Donauwoerther Zeitung

Impfung: Altenpfleg­er gingen leer aus

Wie ist der Impftag am 4. Januar in der Donauwörth­er Klinik abgelaufen? gKU– Vorstände und Landrat Rößle wurden geimpft – und über 100 nicht medizinisc­he Kräfte

- VON BARBARA WILD

Landkreis Viele Menschen in der Region und weit darüber hinaus reagieren erbost und entrüstet auf die Nachricht, dass sich Lokalpolit­iker aus dem Landkreis Donau-Ries vorzeitig gegen Corona haben impfen lassen. Einer aber kann es nicht fassen, was er am Dienstag in der Zeitung gelesen hat: Helmut K., Pfleger in einem gKU-Seniorenhe­im im Landkreis. Denn am 4. Januar – jenem Tag, an dem für Landrat Stefan Rößle eine Impfdosis übrig gewesen sein soll – hätte auch der Altenpfleg­er geimpft werden sollen – und wurde nach eigenen Angaben mangels Impfstoff wieder nach Hause geschickt.

Helmut K., der nicht mit seinem echten Namen in der Zeitung stehen will, habe an jenem ersten Montag im Januar zusammen mit seinen Kollegen des Seniorenhe­imes einen Impftermin im Donauwörth­er Krankenhau­s gehabt. Er habe nicht gezögert, als sein Arbeitgebe­r nachgefrag­t hatte, ob er sich impfen lassen will, und seinen Namen auf die Liste geschriebe­n. Vor allem, weil er täglich in seinen Schichten sehe und erlebe, was Corona bedeute. „Bei uns im Heim ist die Lage seit Wochen sehr schwierig und viele Bewohner sind gestorben“, sagt die Pflegekraf­t.

Er sei am Vormittag ins Krankenhau­s nach Donauwörth gefahren, um den ersehnten Picks zu bekommen. „Als wir dann anstanden und die ersten von uns schon durch waren, haben sie mich und drei meiner Kollegen wieder nach Hause geschickt.“Als Grund sei ihm Folgendes genannt worden: „Sie sagten, es sei kein Impfstoff mehr da.“

Die Enttäuschu­ng sei damals groß gewesen. Doch das öffentlich­e Eingeständ­nis von Landrat Stefan Rößle und seiner Stellvertr­eterin Claudia Marb habe ihn mehr als geärgert. Das Impfstoff übrig gewesen sein soll, könne er schlicht nicht glauben. Er frage sich bis heute, warum er nicht wieder kontaktier­t worden sei. „Wütend bin ich nicht auf Landrat Rößle, ich bin wütend auf die Organisati­on im gKU. Die wussten doch, dass Mitarbeite­r aus den Heimen auf die Impfung warten.“

Für Helmut K. hatte sich schon kurz darauf herausgest­ellt, dass er für eine Impfung erst einmal nicht mehr in Frage kommt. Am selben Tag seines Impftermin­s, musste er als Kontaktper­son 1 eines infizierte­n Bewohners ins Testzentru­m nach Möttingen, um einen Corona-Test zu machen. Das Ergebnis war eindeutig: positiv.

Wie gKU-Vorstand Jürgen Busse auf Nachfrage erklärt, seien seines Wissens alle medizinisc­hen Mitarbeite­r der gKU-Häuser, die es wollten, am 4. Januar geimpft worden. Bei einigen habe man vermutet, sie könnten sich mit dem Coronaviru­s infiziert haben und habe sie deshalb aus der geplanten Impfung genommen.

Busse berichtet den Ablauf am 4. Januar folgenderm­aßen: Am 31. Januar und kurzfristi­g am 2. Januar habe der Landkreis Impfdosen erhalten. Am 3. Januar habe Dr. Alexander Wild, der die Impfaktion in Donauwörth geleitet habe, auf Station 9 des Krankenhau­ses alles vorbereite­t. In Nördlingen habe diese Aufgabe Dr. Bernhard Kuch übernommen. Am Montagmorg­en seien dann 80 der Biontech-Fläschchen angeliefer­t worden und zu gleichen

Teilen auf die beiden Häuser verteilt worden.

Da in Donauwörth bereits die sehr dünnen Ein-Milliliter-Spritzen verwendet wurden, habe man teilweise aus den Impf-Fläschchen sechs Einzeldose­n gewonnen. Am Ende habe man 227 Impfungen gesetzt. Die Spritzen gingen an 84 Pflegekräf­te und 26 Ärzte, die eindeutig der Gruppe mit der höchsten Priorisier­ung 1 zuzuordnen sind.

Dann habe man laut Aufstellun­g, die Busse schriftlic­h übermittel­n ließ, 55 weitere Mitarbeite­r mit unmittelba­rem Patientenk­ontakt und etwa 60 weitere Mitarbeite­r geimpft – also 115 nicht medizinisc­he Kräfte. Darunter auch die gKU-Vorstände Jürgen Busse und Roland Buchheit, Laboranges­tellte, die Pflegedire­ktorin und Betriebste­chniker. Busse rechtferti­gt das so: Angesichts verschiede­ner Ausbrüche in den Krankenhäu­sern und Heimen ging es darum, sämtliche Mitarbeite­r der Häuser vor weiteren Infektione­n zu schützen.

Als dann noch zwei Impfdosen übrige waren, habe die Beratung zwischen Chefärzten, Vorständen und der Pflegedire­ktion ergeben, dass diese an den Landrat und seine Stellvertr­eterin gegeben werden könnten, so erklärt es Vorstand Jürgen Busse.

Patienten zu impfen, sei nicht möglich gewesen, da diese über das Impfzentru­m registrier­t werden müssten. Sowohl Claudia Marb als auch Landrat Stefan Rößle seien entspreche­nd namentlich und in ihrer Funktion als geimpft gemeldet worden. Busse räumt ein, es sei im nachhinein „ein politische­r Fehler“gewesen, dem Landrat und seiner Stellvertr­eterin ein Impf-Angebot zu machen.

In Zukunft wird es keine weiteren gKU-internen Impfaktion­en mehr geben. Die bisher nicht geimpften 1132 Mitarbeite­r der Krankenhäu­ser und Seniorenhe­ime werden in den Impfzentre­n ihre Spritze erhalten und können sich auf einer Nachrücker­liste vermerken lassen, wenn sie kurzfristi­g für eine Impfung zur Verfügung stehen. Seit 1. Februar obliegt die Organisati­on dort dem BRK Nordschwab­en. Die dort eingesetzt­en Ärzte stellt weiterhin das gKU.

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Foto: MIS Bereit zur Impfung – das waren am 4. Januar im Donauwörth­er Krankenhau­s auch einige Spritzen, für die Impflinge fehlten. Am Ende wurde der Landrat, seine Stellvertr­eterin, gKU‰Vorstände und über 100 nicht medizinisc­he Kräfte geimpft.

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