Wenn der Mundschutz Kunst wird
Schüler entdecken ihre Alltagswelt neu
NeuUlm Wie vermittelt man künstlerisches, kreatives, haptisches Arbeiten über den Bildschirm? Vor dieser schwierigen Frage stand Leyla Szeiler. Ihr selbst habe das Kreative anfangs ebenso gefehlt wie den Schülern, sagt die Lehrerin für Deutsch, Kunst und Werken an der Inge-Aicher-Scholl-Realschule im Neu-Ulmer Ortsteil Pfuhl. „Da kam mir die Idee, jeden Freitag eine kreative Aufgabe online zu stellen“, erzählt die 32-Jährige.
Eine dieser Aufgaben: „Gestalte ein bekanntes Kunstwerk nach.“Die Idee orientiert sich an der sogenannten Getty Museum Challenge, ausgehend vom gleichnamigen Museum in Los Angeles, bei der Internetnutzer weltweit berühmte Gemälde nachbilden. „Dafür sollten die Schüler zu Hause nach Materialien suchen – und ich war echt fasziniert von den Ergebnissen.“Ein Kind versammelte für Leonardo da Vincis „Abendmahl“seine Stofftiere um den heimischen Esstisch – mit einem Eisbären als Verkörperung Jesu. Statt zweier Hände wie auf Michelangelos „Die Erschaffung Adams“zeigen die Schülerversionen des Bildes eine Hand plus Hundeoder Katzenpfote.
„Lernanreize geben, kreative Prozesse in den Unterricht einbauen, die Schüler spielerisch abholen“: Diese Sätze fallen im Gespräch mit der Realschullehrerin immer wieder. Sie ist überzeugt davon: Wenn sich alles zu Hause abspielt, liefert die Alltagswelt am meisten Motivation. So oft es geht, versucht Leyla Szeiler, diese in ihren Unterricht einzubauen. Sie ließ die Schüler einen Vlog – also einen Videoblog – über ihr Leben im Lockdown drehen. Ihr Projekt „Die fantasievolle Welt der Alltagsgegenstände“gab den Schülern Inspiration, Dinge des täglichen Gebrauchs zum Mittelpunkt eines Kunstwerks zu machen. Kann jeder Lehrer diesen kreativen Prozess in Gang setzen? „Da bin ich ganz sicher“, sagt die Günzburgerin. Ihre Ideen entwickelt sie beim Surfen im Internet und im Austausch mit den Kollegen.