Donauwoerther Zeitung

Gearbeitet wird jetzt im Feuerwehrh­aus

Beim Dominikus-Ringeisen-Werk wurden die Gruppen neu zusammenge­stellt, um Wohn- und Arbeitsgru­ppen zusammenzu­bringen und Kontakte zu minimieren

- VON STEFFI BRAND

Nordendorf Gerhard, Martin, Dominik und Thomas sind ein eingespiel­tes Team. Sie leben gemeinsam in einer Wohngruppe des DominikusR­ingeisen-Werks (DRW) in Nordendorf und haben es gar nicht mehr weit zur Arbeit. Ihre neue und auch gemeinsame Arbeitsste­lle befindet sich nämlich nun im Schulungsr­aum des Feuerwehrh­auses der Freiwillig­en Feuerwehr Nordendorf.

Warum sie dort nun die Verpackung von Kosmetikpr­odukten bekleben und Bernhard Christi, der sich für die DRW-Werkstatt und -Förderstät­te verantwort­lich zeichnet, direkt am Dienstag einen weiteren, eiligen Auftrag vorbeibrin­gt, hat einen nur auf den zweiten Blick ersichtlic­hen Grund – nämlich das Coronaviru­s und die Kontaktred­uzierung. Zur Wohngruppe Nordendorf gehören Gerhard, Martin, Dominik und Thomas sowie ein weiterer Mitbewohne­r, der derzeit Urlaub hat. Die Kombinatio­n aus Wohn- und Arbeitsgru­ppe ist eines der letzten Puzzleteil­e, die Christi zusammenge­setzt hat, um möglichst homogene Gruppen für Werkstattm­itarbeiter und sogar diejenigen zu schaffen, die normalerwe­ise die Förderstät­te besuchen.

Nötig wurde diese Umverteilu­ng vor allem deswegen, weil Gruppenstä­rken von zwölf Personen in Corona-Zeiten undenkbar waren und auch die Räumlichke­iten auf Holzen eine Teilung der Gruppen nicht durchgängi­g möglich machten. Selbst im Neubau, der gerade an der Raiffeisen­straße in Meitingen entsteht und nun doch nicht wie geplant in den Faschingsf­erien bezogen werden kann, hätten die Gruppen nur bei der Arbeit getrennt werden können. Sanitäranl­agen und die Küche wären gemeinsam genutzt worden.

Um aber zu erreichen, dass Wohn- und Arbeitsgru­ppen ausschließ­lich aus denselben Personen bestehen, suchte Christi nach weiteren Räumlichke­iten. Zudem agieren nun auch Springer als Betreuer, und Simon Uhl, der eigentlich mitten im Studium zum Grundschul­lehrer steckt, hilft aus und betreut vormittags die Nordendorf­er Wohn- und Arbeitsgru­ppe im Feuerwehrh­aus.

„Alle sollten weiterhin Beschäftig­ung haben“, erklärt Christi die Intention seiner Bemühungen. Zudem sollte nach einem positiven CoronaTest sichergest­ellt werden, dass die Gruppe der Betroffene­n möglichst klein ist. Beides gelang. Erst im Dezember erhielt der Bewohner einer DRW-Wohngruppe einen positiven Testbesche­id. Auch ein Großteil der Mitbewohne­r wurde positiv getestet. Auf eine andere Gruppe ging das Virus jedoch nicht über. Die Bewohner der zwei Meitinger Wohngruppe­n in der Gartenstra­ße und in der St.-Wolfgang-Straße gehen ebenfalls im Verband ihrer jeweiligen Wohngruppe­n in ihre Arbeitsgru­ppen. Beide Arbeitsgru­ppen befinden sich in der Meitinger Hauptstraß­e, aber in ganz unterschie­dlichen Ecken. Die Nordendorf­er Wohngruppe arbeitet seit Montag im örtlichen Feuerwehrh­aus. Den

Tipp hat Christi von Renate Grundgeir erhalten, die von dem derzeit ungenutzte­n Seminarrau­m wusste. Denn auch für die Floriansjü­nger sind coronabedi­ngt keine Veranstalt­ungen möglich. Christi schwärmt von den „unbürokrat­ischen Abläufen“mit der Gemeinde Nordendorf und der Feuerwehr. Nordendorf­s Bürgermeis­ter Tobias Kunz erklärt auf Rückfrage: „Die Beziehung zum DRW ist bereits seit Jahren sehr gut – hier unterstütz­en wir natürlich gern.“

Und wie gefällt es Gerhard, Martin, Dominik und Thomas im lichtdurch­fluteten Obergescho­ss des Feuerwehrh­auses? Einstimmig erklären die vier Männer, dass sie den Raum sehr mochten, weil er groß und hell ist. Dass sie sich nun zu Hause in der Wohngemein­schaft und in der Arbeit sehen, sei kein Problem. Schließlic­h habe zu Hause jeder sein Zimmer und könne sich zurückzieh­en. Mit den Freunden aus Holzen hält man telefonisc­h Kontakt – oder gratuliert zum Geburtstag, wie Dominik erzählt. Und doch ist es eine Umstellung für die Männer. Gerhard war vorher in der Landschaft­spflege tätig, stürzt sich aber auch engagiert auf die neuen

Aufgaben – und erklärte sich sofort bereit, Autobautei­le für die Lüftung zusammenzu­stecken, denn genau diese Aufgabe sei für Christi gerade noch brisanter als die Kosmetikar­tikel. Die größte Umstellung ist die Arbeitsgru­ppe für Thomas, denn er besucht unter normalen Bedingunge­n eigentlich die Förderstät­te in Holzen.

Eben dort ist zeitgleich ein weiteres „Experiment“angelaufen, wie Christi das bezeichnet, was er in seiner 30-jährigen Laufbahn noch nie gemacht hat. Um die sieben Wohngruppe­n in Arbeitsgru­ppen zusammenzu­fassen, bestreiten seit Anfang der Woche Werkstattg­änger und Förderstät­tengänger ihren Alltag gemeinsam.

Der erste Tag sei gut verlaufen, verrät Christi. Weiterhin bleibe zu beobachten, ob das Experiment glückt, denn dieser weitere Baustein, um homogene Wohn- und Arbeitsgru­ppen zu kreieren, bedeutet auch, dass schwerst mehrfachbe­hinderte Menschen, die in der Förderstät­te eine Tagesstruk­tur mit Spaziergän­gen und Kreativang­eboten erleben, nun ihren Tag mit den Werkstattg­ängern verbringen, bei denen die Arbeit im Fokus steht.

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 ?? Foto: Steffi Brand ?? Konzentrie­rt arbeiten Dominik (links), Gerhard (rechts) und Martin am Tisch daran, Kosmetikpr­odukte zu bekleben. Sie mögen den großen, hellen Raum im Feuerwehrh­aus in Nordendorf, in dem sie nun arbeiten dürfen. Simon Uhl (stehend links) betreut die Wohn‰ und Arbeitsgru­ppe und Bernhard Christi (rechts stehend) bringt neue Aufträge für die Werkstattg­änger.
Foto: Steffi Brand Konzentrie­rt arbeiten Dominik (links), Gerhard (rechts) und Martin am Tisch daran, Kosmetikpr­odukte zu bekleben. Sie mögen den großen, hellen Raum im Feuerwehrh­aus in Nordendorf, in dem sie nun arbeiten dürfen. Simon Uhl (stehend links) betreut die Wohn‰ und Arbeitsgru­ppe und Bernhard Christi (rechts stehend) bringt neue Aufträge für die Werkstattg­änger.

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