Das Einmaleins des digitalen Lernens
Im Kreis Günzburg ist manche Klasse viele Schritte weiter als anderswo
JettingenScheppach Kein noch so guter Digitalunterricht kann Präsenzunterricht ersetzen: Kaum ein Satz fällt so oft, wenn es um Schule im Lockdown geht. An der Grundschule Jettingen-Scheppach (Kreis Günzburg) trifft er zumindest inhaltlich keinesfalls zu. Alisa und Konstantin sind heute extra in die Schule gekommen, um zu zeigen, was sie am Tablet schon gelernt haben. Die beiden besuchen die Klasse 1a und sehen ihre Klassleiterin Monika Schäfer im Moment sonst nur am Bildschirm. „Mir macht Mathe am Tablet am meisten Spaß“, ruft Konstantin, zeichnet auf seinem iPad erst eine Null, dann eine Eins und eine Zwei. Das Gerät zeigt ihm an: Perfekt gemacht! Alisa präsentiert das E-Book für Zahlen von Eins bis Zehn, das sie mit der App Book Creator gestaltet und jede Zahl mit Gegenständen aus dem Alltag illustriert hat. „Am liebsten habe ich aber Videokonferenz“, freut sich
Alisa. Zweimal am Tag schaltet sich Monika Schäfer zu den Kindern aufs iPad, morgens und meistens mittags. „Ein fester Rhythmus ist wichtig für die Schüler, auch im Distanzunterricht“, sagt sie.
Die Grundschule JettingenScheppach ist in der glücklichen Lage, allen 230 Schülern ein iPad zur Verfügung stellen zu können – nicht erst seit Corona, schon seit Januar 2020. 100 000 Euro an LeasingKosten hat die Gemeinde übernommen. Schulleiter Andreas Spatz erinnert sich noch gut, wie er 2017 bei örtlichen Firmen Spendengelder für die ersten 50 Tablets einsammelte.
„Mit der Einführung der iPads begannen die Fortbildungen der Lehrkräfte“, sagt Spatz. Dafür sei ein Apple-Trainer an die Schule gekommen. „Das war wie ein Feuer, das unter den Lehrkräften entfacht wurde.“In der Corona-Krise hat die Schule nun den Vorteil, dass das Lernen und Lehren über digitale
Tools für Schüler und Lehrer längst selbstverständlich ist. Das gilt für viele Schulen im Landkreis Günzburg. „Wenn jede Schule ihre eigene Suppe kocht, wird das auf Dauer nicht funktionieren“, sagt Spatz. Mehr als 20 Kommunen im Landkreis haben sich deswegen zum „Zweckverband Digitale Schulen“zusammengeschlossen.
Der Verband verfügt über eigene IT-Administratoren, die die Digitaltechnik von 36 Grund- und Mittelschulen über ein zentrales System warten – während anderswo nach wie vor Lehrer nebenbei SoftwareUpdates aufspielen. Das Staatliche Schulamt koordiniert die Digitalisierung, das am Landkreis angesiedelte Medienzentrum übernimmt die Fortbildung der Lehrkräfte. Das Kommunikationstool Microsoft Teams kommt an jeder der 36 Schulen zum Einsatz. Die Realschulen und Gymnasien in Trägerschaft des Landkreises sind bisher nicht Teil des Zweckverbands, sollen aber nach Angaben von Schulamtsdirektor Thomas Schulze „im Lauf des Jahres“dazukommen. Auf Schulzes Initiative geht auch das „DigiteamGZ“zurück – sechs digitalaffine Lehrer plus Schulamtsdirektor, die unter anderem ständig neue Lehrvideos für einen eigenen Youtube-Kanal produzieren.
„Wenn der Zweckverband die Technik betreut, können wir Lehrer uns aufs Pädagogische konzentrieren“, schlussfolgert Schulleiter Andreas Spatz. Sein Ansatz lautet: „Digitale Lernmittel können eine sinnvolle Ergänzung zu den klassischen Unterrichtsmethoden sein. Man sollte sie aber nur dann einsetzen, wenn sie wirklich einen Mehrwert bringen.“
Erstklässlerin Alisa mag die neue Art des Unterrichts. Trotzdem lernt sie am liebsten im Klassenzimmer: „Ich hoffe echt, dass es bald wieder losgeht!“