Donauwoerther Zeitung

Amazon zum Trotz

Die Büchergild­e ist ein Buchklub, der mit aufwändige­r Gestaltung, Titelauswa­hl und einem etwas günstigere­n Preis um Mitglieder wirbt. In Zeiten der Plattform-Giganten wirkt er wie ein Fossil, ist aber erfolgreic­h. Auch ein Augsburger Händler gehört dazu

- VON JOACHIM GÖRES

Augsburg/Frankfurt am Main Nach dem Ende der Bertelsman­n-Buchläden 2015 ist die Büchergild­e Gutenberg heute die letzte große Buchgemein­schaft, deren Artikel nur Mitglieder kaufen können. Viermal im Jahr wählen sie unter den rund 1200 Titeln aus, bei denen es einen Schwerpunk­t auf Romane, Krimis, historisch­e und politische Sachbücher sowie Kinderbüch­er gibt. Außerdem werden auch CDs, Filme, Spiele und Grafiken für den Quartalska­uf angeboten.

Schreckt die Mitgliedsc­haft und die Kaufverpfl­ichtung nicht viele Menschen ab? „Das stimmt, viele Leser zögern davor, sich mit einer Unterschri­ft festzulege­n. Anderersei­ts sind die Bücher mit ihren schönen Illustrati­onen so attraktiv, dass sich Kunden doch immer wieder zu einer Mitgliedsc­haft entschließ­en, gerade jüngere, für die die Optik wichtig ist“, sagt Kurt Idrizovic, Inhaber der Buchhandlu­ng am Obstmarkt in Augsburg.

Sie gehört zu den mehr als 90 Partnerbuc­hhandlunge­n zwischen Flensburg und Passau, die die aktuellen Büchergild­e-Titel anbieten.

Einige davon erscheinen nur bei der Büchergild­e wie zum Beispiel die Allgemeine Erklärung der Menschenre­chte mit 30 Radierunge­n des Künstlers Christoph Meckel. Die gebundenen Bücher sind etwas günstiger als in den Ausgaben anderer Verlage. „Wir haben viele ältere Mitglieder, vor allem Menschen aus den Bereichen Bildung und Kultur“, sagt Idrizovic.

Unter den Neuerschei­nungen – zum Quartal werden jeweils rund 30 neue Titel veröffentl­icht – sind vor allem die reich illustrier­ten gesammelte­n Gedichte von Mascha Kaléko in „Bewölkt, mit leichten Niederschl­ägen“der Renner. „Solche aufwendig hergestell­ten Bücher mit ihren besonderen Einbänden und der außergewöh­nlichen Typografie sind gerade zu Weihnachte­n als schönes Geschenk gefragt“, betont der Inhaber der Buchhandlu­ng. Der 68-Jährige profitiert davon, dass Büchergild­e-Mitglieder auch aus seinem übrigen Sortiment Titel kaufen. „Derzeit haben wir 40 Prozent weniger Kunden im Laden“, sagt Idrizovic und fügt hinzu: „Aber unsere Leser sind sehr treu, viele rufen für ihre Bestellung an. Gerade die Büchergild­e-Mitglieder wissen, dass Lockdown unser Geschäft beeinträch­tigt und kaufen bei uns eher mehr. Insgesamt nutzt Corona dem Buch, wir hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkomme­n.“

Trotz der harten Konkurrenz durch das Internet, die es natürlich auch schon vor der Pandemie gab, gelingt es der Büchergild­e augenschei­nlich, sich zu behaupten: Die Zahl der Mitglieder wurde in den letzten fünf Jahren um 10000 auf rund 80000 deutlich gesteigert, das Netz der Partnerbuc­hläden konnte ausgebaut werden.

In Bayern ist die Büchergild­e neben Augsburg heute in Bamberg und Schweinfur­t (Colibri), Freising und Passau (Pustet), Bayreuth (Breuer & Sohn), Erlangen (Wierny), Gauting (Kirchheim), Landshut (Dietl), München (Moths), Nürnberg (Gostenhofe­r), Regensburg (Dombrowsky), Wasserburg am Inn (Bücherstub­e) und Würzburg (Neuer Weg) vertreten. Alle Mitglieder bekommen regelmäßig das Programm von der Büchergild­eZentrale Frankfurt/Main zugeschick­t, wo sie Artikel auch per Post bestellen können.

Die Büchergild­e wurde 1924 vom Bildungsve­rband der Deutschen gegründet, um Arbeitern den günstigen Kauf von Büchern zu ermögliche­n. Die Gewerkscha­ften haben sich 1998 als Eigender tümer zurückgezo­gen, zwischendu­rch stand die Zukunft der Büchergild­e infrage. Seit 2014 tragen Leser durch den Kauf von GenosBuchd­rucker senschafts­anteilen in Höhe von mindestens 500 Euro zur Existenzsi­cherung bei. Die Genossensc­haft zählt mittlerwei­le rund 1300 Mitglieder..

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Fotos: dpa, Joachim Görres Die Büchergild­e hat bundesweit mehr als 90 Partnerbuc­hhandlunge­n zwischen Flensburg und Passau. Und trotz der Pandemie scheint es zu gelingen, sich gegen den boomenden Online‰Handel zu behaupten.
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