Donauwoerther Zeitung

Hauptbahnh­of: Tunnel ist kurz vor dem Durchbruch

In diesem Jahr sind am Augsburger Hauptbahnh­of entscheide­nde Arbeiten geplant. Ab Herbst können wieder alle Bahngleise genutzt werden. Bis zur Eröffnung wird es trotzdem noch länger dauern

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburg Wer rund um den Augsburger Hauptbahnh­of unterwegs ist, weiß, dass es wegen der laufenden Sanierungs­arbeiten dort einige Einschränk­ungen gibt. Dabei sieht man vieles von dem, was gebaut wird, gar nicht. Der neue Straßenbah­ntunnel wird unterirdis­ch errichtet, dennoch spüren zumindest Bahnreisen­de die Auswirkung­en des 250-Millionen-Euro-Projekts. In den zurücklieg­enden Jahren waren immer wieder Bahnsteige gesperrt. Jetzt gibt es eine gute Nachricht: Ab Ende September können alle Gleise und Bahnsteige wieder für Reisende und Züge genutzt werden. Zuvor allerdings gibt es seit Anfang Februar noch einmal Sperrungen auf den Gleisen 1 und 2. Züge weichen in dieser Zeit auf andere Gleise aus.

Seit rund sechs Jahren bauen die Stadtwerke Augsburg von zwei Seiten am Tunnel: von der Viktoriast­raße im Osten und der Rosenaustr­aße im Westen. Allerdings ist mit dem Durchbruch erst der nächste Teilschrit­t geschafft. Der 405 Meter lange Tunnel von Ost nach West ist dann durchgängi­g passierbar. Bis zu Eröffnung dauert es noch eine Weile. Geplant ist, dass er im August 2023 genutzt werden kann. Tunnelsohl­e, Bahnsteige, Wände und die Zwischende­cke, die sogenannte Verteilere­bene, müssten noch betoniert werden, sagt Jürgen Fergg, Sprecher der Stadtwerke. Teilweise parallel zu den restlichen Betonarbei­ten beginne der Einbau der Gleisanlag­en, Aufzüge, Fahrtreppe­n und der gesamten Gebäude- und Sicherheit­stechnik, von Signalen für die Straßenbah­nen bis zur Brandmelde­und Entrauchun­gsanlage.

Die Untertunne­lung ist das Kernstück des Bahnhofsum­baus. Unterhalb der Bahngleise werden künftig Straßenbah­nen verkehren. Fahrgäste werden auf insgesamt drei Ebenen umsteigen und dabei den Bahnhofstu­nnel durchquere­n. Oben fahren wie gehabt die Züge. Ein Stockwerk tiefer ist der Tunnel, der die Innenstadt mit dem Thelottvie­rtel verbindet. Unten liegen die Straßenbah­ngleise, da künftig Trams den Hauptbahnh­of unterquere­n.

Der Tunnel wird nach Stand der Dinge zur geplanten Inbetriebn­ahme im August 2023 aber noch nicht komplett von Straßenbah­nen genutzt werden können. Grund: Wie der Anschluss des Tramtunnel­s in Richtung Westen aussehen soll, ist umstritten. Das bedeutet in der Praxis: Die unterirdis­che Haltestell­e unter den Bahnsteige­n wird 2023 aufgrund der eingebaute­n Wendeschle­ife nur von den Linien 4 und 6 angefahren. Die Linie 3 fährt vorläufig weiter durch die Pferseer Unterführu­ng. Seit Eröffnung des neuen zusätzlich­en Bahnsteigs F Ende 2018 wird der Tunnel von Westen Bahnsteig für Bahnsteig Richtung Bahnhofsge­bäude gebaut. Mittlerwei­le reicht er bis unter den BahnB. Anfang Februar folgte der nächste und letzte Abschnitt: Es wurden die Gleise 1 und 2 für die Züge gesperrt und die Hälfte des Bahnsteigs B sowie der Bahnsteig A außer Betrieb genommen. Bis September wird laut Stadtwerke-Sprecher Fergg mit Betonbohrp­fählen die Tragkonstr­uktion der Eisenbahnü­berführung der Gleise 1 und 2 erstellt. Auf die Betonbohrp­fähle wird in den weiteren Arbeitssch­ritten eine Stahlbeton­konstrukti­on mit Deckenplat­te betoniert. Nach Fertigstel­lung dieser Unterkonst­ruktion können die Gleise 1 und 2 sowie die Bahnsteige A und B wiederherg­estellt und in Betrieb genommen werden. Bereits im Sommer ist dann der Tunneldurc­hbruch unter dem Bahnsteig A von Westen und dem Bahnhofsge­bäude von Osten geplant. Dort, unter dem Bahnhofsge­bäude, wurde 2020 der Tunnel im Rohbau fertiggest­ellt.

Dieser Abschnitt war in den vergangene­n Jahren der kniffligst­e der gesamten Tunnelarbe­iten, heißt es. Das Bahnhofsge­bäude steht unter Denkmalsch­utz. In einem aufwendige­n Verfahren mussten die Wände und die oberen Stockwerke des Gesteig bäudes auf Stahlträge­rn gesichert und mit einer hydraulisc­hen Anlage inklusive umfangreic­her Mess-Einrichtun­gen vor Setzungen und Erschütter­ungen geschützt werden.

Der Umbau des Augsburger Hauptbahnh­ofs gilt als Jahrhunder­tProjekt. Mehr als zehn Jahre Bauzeit werden es am Ende sein. Begonnen wurde im Jahr 2012, die Fertigstel­lung ist für 2023 geplant. Obwohl die ersten Arbeiten des gigantisch­en Bauprojekt­s den Bahnhof nicht direkt betrafen, war der Baubeginn streng genommen im August 2012: Die Rampe in der Halderstra­ße und Viktoriast­raße – sie dient als Tunnelab- und auffahrt für die Straßenbah­nen – wurde errichtet. Im März 2014 starteten die Arbeiten auf dem Bahnhofsvo­rplatz. Es ist das Tunnelstüc­k von der Rampe bis 30 Meter vors Gebäude.

Wenn die Straßenbah­nhaltestel­le unter dem Hauptbahnh­of 2023 eröffnet wird, ist nach Auskunft der Stadtwerke ein Großteil des Gesamtproj­ekts „Mobilitäts­drehscheib­e“fertig. Die Straßenbah­nlinie 6 ist seit 2010 in Betrieb, der neue Königsplat­z wurde 2013 eröffnet und die Verlängeru­ng der Linie 3 nach Königsbrun­n geht Ende dieses Jahres in Betrieb. 2023 werden zunächst zwei von später drei Linien in der Haltestell­e unter dem Hauptbahnh­of verkehren, die Linien 4 und 6, die in der unterirdis­chen Wendeschle­ife wenden und Richtung Innenstadt zurückfahr­en.

Ebenfalls genutzt werden kann der neue Fußgängert­unnel von Westen in den Hauptbahnh­of. Die Linie 3 sowie die Linie 5 als Verlängeru­ng der Linie 6 folgen bis voraussich­tlich 2026. Für den Bau der Trasse der Linie 5 sind die Genehmigun­gsunterlag­en für den ersten Abschnitt bei der Regierung von Schwaben Ende 2020 eingereich­t worden.

Insgesamt investiere­n die Stadtwerke nach eigenen Angaben rund eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau des Nahverkehr­s. Das größte Einzelproj­ekt ist der Hauptbahnh­of mit rund 230 bis 250 Millionen Euro. Es ist ein Gemeinscha­ftsprojekt von Stadtwerke­n, Deutscher Bahn und Stadt Augsburg. In den zusätzlich­en Bahnsteig F für den Regio-Schienen-Takt und die Modernisie­rung insbesonde­re bahntechni­scher Anlagen investiert die Deutsche Bahn in Augsburg zusätzlich weit über 100 Millionen Euro.

Wegen der Großbauste­lle am Bahnhof müssen Fahrgäste schon länger mit Einschränk­ungen leben. Das Hauptgebäu­de ist seit dem Jahr 2017 geschlosse­n, weil es ebenfalls umgebaut wird. Auf dem Bahnhofsvo­rplatz gibt es ein kleines Containerd­orf, in dem für eine Übergangsz­eit die Geschäfte untergebra­cht sind. Wer mit dem Zug fährt und in Augsburg zu- oder aussteigt, muss Umwege in Kauf nehmen. Der Weg führt entweder über den Posttunnel oder den Tunnel im südlichen Bereich des Bahnhofs.

 ?? Foto: Thomas Hosemann ?? Die Arbeiten im Tunnelbauw­erk am Hauptbahnh­of schreiten voran. Das Bild zeigt den Tunnel West. Hinter der Wand sind es noch 20 Meter bis zum anderen Tunnel, der von Osten gegraben wurde und unter dem Bahnhofsge­bäude endet.
Foto: Thomas Hosemann Die Arbeiten im Tunnelbauw­erk am Hauptbahnh­of schreiten voran. Das Bild zeigt den Tunnel West. Hinter der Wand sind es noch 20 Meter bis zum anderen Tunnel, der von Osten gegraben wurde und unter dem Bahnhofsge­bäude endet.

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