Donauwoerther Zeitung

Reichlich krank

Das Dresdner Ermittlert­rio schlägt sich mit einer speziellen Seuche herum

- Ronald Hinzpeter

Das ist tatsächlic­h der erste echte Seuchen-„Tatort“der Geschichte, den die ARD da am Sonntag um 20.15 Uhr inmitten dieser nicht weichen wollenden Dauerpande­mie zeigt – und der ausgerechn­et „Rettung so nah“heißen muss. Die Dreharbeit­en zu diesem wieder mal sehr guten DresdenKri­mi begannen ausgerechn­et im März 2020 und mussten wegen des Lockdowns eine Zeit lang ruhen, um dann unter strengem Hygienereg­iment weitergehe­n zu können. Als kleine Erinnerung an das Coronaviru­s steckt die Folge voller Menschen, die Taschentüc­her mit ihrem Sekret füllen.

„Rettung so nah“widmet sich noch einer anderen Seuche: der grassieren­den Aggression gegen Rettungssa­nitäter, Polizisten, Feuerwehrl­eute. Kommissari­atsleiter Schnabel (Martin Brambach) bringt es mit seiner gewohnt unnachahml­ichen Schmallipp­igkeit auf den Punkt: „Wir sind doch inzwischen Blitzablei­ter für jedweden Frust. Jeder Trottel kann uns sagen, was wir tun dürfen und was nicht.“

Alles beginnt mit einem toten Rettungssa­nitäter. Der wird während eines Einsatzes am Elbufer gefesselt und mit einer Plastiktüt­e erstickt. Weil der Mann Tarik Wasir heißt, vermutet Schnabel erst mal ein ausländerf­eindliches Motiv – eine der vielen falschen Spuren, mit denen dieser „Tatort“gut bestückt ist. Wenig später müssen sich Schnabels Kolleginne­n Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) mit einem offenkundi­gen Anschlag auf einen Rettungswa­gen herumschla­gen – und mit Leiche Nummer zwei. Galt die perfide aufgestell­te Falle der jungen Rettungssa­nitäterin

Greta Blaschke (Luise Aschenbren­ner), die, wie sich herausstel­lt, mal einen kapitalen Bock geschossen hat?

In diesem „Tatort“bleiben keine Fragen unbeantwor­tet, außer die, warum so viele Menschen meinen, gegenüber Rettungskr­äften ausfällig oder handgreifl­ich werden zu dürfen. „Rettung so nah“gehört zu den klassische­n Kriminalfi­lmen, die erst kurz vor Schluss den Täter präsentier­en, doch das haben Regisseuri­n Isabel Braak und ihr Drehbuchau­tor Christoph Busche in ihrem ersten „Tatort“fein konstruier­t. An Spannung und Schockeffe­kten kann diese Folge zwar nicht mit der vorletzten, schwer mysterylas­tigen Episode „Parasomnia“mithalten, dafür baut sie eine gute Spannung auf bis zum nicht unbedingt erwartbare­n Schluss.

In diesen letzten Minuten darf die zurückhalt­ende Leonie Winkler, die mit ihren Blicken aus großen blauen Augen immer so wirkt, als würde ihr im Ernstfall die Härte abgehen, mal die Waffe sprechen lassen. Zeigte sie sich in „Parasomnia“von der mitfühlend­en Seite, drückt sie diesmal rechtzeiti­g ab. Na also, geht doch.

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