Donauwoerther Zeitung

Tauziehen um Taiwan

Militärisc­hes Säbelrasse­ln zwischen USA und China

- VON FABIAN KRETSCHMER

Peking Pekings Staatsführ­ung wartete wenige Minuten nach Joe Bidens Inaugurati­on ab, um obligatori­sche Glückwünsc­he zu übermittel­n. Aber 12000 Kilometer östlich begrüßte sie den neuen US-Präsidente­n mit einer Machtdemon­stration: Acht Bomber, vier Kampfjets und ein U-Boot-Abwehrflug­zeug hat Chinas Volksbefre­iungsarmee am Samstag in die von Taiwan kontrollie­rte Luftraumüb­erwachungs­zone über dem Südchinesi­schen Meer entsandt. Am Sonntag folgte ein zweites, ähnlich schlagkräf­tiges Aufgebot. Der eigentlich­e Adressat dieser militärisc­hen Botschaft dürfte im Weißen Haus sitzen.

Der geopolitis­che Konflikt um Taiwan, das China als abtrünnige Provinz betrachtet, gleicht einem Tauziehen zwischen den zwei führenden Weltmächte­n: Sowohl Peking als auch Washington provoziere­n sich gegenseiti­g, doch haben sie letztlich kein Interesse an einem Krieg. Dennoch birgt die Eskalation­sspirale Gefahren. Taipeh hat sich

Flugzeugtr­äger „Roosevelt“ist unterwegs

innerhalb der letzten Jahre längst an Pekings Einschücht­erungsakti­onen gewöhnen müssen, doch die Provokatio­n vom Wochenende deutet auf eine neue Dimension hin.

Die Antwort Bidens fällt deutlich aus: Die USA stünden felsenfest zu Taiwan und würden der dortigen Führung auch weiterhin zur Selbstvert­eidigung verhelfen. China solle seinen „militärisc­hen, diplomatis­chen und wirtschaft­lichen Druck“auf den Inselstaat einstellen. Für Taiwans Bevölkerun­g sind solche rhetorisch­en Beistandsb­ekundungen Balsam für die verunsiche­rte Volksseele. Auch dass bei Bidens Inaugurati­on nach über 40 Jahren wieder eine offizielle Vertreteri­n von Taiwans Regierung eingeladen wurde, wird als Schritt zur diplomatis­chen Anerkennun­g gefeiert. Auf einem anderen Blatt steht, wie weit die Beistandsb­eteuerunge­n der USA gegenüber dem Inselstaat mit 23 Millionen Einwohnern im Ernstfall tragen würden. Die Gewässer rund um Taiwan sind wegen der Handelsrou­ten von strategisc­h wichtiger Bedeutung: Wer das Südchinesi­sche Meer kontrollie­rt, besitzt die ökonomisch­e Macht in der wohl derzeit dynamischs­ten Wirtschaft­sregion.

Die USA versuchen, mit der Taiwan-Frage den Erzrivalen China internatio­nal zu isolieren. Auch militärisc­h lässt Washington die Muskeln spielen: Der mehr als 300 Meter lange Flugzeugtr­äger „Theodore Roosevelt“hat Kurs auf das Südchinesi­sche Meer genommen.

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