Bestimmt nicht vorbildlich
Der eine mag die Kritik als Impfneid abtun, wenn sich Landrat und Oberbürgermeister bei offensichtlicher Knappheit des Vakzins im Lande ziemlich früh die Nadel setzen lassen – und es als vorbildlich bezeichnen, wenn Politiker sich impfen lassen. Der andere kann es Ungerechtigkeit nennen. Erstgenannte Argumentation träfe dann zumindest in Teilen zu, hätte die politische Prominenz die Impfungen im Augenschein der Öffentlichkeit vollzogen. War beispielsweise in Israel so – auch Joe Biden hat das gemacht (wobei er eindeutig im gehobenen Seniorenalter ist).
Nein, das Ganze hat ein G’schmäckle. In der Tat mag das Beispiel des ungeimpften Polizisten, der in der Gefahr steht, sich von pöbelnden Betrunkenen anspucken zu lassen, ein plakatives sein – aber ein realistisches. Ein Exempel dafür, wer sonst noch hätte gefragt werden können. Weitere Menschen mit Telefonnummern: (Haus-)Ärzte, Lehrer, Menschen mit Behinderungen (die sich als „Härtefälle“jüngst eine frühere Impfung erklagen mussten). Wer hat überhaupt auf wessen Geheiß gefragt? Wie kommt man darauf, zuerst bei der Prominenz zu läuten statt bei den alten Mitbürgern auf den ellenlangen Wartelisten – oder eben bei einigen aus den oben genannten Gruppen? War es zu aufwendig für die Excel-Tabelle oder gar die neue Impf-Software? Oder geht es eben doch auch nach Rang und Namen?
Das Land wartet mitsamt seinen vielen Risikogruppen auf Vakzine. Einige der regionalen Größen aus der Politik haben diese bereits bekommen. Still und leise. Man mag es ihnen an sich sogar gönnen. Aber eines ist ihr Verhalten nicht: vorbildlich oder solidarisch.