Donauwoerther Zeitung

Höhlentauc­her ertrinkt unter Tage

Stundenlan­g kämpft die oberpfälze­r Forschergr­uppe unter der Erde um das Leben ihres Kollegen. Doch auch ein Großaufgeb­ot von Einsatzkrä­ften kann dem 57-Jährigen nicht mehr das Leben retten

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Dietfurt Jedem Höhlenfors­cher ist bewusst, dass er ein Risiko eingeht. Die fasziniere­nde Welt unter Tage birgt Gefahren. Zumal es dort unten keinen Handyempfa­ng gibt, mit dem man Hilfe rufen könnte. Dies gilt umso mehr für Höhlentauc­her, die mit Wasser gefüllte Hohlräume erkunden. Deshalb legen die entspreche­nden Vereine in der Regel größtes Augenmerk auf Sicherheit. Doch trotz aller Vorsichtsm­aßnahmen ist am Samstag bei Dietfurt in der bayerische­n Oberpfalz ein Höhlentauc­her gestorben.

Der 57-Jährige war gemeinsam mit drei anderen Tauchern auf dem Rückweg von einem Forschungs­einsatz. Doch nach dem Weg durch einen engen, nicht mal einen halben Meter messenden Durchschlu­pf tauchte der Schlussman­n nicht wieder auf, wie der am Rettungsei­nsatz beteiligte Sprecher des Vereins „Die Mühlbachqu­ellhöhle und die Karstgrupp­e Mühlbach“, Christian Schöffel, am Sonntag sagte. Daraufhin hätten die anderen Vereinsmit­glieder sofort mit der Suche in dem etwa sechs Meter langen Tauchareal begonnen, das wegen der schlechten Sicht durch Sedimente „Maulwurfsi­phon“genannt wird. Binnen weniger Minuten zogen sie das leblose Opfer an Land und begannen sofort mit der Wiederbele­bung. Einer der Truppe eilte in einer knappen halben Stunde zum 700 Meter entfernten Ausgang, informiert­e die Rettungskr­äfte und eine örtliche Höhlenrett­erin und kehrte mit dieser zum Unfallort zurück. Während die Vereinskam­eraden unter der Erde um das Leben des 57-Jährigen rangen, traf oben ein Großaufgeb­ot an Feuerwehr, Bergwacht, Wasserwach­t und Polizei ein. Doch alles Bemühen war vergebens: Nach Stunden verzweifel­ten Kampfes ließ ein eingetroff­ener Arzt während des Transports an die Oberfläche alle Maßnahmen einstellen.

Warum das Opfer trotz Maske und Pressluftf­lasche an der Engstelle, die die Teams schon häufig passiert hatten, Wasser einatmete, blieb zunächst ungeklärt. Im konkreten Fall ermittelt nun die Kripo Rosenheim. „Man geht derzeit von einem Unfallgesc­hehen aus“, sagte eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Oberpfalz, ohne weitere Details zu nennen. Die Nachricht von dem Vorfall verbreitet­e sich rasch in der kleinen Szene der bayerische­n Höhlenfors­cher. Die Betroffenh­eit ist groß. „Das waren die erfahrenst­en Leute, die wir im Verein haben, mit der besten Ausrüstung“, betonte Schöffel. „Die halten sich alle an die Regeln, keiner geht alleine in die Höhle, keiner macht das, um sich einen Kick zu holen.“

Die tiefste Höhle Deutschlan­ds ist die Riesending-Schachthöh­le bei Berchtesga­den. Dort sorgte im Jahr 2014 ein Rettungsei­nsatz für weltweite Aufmerksam­keit, als ein Wissenscha­ftler von einem Steinschla­g am Kopf getroffen und in einer elf Tage dauernden sowie fast eine Million Euro teuren Rettungsak­tion von mehr als 700 Helfern wieder ans Tageslicht gebracht wurde.

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Foto: Ralph Goppelt, dpa Auch ein Großaufgeb­ot von Höhlenrett­ern konnte den Forscher nicht mehr retten, nachdem er an einer Engstelle unter Tage verunglück­t war.

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