Gearbeitet wird jetzt im Feuerwehrhaus
Beim Dominikus-Ringeisen-Werk wurden die Gruppen neu zusammengestellt, um Wohn- und Arbeitsgruppen zusammenzubringen und Kontakte zu minimieren
Nordendorf Gerhard, Martin, Dominik und Thomas sind ein eingespieltes Team. Sie leben gemeinsam in einer Wohngruppe des DominikusRingeisen-Werks (DRW) in Nordendorf und haben es gar nicht mehr weit zur Arbeit. Ihre neue und auch gemeinsame Arbeitsstelle befindet sich nämlich nun im Schulungsraum des Feuerwehrhauses der Freiwilligen Feuerwehr Nordendorf.
Warum sie dort nun die Verpackung von Kosmetikprodukten bekleben und Bernhard Christi, der sich für die DRW-Werkstatt und -Förderstätte verantwortlich zeichnet, direkt am Dienstag einen weiteren, eiligen Auftrag vorbeibringt, hat einen nur auf den zweiten Blick ersichtlichen Grund – nämlich das Coronavirus und die Kontaktreduzierung. Zur Wohngruppe Nordendorf gehören Gerhard, Martin, Dominik und Thomas sowie ein weiterer Mitbewohner, der derzeit Urlaub hat. Die Kombination aus Wohn- und Arbeitsgruppe ist eines der letzten Puzzleteile, die Christi zusammengesetzt hat, um möglichst homogene Gruppen für Werkstattmitarbeiter und sogar diejenigen zu schaffen, die normalerweise die Förderstätte besuchen.
Nötig wurde diese Umverteilung vor allem deswegen, weil Gruppenstärken von zwölf Personen in Corona-Zeiten undenkbar waren und auch die Räumlichkeiten auf Holzen eine Teilung der Gruppen nicht durchgängig möglich machten. Selbst im Neubau, der gerade an der Raiffeisenstraße in Meitingen entsteht und nun doch nicht wie geplant in den Faschingsferien bezogen werden kann, hätten die Gruppen nur bei der Arbeit getrennt werden können. Sanitäranlagen und die Küche wären gemeinsam genutzt worden.
Um aber zu erreichen, dass Wohn- und Arbeitsgruppen ausschließlich aus denselben Personen bestehen, suchte Christi nach weiteren Räumlichkeiten. Zudem agieren nun auch Springer als Betreuer, und Simon Uhl, der eigentlich mitten im Studium zum Grundschullehrer steckt, hilft aus und betreut vormittags die Nordendorfer Wohn- und Arbeitsgruppe im Feuerwehrhaus.
„Alle sollten weiterhin Beschäftigung haben“, erklärt Christi die Intention seiner Bemühungen. Zudem sollte nach einem positiven CoronaTest sichergestellt werden, dass die Gruppe der Betroffenen möglichst klein ist. Beides gelang. Erst im Dezember erhielt der Bewohner einer DRW-Wohngruppe einen positiven Testbescheid. Auch ein Großteil der Mitbewohner wurde positiv getestet. Auf eine andere Gruppe ging das Virus jedoch nicht über. Die Bewohner der zwei Meitinger Wohngruppen in der Gartenstraße und in der St.-Wolfgang-Straße gehen ebenfalls im Verband ihrer jeweiligen Wohngruppen in ihre Arbeitsgruppen. Beide Arbeitsgruppen befinden sich in der Meitinger Hauptstraße, aber in ganz unterschiedlichen Ecken. Die Nordendorfer Wohngruppe arbeitet seit Montag im örtlichen Feuerwehrhaus. Den
Tipp hat Christi von Renate Grundgeir erhalten, die von dem derzeit ungenutzten Seminarraum wusste. Denn auch für die Floriansjünger sind coronabedingt keine Veranstaltungen möglich. Christi schwärmt von den „unbürokratischen Abläufen“mit der Gemeinde Nordendorf und der Feuerwehr. Nordendorfs Bürgermeister Tobias Kunz erklärt auf Rückfrage: „Die Beziehung zum DRW ist bereits seit Jahren sehr gut – hier unterstützen wir natürlich gern.“
Und wie gefällt es Gerhard, Martin, Dominik und Thomas im lichtdurchfluteten Obergeschoss des Feuerwehrhauses? Einstimmig erklären die vier Männer, dass sie den Raum sehr mochten, weil er groß und hell ist. Dass sie sich nun zu Hause in der Wohngemeinschaft und in der Arbeit sehen, sei kein Problem. Schließlich habe zu Hause jeder sein Zimmer und könne sich zurückziehen. Mit den Freunden aus Holzen hält man telefonisch Kontakt – oder gratuliert zum Geburtstag, wie Dominik erzählt. Und doch ist es eine Umstellung für die Männer. Gerhard war vorher in der Landschaftspflege tätig, stürzt sich aber auch engagiert auf die neuen
Aufgaben – und erklärte sich sofort bereit, Autobauteile für die Lüftung zusammenzustecken, denn genau diese Aufgabe sei für Christi gerade noch brisanter als die Kosmetikartikel. Die größte Umstellung ist die Arbeitsgruppe für Thomas, denn er besucht unter normalen Bedingungen eigentlich die Förderstätte in Holzen.
Eben dort ist zeitgleich ein weiteres „Experiment“angelaufen, wie Christi das bezeichnet, was er in seiner 30-jährigen Laufbahn noch nie gemacht hat. Um die sieben Wohngruppen in Arbeitsgruppen zusammenzufassen, bestreiten seit Anfang der Woche Werkstattgänger und Förderstättengänger ihren Alltag gemeinsam.
Der erste Tag sei gut verlaufen, verrät Christi. Weiterhin bleibe zu beobachten, ob das Experiment glückt, denn dieser weitere Baustein, um homogene Wohn- und Arbeitsgruppen zu kreieren, bedeutet auch, dass schwerst mehrfachbehinderte Menschen, die in der Förderstätte eine Tagesstruktur mit Spaziergängen und Kreativangeboten erleben, nun ihren Tag mit den Werkstattgängern verbringen, bei denen die Arbeit im Fokus steht.