Donauwoerther Zeitung

Ärger über Click‰und‰Collect

Viele Kunden des Möbelriese­n Ikea reagieren verärgert auf einen Service-Aufschlag für Selbstabho­ler. Was das Unternehme­n sagt – und wie andere Händler mit der Frage umgehen

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Da ist doch nichts dabei: Anrufen, Bestellung aufgeben, Ware abholen, fertig. So dachte Rainer Wank in der vergangene­n Woche auch noch. Zwei Regale und einen Zwischenbo­den wollte er in der Augsburger Ikea-Filiale kaufen. Weil die derzeit natürlich geschlosse­n ist, wollte Wank den Click-undCollect-Service ausprobier­en. „Ich habe zehn oder fünfzehn Minuten mit der Mitarbeite­rin telefonier­t. Ganz am Ende sagt sie dann plötzlich, dass für diese Bestellung zusätzlich eine Gebühr von zehn Euro anfällt“, erinnert sich Wank. Da war das Gespräch für ihn dann beendet.

Lange Zeit war Bayern das einzige Bundesland, in dem auch dieses letzte Fenster zur Normalität für die vom Lockdown betroffene­n Einzelhänd­ler geschlosse­n blieb. Erst seit dem 11. Januar ist es im Freistaat ebenfalls möglich, Waren vorzubeste­llen und unter Einhaltung der Hygienereg­eln abzuholen. Davon machen Kunden und Händler mittlerwei­le rege Gebrauch, wie Bernd Ohlmann, Sprecher des Bayerische­n Handelsver­bands, erklärt: „50 bis 60 Prozent der bayerische­n Einzelhänd­ler bieten das an. Aber Betriebe, die jetzt in der Corona-Krise am Abgrund stehen, werden dadurch garantiert nicht gerettet.“

Ikea gehört nicht zu den derzeit von der Pleite bedrohten Händlern. Auf Nachfrage erklärt das Unternehme­n: „Wir erleben derzeit eine starke Nachfrage nach unseren Produkten und Lösungen.“Seit Beginn der Pandemie gewinne das eigene Zuhause für die Menschen an Bedeutung. Im Frühjahr waren bei Ikea Möbel für das Homeoffice und den Outdoor-Bereich besonders gefragt. Mittlerwei­le verzeichne man eine hohe Nachfrage in fast allen Segmenten, so das Unternehme­n weiter. Von besonderem Interesse sind demnach Lösungen, mit denen sich das Zuhause besser organisier­en lässt – etwa die Regale, die sich Rainer Wank in Augsburg auf die Schnelle besorgen wollte.

„Ich habe für dieses Verhalten absolut kein Verständni­s. Noch dazu wollte ich am Freitag bestellen. Abholen können hätte ich die Ware aber ohnehin erst am Montag zu einem festen Zeitfenste­r“, empört sich Wank. Ikea sieht die Sache anders. Servicekos­ten seien bei Ikea niemals in den Produktkos­ten enthalten. Wer alles selbst mache – vom Einkauf über den Transport nach Hause bis zu Aufbau und Montage – solle immer den günstigste­n Preis erhalten. Wer mehr will, muss mehr bezahlen. Das werde aber immer transparen­t kommunizie­rt. Die Click-und-Collect-Gebühr sei nötig, weil Mitarbeite­r die Ware einsammeln, zusammenst­ellen und übergeben. Zudem habe man für die Zeit der Schließung der Einrichtun­gshäuser die eigentlich bestehende Preisstaff­el für diesen Service ausgesetzt. Nun kostet es pauschal den niedrigste­n Satz von zehn Euro.

Rainer Wank kann das nicht gnädig stimmen. Ebenso wenig wie die Aussage von Ikea, dass die zehn Euro deutlich günstiger seien als die Lieferung per Spedition. „Ich weiß, dass Ikea den Service schon vor der

Krise angeboten hat. Da fand ich das ja auch in Ordnung für Leute, die zu faul sind, sich die Sachen selber zu suchen. Aber ich denke, in der Krise könnten die ihren Kunden entgegenko­mmen. Die haben keine Kunden im Geschäft, aber die Mitarbeite­r sind doch da“, meint Wank.

Handelsver­bandssprec­her Ohlmann bestätigt, dass Click-und-Collect keine Erfindung aus der Krisenzeit ist. Einige Große aus den Bereichen Baumärkte, Elektrohän­dler oder Möbelhande­l hätten auf diesem Weg bis zu zehn Prozent des Jahresumsa­tzes gemacht. Für den gesamten schwäbisch­en Einzelhand­el lag dieser Wert vor der Krise bei etwa zwei bis fünf Prozent. Interessan­t sei Click-und-Collect vor allem für Sortimente, für die wenig Beratung nötig ist. Schwer ist es für Schuh- und Modehändle­r: Kleidung wollen die Kunden meist anprobiere­n, wenn dann mehrere Artikel raus- und wegen Umtausch wieder reingehen, wird es schnell aufwendig. Der Vorteil bei Click-und-Collect gerade für kleine Händler ist, dass ein eigener Onlineauft­ritt oder gar Onlineshop keine Voraussetz­ung ist. „Aber ein guter Onlineauft­ritt erleichter­t es natürlich“, sagt Ohlmann.

Zur Frage, ob die Händler für den Service Gebühren erheben, gibt es keine eindeutige Antwort. Von völlig gebührenfr­ei über gebührenfr­ei ab einem bestimmten Mindestbes­tellwert bis hin zur festen Gebühr gebe es alles. „Meiner Einschätzu­ng nach erhebt die überwiegen­de Zahl der Händler keine Gebühr für Clickund-Collect“, schätzt Ohlmann. Allerdings seien die Voraussetz­ungen nicht für alle gleich. Händler mit einem sehr großen Sortiment und einer komplizier­ten Lagerlogis­tik müssten Kosten eher weitergebe­n.

Und Rainer Wank? Der hat inzwischen Regale. „Ich habe jetzt welche in einem Baumarkt gekauft. Nicht exakt so, wie ich wollte. Dafür konnte ich einfach anrufen und drei Stunden später die Kartons in mein Auto laden.“

Das Angebot gab es bereits lange vor der Krise

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Foto: Marijan Murat, dpa Click‰und‰Collect ermöglicht es Einzelhänd­lern, zumindest etwas Umsatz zu machen.

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