Donauwoerther Zeitung

Olympia und Fußball-EM: Es gibt nur eine richtige Lösung

Für den kommenden Sommer sind zwei sportliche Großereign­isse geplant. Derzeit scheint es unmöglich, sie durchzufüh­ren. Trotzdem wäre eine Absage falsch

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Die einfachste Lösung wäre: alles absagen. Keine Olympische­n Spiele, keine Fußball-Europameis­terschaft. Ein Sommer ohne sportliche­s Großereign­is. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach ist beispielsw­eise ein Anhänger dieser Forderung. Sie ist verhältnis­mäßig leicht umzusetzen und bei der derzeit wackeligen Pandemiela­ge schlüssig. Prävention vor Risiko. Nicht immer aber ist die einfachste und nächstlieg­ende Lösung die richtige.

In diesem Fall muss sie anders lauten. Die Organisato­ren sollen so lange wie nur irgendwie möglich mit einer Durchführu­ng planen. Nur weil nicht bekannt ist, wie die Situation im Hochsommer ist, bedeutet es nicht, dass allein vom schlechtes­ten Fall auszugehen ist. Die Sportler haben in den vergangene­n Monaten schon häufiger positiv überrascht. Die Fußball-Bundesliga zog ihren Spielbetri­eb trotz anfänglich­er Skepsis bis heute ohne größere Probleme durch. Gerade erst wurde die Handball-WM beendet. Zwei Mannschaft­en mussten kurzfristi­g absagen, eine dritte wurde während des Turniers ausgeschlo­ssen. Corona. Bitter für die drei Teams, dafür konnten aber 31 andere Auswahlman­nschaften den Weltmeiste­r ermitteln.

Sport ist – auch im Profiberei­ch – so viel mehr als lediglich ein Unterhaltu­ngsbetrieb. Er ist immer ein Symbol: in diesem Sommer möglicherw­eise eines der Hoffnung. Der Sport kann auch anderen Bereichen den Weg weisen, welche Lockerunge­n trotz einer weltumspan­nenden Pandemie möglich sind.

In Japan, wo am 23. Juli die Olympische­n Sommerspie­le eröffnet werden sollen, dürfen jetzt schon unter strengen Sicherheit­svorkehrun­gen und bei stark reduzierte­r Kapazität Zuschauer zu Wettkämpfe­n. Obwohl der CoronaInzi­denzwert im globalen Vergleich eher gering ist, lehnen derzeit rund 80 Prozent der Japaner die

Olympische­n Spiele ab. Der Großteil wegen der Sorge, das Virus samt seinen Mutationen könnte von den rund 20 000 Sportlern und Betreuern eingeschle­ppt werden. Eine verständli­che Sorge, vor allem im größten weltweiten Ballungsze­ntrum. In der Metropolre­gion Tokio leben über 35 Millionen Menschen. Massen-Schnelltes­ts bei Sportlern, Trainern und Zuschauern

könnten Angst nehmen und dafür sämtlichen Beteiligte­n Freiheit und Gewissheit schenken.

Dass die Fußball-Europameis­terschaft wie geplant über den Kontinent verteilt in 12 Ländern stattfinde­t, scheint vor allem vor dem Hintergrun­d der derzeitige­n Einreisebe­schränkung­en kaum vorstellba­r. Selbstvers­tändlich befasst sich die austragend­e Uefa auch mit alternativ­en Szenarien. Es gibt Gedankensp­iele, das Turnier stattdesse­n doch in lediglich einem Land stattfinde­n zu lassen. Ob ausländisc­he Fans einreisen dürfen, wie viele Anhänger überhaupt in die Stadien dürfen: Es ist das einzig Richtige, sich die Beantwortu­ng noch offenzuhal­ten.

Die Sportler – und das gilt hauptsächl­ich für die Olympiatei­lnehmer – haben finanziell nicht ausgesorgt. Sie führen oft ein entbehrung­sreiches Leben. Die Olympische­n Spiele sind das große Ziel, auf das sie teilweise über ein Jahrzehnt lang hingearbei­tet haben. Sportler brauchen Ziele, benötigen Perspektiv­en – so wie alle anderen auch. Die Corona-Müdigkeit hat zu einem großen Teil auch damit zu tun, dass nie klar über mögliche erkennbare Ziele gesprochen wird. Da hat es der Sport leichter.

Die Olympische­n Spiele sind die erstrebens­werteste Perspektiv­e für Athleten. Fans können möglicherw­eise im Sommer in kleinen oder – mit viel Optimismus – größeren Gruppen die Spiele der deutschen Nationalma­nnschaft verfolgen. Eine schöne Vorstellun­g. Sie darf nicht vorschnell aufgegeben werden.

Schnelltes­ts könnten Sportlern und Fans Freiheit schenken

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany