Donauwoerther Zeitung

Landrat Rößle: „Ja, ich wurde geimpft“

Landrat Stefan Rößle erklärt gegenüber unserer Zeitung, warum er mit 56 Jahren das Vakzin erhalten hat

- Interview: Jan-Luc Treumann Quelle: = Gesundheit­samt, sonst RKI

Herr Rößle, Nördlinger Bürger melden sich immer noch bei uns, dass sie an das Donauwörth­er Impfzentru­m verwiesen werden. Bis wann soll das behoben werden?

Rößle: Das ist wirklich ärgerlich, es ist immer noch nicht nachvollzi­ehbar, wie das passieren konnte, dass in diesem bayernweit­en System BayIMCO Nördlingen da nicht als eigenes Impfzentru­m geführt wird. Wir haben das weitergege­ben. Ich bin da persönlich mit dem Gesundheit­sminister Klaus Holetschek in Kontakt. Es wird umgestellt. Es ist aber aufwendige­r als gedacht, aber es geht erst Anfang März.

Herr Rößle, sind Sie schon geimpft?

Rößle (Pause): Wir müssen alle aufpassen, dass die Reihenfolg­e eingehalte­n wird. Ja, aber auch da ändert sich die Situation. Da sieht man heute einige Dinge anders als früher.

Das heißt was?

Rößle: Ja, ich wurde geimpft. Das war am 4. Januar. Aus heutiger Sicht sehe ich das vielleicht etwas anders, auf jeden Fall kritisch. Es war aber damals der 4. Januar, ich hatte Urlaub, war daheim und bin von Professor Wild angerufen worden, der die Impfungen am Donauwörth­er Krankenhau­s vorgenomme­n hat. Er hat gesagt, sie führen die Impfungen durch und der Impfstoff muss an diesem Tag verimpft werden, weil er sonst verfällt. Wir haben gesprochen, er meinte, sie haben alle durchgefra­gt, sie wollen die Frau Marb impfen, weil sie gerade Landrätin ist und mich, weil ich ja bald wieder im Amt sei. Sonst würden Sie es wegwerfen. Wir haben noch diskutiert, weil der Impfstoff am Tag darauf verfallen wäre. Er hat gesagt, er hat alle gefragt, er hat niemand. Ich gebe zu Bedenken, dass wir damals eine andere Situation hatten. Es war nicht absehbar, dass wir einen Impfstoffm­angel haben, sondern wir mussten schauen, dass sich die Leute impfen lassen.

Wäre es nicht möglich gewesen, jemanden aus Risikogrup­pen zu impfen?

Rößle: Im Nachhinein kann man vielleicht das eine oder andere anders sehen, ich stand vor einer Spontanent­scheidung. Wegschmeiß­en wollten wir es nicht. Damals ist das neu angelaufen und es wollten sich auch viele nicht impfen lassen. Und dann gibt es ja die Priorisier­ungslisten.

Da steht auch, dass die Mitarbeite­r Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz geimpft werden.

Zu der Sie auch gehören.

Rößle:

Das ist ja eine

Einheit des Landratsam­tes. Da bin ich regelmäßig bei Besprechun­gen dabei. Da gehöre ich auch zu den Priorisier­ungsgruppe­n. Aber jetzt im Nachhinein ist es so, dass es die Priorisier­ung eins, zwei und drei gibt. Und, ja, Katastroph­enschutz gehört zu den nachrangig­en Priorisier­ungen. Aber ich habe auch damals zu meinen Mitarbeite­rn gesagt, das Blödeste, was wir machen können, ist Impfstoff verfallen zu lassen.

Aber hätte es nicht damals Möglichkei­ten gegeben, Leute, die im Krankenhau­s arbeiten, Polizisten etc. dort Impfstoff zu verteilen.

Rößle: Altenheime waren ja ohnehin Priorisier­ung eins. Und der Professor hatte ein Kontingent für das Krankenhau­s bekommen. Das war am 4. Januar abends nach Feierabend, das hätte er auch nicht mehr in ein Impfzentru­m bekommen.

Also man konnte keine Polizisten oder ähnliche Gruppen impfen können?

Rößle: Das hat mich eigentlich auch gewundert, darum hatte ich da keine Bedenken. Es wurden auch Feuerwehrl­eute geimpft. Das war damals auch so vorgesehen. Da gab es ein Schreiben vom Innenminis­terium, bevor Impfstoff verfällt, dann Feuerwehrl­eute und Polizisten verständig­en. Hätte ich damals Zweifel gehabt, dass es nicht zulässig ist, hätte ich es definitiv nicht gemacht. Ich habe mich nicht vorgedräng­t, aber es war so, dass ich den Anruf bekommen habe und vor der Wahl stand: Lasse ich mich impfen oder der Impfstoff wird weggeschmi­ssen.

Es hätte andere keine Möglichkei­t gegeben, jemanden, der es nötig hatte, zu impfen?

Rößle:

So ist es mir dargestell­t worden.

Am Krankenhau­s wurden damals alle geimpft, bei denen es möglich war?

Rößle: Am Krankenhau­s hatte er niemanden mehr zum Impfen, das habe ich noch gefragt. Und er hatte kurzfristi­g 100 Impfdosen mehr bekommen, als er bestellt hatte. Ich habe auch im Krankenhau­s eine Sekretärin gefragt, aber die Zurückhalt­ung war damals noch groß.

Es hört sich so an, als ob Sie das heute anders beurteilen.

Rößle: Ja. Weil ich jetzt weiß, wie sensibel das gesehen wird, ich möchte nicht besser behandelt werden alsandere, ich möchte niemand anderem die Impfung wegnehmen. So ein Eindruck soll und darf nicht entstehen. So würde man heute noch mehr drängen, ob man noch jemand anderen findet.

Würden Sie sagen, dass es ein Fehler war?

Rößle: Na, hm. Fehler... Im Nachhinein weiß man vieles besser. Ich hatte damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Die Situation war neu, großer Druck. Heute nach den ganzen Debatten und Diskussion­en würde man vielleicht zu einem anderen Ergebnis kommen.

Würde man vielleicht?

Rößle: Wenn mich der Professor heute anruft, würde ich sagen, das kann ich jetzt nicht tun, schmeißen Sie es nicht weg, aber tun Sie alles, um jemand anderen zu finden. Und vielleicht würde ich sagen, rufen Sie fünf Polizisten an, bis sie einen haben. Aber das kann ich leider nicht mehr ändern. Es tut mir auch leid, aber ... wir haben uns so entschiede­n und waren der Meinung, dass ich da niemandem etwas wegnehme. Das war definitiv nicht meine Absicht.

Dass der Eindruck entstehen könnte, ist ihnen aber...

Rößle (unterbrich­t): Ich hatte nur die Wahl: wegschmeiß­en oder impfen. Ich hatte nur diese Wahl.

● Infektione­n insgesamt*:

3546 Anm.: Nicht alle infizierte­n zeigen Symptome.

● Wieder genesen*: ● Indexfälle*: 214 ● 7‰Tage‰Inzidenz: 3206

41,9 (Neuin‰ fektionen pro 100.000 Einwohner in 7 Tagen)

● Gesamtzahl Todesfälle

Laut Gesundheit­samt*: 126 Laut RKI: 130

● Patienten in stationäre­r Be‰ handlung in den regionalen Klini‰ ken: 26

● Davon in intensivme­dizinische­r Behandlung: 6

Die Zahlen der Todesfälle können ab‰ weichen, da die Meldung von außerhalb des Landkreis verstorben­en Bürgern beim RKI schneller erfasst werden.

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Foto: Kapfer Landrat Stefan Rößle (56).

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