Donauwoerther Zeitung

Glücksmome­nte in Zeiten von Corona

Das Jugendrotk­reuz Nordschwab­en hat sich eine besondere Aktion ausgedacht, um alten Menschen in Isolation eine Freude zu machen. Jeder, der möchte, kann mitmachen

- VON THOMAS HILGENDORF

Landkreis Michaela Weiß aus Wemding hat keinen Grund etwas zu übertreibe­n oder sonst wie überspitzt darzustell­en. Das, was sie beschreibt, es sind die Erfahrunge­n der vergangene­n Woche, als die Helfer zum ersten Mal die Glücksboxe­n in die Seniorenhe­ime lieferten. Die Senioren dort seien leider nurmehr „isoliert auf den Zimmern“– höchste Zeit also, für Weiß und ihre Mitstreite­r vom Jugendrotk­reuz Nordschwab­en, den alten Menschen etwas Gutes zu tun in dieser schwierige­n Lage. Und so entwickelt­e sich die Idee der Glücksboxe­n.

In anderer Form gab es die Schachteln mit den Herzensges­chenken seit Längerem: Die Aktion Weihnachte­n im Schuhkarto­n etwa des christlich­en Hilfswerks Samaritan’s Purse, oder die Pakete für den Weihnachts­trucker der Johanniter dürften vielen ein Begriff sein. Hierbei geht es um eine Mischung aus Nothilfe und darum, dem Mitmensche­n, der in ärmeren Gegenden der Welt lebt, eine Freude zu bieten, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch irgendwie geht es auch bei den hiesigen Senioren in den Corona-bedingt abgeschott­eten Heimen um Nothilfe.

Die Not betrifft hier weniger die tägliche Essensrati­on, sondern die fehlenden „sozialen Kontakte“, wie es seit fast einem Jahr im gängigen

Politikerd­eutsch heißt. Etwas weniger bürokratis­ch ausgedrück­t: Hier geht es um das Fehlen von Mitmensche­n, von zwischenme­nschlicher Zuwendung. Auch das führt zu Not – und genau hier wollen die Jugendrotk­reuzler ansetzen.

Michaela Weiß berichtet von einer menschlich sehr schwierige­n Situation: „Die Verwandtsc­haft kann ja momentan kaum in die Heime, in denen es Ausbrüche gab. Die Senioren leben dort jetzt komplett auf Isoliersta­tionen. Die Gemeinscha­ft, wie sie die Menschen gewöhnt sind, findet aktuell nicht mehr statt, jeder ist auf seinem Zimmer.“Die Senioren begegneten sich in den betroffene­n Einrichtun­gen, wie zuletzt im BRK-Heim in Donauwörth, kaum noch.

Das Pflegepers­onal tue zwar, was es könne – doch sich wirklich ausreichen­d Zeit zu nehmen, das gehe momentan gar nicht: „Die Pfleger sind selbst am Limit.“Angebote wie Spielenach­mittage oder Basteln, all das sei bis auf Weiteres ausgesetzt zum jetzigen Zeitpunkt.

Fußend auf dieser Lage entwickelt­e man die Glücksboxe­n: In Versand- oder Schuhkarto­ns packen Menschen, denen die älteren Mitbürger am Herzen liegen, kleine Dinge der Freude. Rätselheft­e, interessan­te Zeitschrif­ten (gerne von früher), Stifte, Basteluten­silien – der Kreativitä­t sind kaum Grenzen gesetzt. Und dabei kann, wie Weiß erklärt, gern auch themenbezo­gen gepackt werden: Je nachdem, ob die Senioren sich beispielsw­eise für Natur, Tiere, andere Länder, für Religion oder andere Bereiche (oder alle gemischt) interessie­ren, kann ein individuel­les Päckchen von jedermann zusammenge­stellt werden. Auch und gerade von unbekannt zu unbekannt. Und je nachdem, ob man eine Art „Brieffreun­dschaft“aufbauen will, könne der Absender dem Beschenkte­n persönlich­e Zeilen schreiben oder auch anonym bleiben.

Das fertige Päckchen soll außen mit dem Motto und der Aufschrift „Aktion-Glücksbox“versehen werden, damit die Pfleger es den Senioren zuweisen können – denn die wissen in der Regel, wofür sich die Menschen jeweils interessie­ren. Bislang wurde zum Beispiel für folgende Kategorien gesammelt:

● Rätselbox Verschiede­ne Kreuzwortr­ätsel, Suchrätsel, Zuordnungs­spiele, etc.

● Naturbox Zapfen, kleinere Aststücke, Steine, Dinge zum Fühlen

● Bastelbox etwas Selbstgeba­steltes, eine Anleitung dazu und ein bisschen passendes Bastelmate­rial

● Handarbeit­sbox Verschiede­ne Wolle, Stoffstück­e, etc.

Die im Landkreis Donau-Ries teilnehmen­den Heime sind bisher das BRK-Seniorenhe­im Am Mangoldfel­sen in Donauwörth (Jennisgass­e 7), das gKU-Seniorenhe­im Monheim (Donauwörth­er Straße 40), sowie das Ellen-Märker-Haus der Diakonie Donau-Ries in Harburg (Mühlgässch­en 7).

Vorige Woche haben die Helfer des Jugendrotk­reuzes Nordschwab­en zwischen 20 und 30 Päckchen ausgeliefe­rt, sechs Ortsgruppe­n haben sich bis dato daran beteiligt. Die Pakete können nun auch die Interessie­rten gerne selbst an den Heimen abliefern, entweder in bereitgest­ellten Bereichen draußen (Monheim) oder an den Rezeptione­n (Donauwörth, Harburg), wie Weiß erklärt. Die Wemdingeri­n freut sich auf viele, die mitmachen wollen – und auch über mehr Heime aus dem gesamten Landkreis, die sich der Aktion anschließe­n sollten.

Ihren Einkaufsdi­enst für Senioren zu Hause haben die Jugendrotk­reuzler indessen bereits im Sommer bis auf Weiteres wieder eingestell­t, als sich abgezeichn­et hatte, dass die Älteren flächendec­kend mit Schutzmask­en und Co versorgt waren und selbst wieder zum Einkaufen gingen. An diesem Service sei der Bedarf im ersten Lockdown hoch gewesen – momentan sei eher die Hilfe für Senioren direkt in den Heimen vonnöten.

Die Pfleger haben oft kaum Zeit für echte Zuwendung

Informatio­nen über die Aktion erhal‰ ten Sie auch über die E‰Mail‰Adresse: aktion‰gluecksbox@jrk‰nordschwab­en.de

 ?? Foto: Weiß/JRK ?? Das Jugendrotk­reuz Nordschwab­en hat sich etwas Besonderes ausgedacht, um Senioren in den Heimen über die schwierige Phase der weitgehend­en Isolation hinweg zu helfen – die Glücksboxe­n.
Foto: Weiß/JRK Das Jugendrotk­reuz Nordschwab­en hat sich etwas Besonderes ausgedacht, um Senioren in den Heimen über die schwierige Phase der weitgehend­en Isolation hinweg zu helfen – die Glücksboxe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany