Gut für Insekten und gut für das Wohnklima
Begrünte Dächer haben viele Vorteile, im Sommer wie im Winter. Auch wenn sie erst mal teurer sind, rechnen sie sich meist dennoch. Was Experten empfehlen und was nicht
Begrünte Dächer sind nicht nur optisch reizvoll und Lebensraum für Insekten, der ja immer knapper wird, sie nützen auch den Hausbesitzern selbst. Immer mehr Architekten, Planer und private Bauherren erkennen die Vorteile.
Insbesondere verhindern die grünen Dach-Oasen effektiv das Aufheizen der Dachflächen und sorgen so für ein angenehmeres Wohnklima an heißen Tagen – in Zeiten der Erderwärmung ein wichtiger Aspekt. Der Grund dafür: Gründächer können dank ihrer Masse die Wärme länger und besser speichern, was vor hohen Temperaturen in den darunterliegenden Räumen schützt.
Zudem geben Pflanzen Feuchtigkeit ab. Diese verdunstet und kühlt so die Dachoberfläche. Die Gewächse reflektieren zugleich Teile des Sonnenlichts. Dabei gilt: Je dichter die Bepflanzung ist, desto stärker ist der Kühleffekt der Dachbegrünung. Ein weiterer Vorteil: Die Pflanzen filtern Schadstoffe aus der Luft, Feinstaub wird gebunden. Insgesamt sorgen Gründächer damit für ein gutes Mikroklima. Und sie garantieren eine bessere Regulierung der Regenwasserableitung, da ein Gründach viel Wasser aufnehmen und zurückhalten kann – ein wichtiges Kriterium angesichts der Zunahme von Extremwetterlagen mit Starkregen, der nicht selten das Kanalnetz überlastet.
Das begrünte Dach ist nicht nur im Sommer ein guter Hitzeschild. Auch im Winter ist ein positiver Effekt im Haus zu spüren. Die Dachbegrünung wirkt wärmedämmend, wenngleich auf die konventionelle Dachdämmung keinesfalls verzichtet werden kann.
Eine Dachbegrünung bietet sich insbesondere für Flachdächer an. Aber auch gering geneigte Dächer eigenen sich gut. Wichtig: Die Dachkonstruktion muss für die erheblichen Zusatzlasten einer Dachbegrünung ausgelegt sein. Bei Neubauten wird das bei der Planung gleich berücksichtigt. Im Falle eines Bestandsgebäudes muss ein Fachmann die Dachkonstruktion gründlich untersuchen und grünes Licht geben. Eine Begrünung des Dachs ist hier sinnvoll, wenn das Dach ohnehin saniert werden soll.
Grundsätzlich wird zwischen intensiven und extensiven Gründächern unterschieden. Eine intensive Bepflanzung mit Gräsern, Blütenpflanzen und Stauden ist ab etwa 15 Zentimeter Substrathöhe (Nährboden) möglich. Bei einer Substrathöhe von fünf bis zehn Zentimetern wachsen immerhin schon Kräuter wie wilder Thymian, Leimkraut, Margerite, Kamille oder Nelke. Von Substraten mit weniger als fünf Zentimetern, auf denen sich auf Dauer meist nur Moose halten, raten Experten ab. Die meisten extensiven Dachbegrünungen sind pflegeleichte Mischkulturen, die aus Moos-Kraut-Gesellschaften bestehen. Höher ist dagegen der Pflegeaufwand bei einer intensiven Dachbegrünung.
Stellt sich noch die Frage nach der Dichtigkeit von Gründächern. Die Antwort: Von einem Fachmann ordnungsgemäß ausgeführt sind Gründächer dicht, ja in der Regel sogar länger haltbar als konventionelle Dächer, weil die Dachbegrünung die Dachabdichtungen vor
Temperaturextremen, hohen Temperaturschwankungen und UVStrahlen schützt. Ein qualitativ hochwertiges Dach mit Sedumpflanzen, das sind Dickblattgewächse, besteht beispielsweise aus mehreren Schichten, darunter eine Drainageschicht und eine wurzelbeständige Membran. Wenn diese Schichten allerdings nicht sorgfältig angelegt sind, können Undichtigkeiten auftreten. Aufgrund des Schichtaufbaus und der Vegetation lassen sich diese dann schwerer erkennen und beheben.
Bei allen positiven Aspekten darf ein Nachteil nicht verschwiegen werden: Gründächer sind teurer. Im Vergleich zu einem bekiesten Flachdach muss mit 30 bis 50 Euro mehr pro Quadratmeter gerechnet werden. Ein solches Dach muss allerdings oft schon nach 25 bis 30 Jahren saniert werden, während bei begrünten Dächer die Lebensdauer auf bis zu 40 Jahre verlängert wird. Das relativiert den anfänglichen Mehraufwand wieder.
Martin Sambale ist Geschäftsführer des Energie und Umweltzentrums Allgäu, kurz eza!