Die Frage der Woche
Den Einkaufswagen immer als Sammelstelle zwischenparken?
PRO RICHARD MAYR
Früher, das heißt vor Corona, hätte man nie gedacht, dass der Einkauf im Supermarkt einmal das soziale Highlight des Tages sein wird. Endlich unter Menschen, endlich in Gesellschaft. Wobei gleich eingeschränkt werden muss, dass es im Supermarkt ist wie überall auf der Welt, wo Menschen zusammenkommen: Es menschelt auch dort.
Und es soll hier und jetzt gar nicht über etwaige Unfreundlichkeiten des Personals geschrieben werden – ich kenne kein unfreundliches Kassenpersonal. Vielmehr möchte ich mir an die eigene Nase greifen. Also kurz hier mein Outing als Einkäufer: Ich gehöre zu dem Typus, der seinen Einkaufswagen stehen lässt, der ihn vor den Regalen parkt. Und wie ich erst jüngst erfahren habe, gibt es in Supermärkten neben dem Typus des Korbträgers den Einkaufswagenschieber in zwei Ausprägungsformen: den Parker und den Schieber. Anscheinend haben zweitere ein Problem mit ersteren, kommen die Schieber mit den Parkern nicht so gut klar. Denn: Der abgestellte Wagen stellt angeblich ein SupermarktÄrgernis, weil Hindernis dar.
Es soll flutschen im Supermarkt, genauso wie auf deutschen Straßen. Was es ja schon lange nicht mehr tut. Und bitte: An Staus sind nicht nur die anderen schuld. Ähnlich ist es im Supermarkt. Die Hindernisse gibt’s im Supermarkt ja nur, weil man sich von seinem Einkaufswagen nicht trennen kann, auch dann nicht, wenn es in dem schmalen Regalgang Gegenverkehr gibt und an der Seite noch ein geparkter Wagen steht. Da kann man nur sagen: abstellen und ruhig bleiben. Bis zur Supermarkt-Verkehrsordnung mit striktem Schiebezwang wird es noch lange dauern. In der Pandemie sollte man sich außerdem nicht leichtfertig das soziale Highlight des Tages vergällen.
CONTRA STEFANIE WIRSCHING
Was kann einen im Supermarkt noch mehr nerven als der Kunde, der seinen Einkaufswagen irgendwo platziert, um dann wieselflink durch die Gänge huschen zu können? Paare, die ihren Einkaufswagen abstellen, um dann vor dem Wurstregal darüber zu debattieren, ob die Geflügelleberwurst beiden zusagt. Dazu, also zu den Paaren, aber ein andermal. Es mag Supermärkte geben, durch dessen Gänge man mit einer Kutsche fahren könnte, so breit sind sie (eine sehr schöne Vorstellung im Übrigen). Aber der normale Supermarkt legt sein Regallabyrinth eher so an, dass maximal zwei Menschen in einen Gang passen. Bückt sich der eine, um ganz unten aus dem Regal die Dose mit dem Billigmais zu holen, muss der andere mit seinem Wagen höflich warten und Platz beim Vorbeifahren machen, bis er sich die daneben platzierten Kichererbsen greifen kann. So ist das nun mal. Der Supermarkt
mag ein Konsumtempel sein, aber er ist keine Wohlfühloase. Schon gar nicht in Zeiten, in denen der Einkaufswagen ja auch als Abstandshalter eine weitere Funktion erfüllt und alle schnell wieder raus wollen. Die wieselflinken Kunden aber sehen ihren Vorteil darin, dass sie sich bei ihrem Beutezug überall durchschlängeln können, ohne durchs vierrädrige Vehikel in ihrer Wendigkeit behindert zu werden. Der Wagen versperrt derweil anderen den Weg, verurteilt sie zum Slalomlauf. Ja hallo, liebe Leute! Würden das alle machen, der ganze Supermarkt stände voller verwaister Einkaufswagen. Kunden würden ihre Silberzwiebeln verzweifelt im Fremdwagen ablegen, weil sie den eigenen nicht mehr finden. Es wäre das pure Chaos. Die meisten Kunden begreifen sich und ihren Einkaufswagen deswegen auch als untrennbare Einheit. Die anderen wollen nur mal schnell zu den Brühwürfeln …