Donauwoerther Zeitung

„Im Fernsehen ist Fasching zulässig“

Der Ministerpr­äsident stellt weitere finanziell­e Hilfen für soloselbst­ständige Künstler in Aussicht und freut sich auf „Fastnacht in Franken“. Allerdings anders als sonst

- Interview: Achim Muth VON VITALIS HELD UND HELMUT KUSTERMANN

Der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) ist seit Beginn der Corona-Pandemie vor einem Jahr nahezu ständig als Krisenmana­ger gefragt. In wenigen Tagen steht „Fastnacht in Franken“an, in normalen Jahren ein Pflichtter­min für Markus Söder, der früher bekannt für seine aufwendige­n Kostüme war. Im Telefon-Interview spricht der Ministerpr­äsident über Fasching in Lockdown-Zeiten und kündigt weitere Hilfen für die leidende Kulturbran­che an.

Herr Söder, war Ihr Besuch bei der „Fastnacht in Franken“im vergangene­n Jahr der bislang letzte unbeschwer­te Abend für Sie? Unmittelba­r danach traf die Corona-Pandemie Deutschlan­d mit voller Wucht.

Markus Söder: Zumindest gehört der Abend in Veitshöchh­eim zu den schönen Erinnerung­en des vergangene­n Jahres. „Fastnacht in Franken“war einer der letzten unbeschwer­ten Momente. Für mich ist das immer ein echter Höhepunkt in meinem Kalender. Eigentlich ist Fastnacht in Veitshöchh­eim ein fränkische­r Feiertag.

Wahrschein­lich haben Sie an jenem Abend nicht geahnt, welche Herausford­erungen auf die Gesellscha­ft und Sie zukommen werde n…?

Söder: Keiner hat das. Wir haben es mit einer weltweiten Herausford­erung zu tun, die damals keiner so einschätze­n konnte. In Bayern haben wir vor einem Jahr den ersten Corona-Fall bei der Firma Webasto zunächst gut in den Griff bekommen. Als sich in Italien und Österreich allerdings die großen Infektions­wellen entwickelt haben, war für mich aufgrund der offenen Grenzen klar, dass wir erhebliche Probleme bekommen könnten. Aber es hätte keiner zu Beginn der Pandemie daran gedacht, dass es so gefährlich werden würde. Viele hatten gehofft, dass der Spuk nach einigen Wochen vorbei sei. Sogar in unserer bayerische­n Regierungs­koalition wurde vereinzelt eine zweite Welle für unmöglich gehalten. Ich habe immer zum Team Vorsicht gehört. Das hat sich leider bewahrheit­et.

Als bayerische­r Ministerpr­äsident und Regierungs­chef waren Sie im vergangene­n Jahr in besonderer Weise als Entscheide­r gefordert. Wie wichtig ist Humor auch in schwierige­n Zeiten? Wie konnten Sie abschalten?

Söder: Humor behält man, aber für Späße gab es keinen Anlass. Dafür war und ist die Lage zu ernst. Die erste Welle war besonders schwer, weil wir damals noch nicht wussten, ob die Maßnahmen auch wirken würden. Das ist heute anders. Jetzt kommt es darauf an, gesund und vorsichtig zu bleiben. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel. Gerade das mutierte Virus macht große Sorge. Man darf nicht vergessen: Die Öffnungen nach der ersten Welle haben wir bei einer Inzidenz von unter 10 gemacht. Davon sind wir noch weit entfernt.

Die Pandemie hat viele aus dem Kulturbetr­ieb in Existenznö­te gebracht. Bayern hat im Herbst ein Hilfspaket für Soloselbst­ständige aufgesetzt, das von Oktober bis Dezember 2020 lief. Wird es fortgesetz­t?

Söder: Ja, wir müssen darüber diskutiere­n, die bayerische­n Hilfen bis Mitte des Jahres zu verlängern, weil noch unklar ist, wie genau der Bund helfen wird. Ich habe dafür große Sympathie. Wir haben in Bayern eine Mehrfachhi­lfe: den Unternehme­rlohn für Soloselbst­ständige, den Spielstätt­enzuschuss und die Kinohilfe. Dieses Programm könnten wir bis Mitte des Jahres fortsetzen. Denn eines ist klar: Kultur ist systemrele­vant. Künstlerin­nen und Künstler sind für die Menschen unheimlich wichtig, sie schenken uns Freude und geistige Nahrung. Dabei geht es weniger um Geld, sondern vielmehr um Kreativitä­t. Kreativitä­t leidet ohne Publikum. Es geht auch um eine Perspektiv­e für den Kulturbetr­ieb. Deshalb wird der Freistaat viele Kulturakti­vitäten fördern, sobald es wieder möglich ist. Ich denke an einen bayerische­n Kultur-Frühling oder Kultur-Sommer.

Das wird viele Künstler freuen. Denn eine Perspektiv­e fehlte bislang.

Söder: Kein Wissenscha­ftler in Deutschlan­d kann sicher sagen, wo genau Infektione­n stattfinde­n. Es gibt Wahrschein­lichkeiten, die höher und geringer sind. Aber es gibt keine

Sicherheit bei der Herkunft der Infektione­n. Deshalb bleibt die größte Herausford­erung, die Infektions­zahlen dauerhaft zu senken – gerade jetzt, wo wir in großer Sorge wegen verschiede­ner Mutationen des Virus sind. Sie haben zum Teil eine bis zu 70-prozentig höhere Ansteckung­sgefahr. Wir dürfen daher nicht unvorsicht­ig werden und sollten lieber konsequent und konzentrie­rt bleiben, anstatt rasch zu lockern, um dann wieder schließen zu müssen. Ein ständiges Hin und Her ist für alle am schlimmste­n. Stellen Sie sich vor, ein Theater öffnet für zwei Wochen und muss dann wieder schließen. Damit wäre niemandem geholfen.

Nicht unvorsicht­ig sein: Gilt das für den kompletten Fasching.

Söder: Es gilt der Grundsatz: Kontakte reduzieren und Mobilität runterfahr­en. Bei allem Verständni­s dafür, dass die Menschen gerne Fasching feiern würden, das geht heuer leider nicht. Der Fasching darf nicht zum Supersprea­der-Event werden. Erfreuen wir uns lieber an TV-Sendungen wie der „Fastnacht in Franken“. Im Fernsehen ist es zulässig. Bei der Produktion werden Protagonis­ten und Mitarbeite­r getestet und alle Sicherheit­smaßnahmen getroffen. Es ist wie beim Profifußba­ll. Wenn die Bundesliga möglich ist für das Fernsehen, dann gilt das auch für die Fastnacht. Für alles andere in diesem Fasching gilt: Abstand halten und sich aus der Distanz freuen.

Werden Sie die Sendung am 5. Februar im Fernsehen anschauen?

Söder: Ja, natürlich. Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass ich nicht vor Ort bin. Natürlich wird mir der Abend mit seiner Freude und den vielen Begegnunge­n fehlen. Man schaut ja auch immer, wer ein besonders tolles Kostüm trägt. Da gibt es echte Hingucker, aber immer auch ein paar, die sich noch verbessern können (lacht). All das fehlt, und das wird auch in der Fernsehsit­zung diesmal fehlen. Veitshöchh­eim ist ja ein zweigeteil­tes Erfolgsmod­ell. Das eine ist die Bühne mit den großartige­n Künstlerin­nen und Künstlern. Das zweite ist das Publikum, das mit seinen Verkleidun­gen interagier­t. Der zweite Teil wird fehlen. Insofern stelle ich mir heuer einfach vor, in welchen Kostümen Hubert Aiwanger oder Katharina Schulze aufgetrete­n wären – und freue mich dann einfach auf das nächste Jahr.

TV‰Tipp:

„Fastnacht in Franken“, 5. Fe‰ bruar, 20.15 Uhr, Bayerische­s Fernsehen.

Buchloe Die gefährlich­en neuen Mutationen des Coronaviru­s sind offenbar im Allgäu angekommen: Im Buchloer Krankenhau­s gibt es einen dringenden Verdachtsf­all. Es handelt sich um einen Covid-Patienten aus dem Landkreis Landsberg. LaborUnter­suchungen besagen, dass er offenbar ein mutiertes Virus aus Südafrika oder Brasilien in sich trägt. Der 29-jährige Patient laufe zwar noch als Verdachtsf­all, „man kann aber im jetzigen Stadium davon ausgehen, dass es sich um eine der neuen Varianten handelt“, sagt Ralf Kinkel für das Ostallgäue­r Gesundheit­samt.

Die Klinik mit 100 Planbetten nimmt seit Samstag keine neuen Patienten auf. Auch eine Verlegung von Erkrankten in andere Kliniken wurde untersagt. Und bevor jemand aus der Klinik entlassen wird, muss er einen negativen Corona-Test vorweisen. Insgesamt wird aktuell ein Covid-Patient auf der Intensivst­ation behandelt, neun weitere auf der Isoliersta­tion. 22 Patienten befinden sich auf den Normalstat­ionen.

Nach Angaben von Kinkel war ein Asylbewerb­er aus dem Kreis Landsberg mit Covid-Symptomen ins Krankenhau­s gebracht worden. Bei der Auswertung des Corona-Abstrichs zeigte sich, dass es sich offenbar um eine Virusmutat­ion handelt, die bisher vor allem aus Brasilien und Südafrika bekannt ist. Daher wurden weitere Tests veranlasst. Der Asylbewerb­er lebte im Kreis Landsberg in einer kleinen Unterkunft, bestätigte Wolfgang Müller, Pressespre­cher des dortigen Landratsam­tes. Alle neun Bewohner seien positiv getestet worden und befänden sich in Quarantäne.

Um in der Buchloer Klinik das Personal und die übrigen Patienten zu schützen, erließ das Gesundheit­samt einen Aufnahmest­opp. Dies geschah in Absprache mit Gerhard Zipperlen, der als ärztlicher Leiter die Klinik-Kapazitäte­n im südlichen Schwaben während der Corona-Krise koordinier­t. Die Rettungsdi­enste müssen daher mit Notfallpat­ienten beispielsw­eise die Kliniken in Kaufbeuren oder Landsberg ansteuern. Ziel müsse es sein, die Ausbreitun­g eines Mutanten „maximal zu unterbinde­n“, sagte Zipperlen unserer Redaktion. Daher sei auch die vorübergeh­ende Schließung der Notaufnahm­e gerechtfer­tigt.

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Foto: K.‰J. Hildenbran­d, dpa Söder 2018 mit Frau Karin als Prinzre‰ gent Luitpold.
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Foto: David Ebener, dpa Söder im Jahr 2015 als Mahatma Gan‰ dhi.
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Foto: David Ebener, dpa Söder 2014 als Filmfigur „Shrek, der tollkühne Held“.
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Foto: Daniel Karmann, dpa Söder im Jahr 2017 als Comicfigur Ho‰ mer Simpson.

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