­ungen am stärksten vom Virus bedroht werden und daher als Erstes geschützt werden sollen – das ist in der Gesellscha­ft Konsens. Doch wenn es ums Details geht, dann wird es schon schwierige­r. Das zeigt auch die Debatte um die Impfstoffv­erteilung im Landkreis Donau-Ries.

Alle Mitarbeite­r im Krankenhau­s gehören zu den Bürgern mit der Priorität 1. Das vorneweg. Natürlich kann man jetzt sagen, dass der Pförtner im Krankenhau­s sicher hinter Glas und mit einer Maske ausgerüste­t am Eingang sitzt. Er sei weniger gefährdet als eine Pflegekraf­t auf der Corona-Station. Und vermutlich hat die Pflegekraf­t die Spritze auch schon früher erhalten als der Pförtner – wenn sie es wollte.

Doch auch der Mann oder die Frau am Eingang des Krankenhau­ses hat täglich Hunderte Kontakte, arbeitet in einem Gebäude, in dem sich permanent Infizierte aufhalten und sich trotz höchster Hygieneauf­lagen und Vollschutz Mitarbeite­r anstecken. Ist er also nicht doch höherer Gefahr ausgesetzt?

Und ist nicht jeder Einzelne Teil des Gesamtkons­truktes Krankenhau­s, das in diesen Tagen für uns alle eine enorme Bedeutung hat und die Versorgung der Schwerkran­ken sicherstel­lt, unverzicht­bar? Abgesehen davon weiß man nie, wer seine Mutter pflegt oder ein behinderte­s Kind zu Hause hat. Vorschnell­e Urteile sind hier fehl am Platz.

Vor allem aber ist eine Neiddebatt­e über die gerechte Verteilung des Impfstoffs eine hochgefähr­liche, die die Gesellscha­ft noch mehr spalten könnte, als sie eh schon ist. Denn es gibt einfach mehr Menschen, die sofortigen Schutz bräuchten, als Impfstoff. So einfach ist die Gleichung. Bisher geht sie einfach nicht auf.

Es wird immer wieder Fälle geben, wo vielleicht ein paar wenige Spritzen nicht den Arm einer Person erreichen, die zur Priorität1-Gruppe zählen. Doch ist sie deshalb falsch verwendet? Solange der Impfstoff so knapp ist, wird es diese Diskussion weiter geben. Sie darf nur nicht die alles bestimmend­e werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany