Für Armin Laschet beginnt der harte Alltag
Der neue CDU-Chef steht vor einer Reihe gewaltiger Herausforderungen – scheitert er an ihnen, hat Markus Söder im Rennen um die Merkel-Nachfolge die Nase vorn. So will er seinen Widersacher Friedrich Merz einbinden
Berlin Als der frisch gebackene Chef des Berliner Konrad-AdenauerHauses am Montagnachmittag ans Rednerpult im Foyer tritt, wirkt er aufgeräumt und bestens gelaunt. Armin Laschet, seit Freitag auch ganz offiziell CDU-Vorsitzender, weist erst einmal darauf hin, dass er zum letzten Mal am 15. Mai 2017 hier war. Damals hatte er gerade die Landtagswahl seiner zuvor SPD-geführten Heimat Nordrhein-Westfalen gewonnen. Seht her, soll das wohl heißen, hier steht jemand, der erfolgreich Wahlkampf machen kann. Ein Sieger. Dann bedankt er sich für die rund 80 Prozent Zustimmung, die er bei der aus rein formellen Gründen notwendigen Bestätigung seiner Wahl zum Parteichef per Brief erzielt hat. Eine breite Mehrheit, eine „wichtige Rückendeckung im Wahljahr“, findet Laschet. Die knappen 52,6 zu 47 Prozent, mit denen er am 16. Januar im zweiten Wahlgang beim digitalen Parteitag seinen Widersacher Friedrich Merz hinter sich ließ, erwähnt er nicht. Nach dem gelungenen Parteitag, sagt er, gelte es nun, mit der Arbeit zu beginnen.
Erste Sitzungen des Parteipräsidiums und des größeren Vorstands hat der Aachener da bereits hinter sich. Beschäftigt hat sich die CDUSpitze, so berichtet er anschließend, mit der Corona-Lage und den Sorgen, die die gefährlichen Virus-Mutationen der Regierung bereiten. Laschet spricht über seine Hoffnung auf einen Neustart in den Beziehungen zu den USA nach der Wahl von
Joe Biden, fordert die Freilassung des russischen Oppositionellen Nawalny. Auch hier ist die Botschaft klar: Ab heute regiert Armin Laschet eines der wichtigsten Länder der Welt mit, als Vorsitzender der stärksten Regierungspartei und Kanzler in spe. Generalsekretär Paul Ziemiak und seinen CSU-Kollegen Markus Blume hat er bereits mit der Erstellung eines Wahlprogramms für die Union beauftragt.
Laschet aber muss erst einmal Kanzlerkandidat werden. Und bis dahin könnte es für den 59-Jährigen noch ein steiniger Weg werden. Die Erwartungen an ihn sind so gewaltig wie vielschichtig, und teils widersprechen sie sich auch. Überall lauern kleine Fettnäpfchen und große Tretminen. Ob er zum nächsten Bundeskanzler wird oder zu einer unbedeutenden Fußnote in der Chronik der CDU, entscheidet sich daran, wie geschickt er in den kommenden Wochen seine zahlreichen Herausforderungen angeht.
Am drängendsten ist die Frage, wie er nach dem knappen Erfolg gegen Friedrich Merz eine Spaltung der CDU verhindern kann. Laschet muss auf seinen Widersacher zugehen. Denn der deutlich konservativer auftretende Merz hat viele Anhänger: Etwa im mächtigen Wirtschaftsflügel der CDU und bei der Jungen Union. In Baden-Württemberg, wo bereits im März der Landtag gewählt wird, ist Merz besonders populär. Müsste Laschet eine frühe Wahlschlappe mitverantworten, könnten seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur empfindlich leiden. Wie er die Merz-Anhänger versöhnen will, hat Laschet am Samstag in Stuttgart gezeigt. Auf dem baden-württembergischen CDU-Landesparteitag sagte er: „Ich bin auch Friedrich-Merz-Fan.“Am Montag berichtet er dann, dass es in Baden-Württemberg neue Parteieintritte gegeben habe. Merz’ Einbindung aber ist schwierig. Den
Posten des Bundeswirtschaftsministers, den Merz gern übernommen hätte, bekam er nicht, ins CDUPräsidium wollte Merz nicht. „Er wird seinen Platz finden“, kündigt Laschet an.
Ebenfalls gewählt wird im März in Rheinland-Pfalz, wo die CDU die populäre Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD herausfordert.
Auch dort war Laschet am Wochenende bereits auf Werbetour.
Noch weit verzwickter ist die Lage für den Rheinländer im Osten der Republik. Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern wählen ebenso wie Berlin später im Jahr neue Landesregierungen. In den neuen Bundesländern sind Linkspartei und AfD deutlich stärker als im Westen, der CDU gehen die Koalitionsoptionen aus, weil sie mit beiden nicht zusammenarbeiten will. Die Ost-CDU hätte sich Merz als Parteichef gewünscht. Hier steht Laschet noch viel Überzeugungsarbeit bevor. Baustellen gibt es aber auch in der Heimat, schließlich ist er weiterhin
Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes – und das in Zeiten der Pandemie. Fragen nach Pannen beim Corona-Impfstart in Nordrhein-Westfalen kommen Laschet merklich ungelegen. Abgeben will er das Amt des NRWLandesvaters wohl nicht. Ob er im Herbst Angela Merkel beerben kann, wird deshalb auch von seinen Erfolgen im Kampf gegen Corona abhängen. Hier steht er in direkter Konkurrenz zu Markus Söder.
Mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Schwesterpartei CSU muss sich Laschet darüber einigen, wer für die Union als Kanzlerkandidat antritt. Söder beteuert zwar, dass er keine Ambitionen hat, doch das nehmen viele dem Machtmenschen aus Franken nicht ab. Ob Söder mit Laschet an einem Strang oder aber im Hintergrund die Fäden gegen ihn zieht, ist ungewiss. Schlechte Wahlergebnisse, etwa in Baden-Württemberg, Umfragewerte, die eindeutig für Söder sprechen – schon wäre Laschet in der Defensive. Im Zusammenhang mit der CoronaPandemie spricht er am Montag von einer „unkalkulierbaren Lage“– was auch seine eigene Situation recht genau beschreibt.
Er tritt schon wie ein Kanzlerkandidat auf
In Ostdeutschland trauern sie Merz hinterher