Donauwoerther Zeitung

Bei den Friseuren laufen die Telefone schon heiß

Das Haareschne­iden ist ab 1. März wieder in Salons erlaubt. Wie Friseurmei­sterin Nadine Göth aus Rain den Neustart sieht und warum es nicht nur um die Optik geht

- VON HELMUT BISSINGER

Am 1. März dürfen die Salons wieder öffnen. Die Kunden scheinen diesen Tag regelrecht herbeizuse­hnen. Mehr dazu auf

Rain Schon nach dem ersten Lockdown hat Friseurmei­sterin Nadine Göth aus Rain festgestel­lt: „Die Kunden kommen zu uns, um ihre vernachläs­sigten Frisuren retten zu lassen, aber auch zum Reden.“Damals habe sie gedacht, dass die Leute mit Mundschutz weniger sprechen würden. „Aber das stimmt nicht.“Man habe gemerkt, „dass die Kunden lange keinen Kontakt zu anderen Menschen hatten“. Das werde auch jetzt so sein, wenn sie ihren Salon ab 1. März wieder öffnen darf.

Noch bevor sie von den langen Wochen spricht, in denen ihr Salon geschlosse­n war, sagt Nadine Göth ganz spontan: „Ich freue mich. Es geht wieder los.“Zuversicht ist aus jedem Satz zu hören. Man wisse nicht, wie es nach der Öffnung weitergeht. „Aber wir müssen es versuchen.“

Nach elf Wochen Lockdown klingelt das Telefon fast unentwegt. „Wir werden fast überrannt“, sagt Göth. Jeder möchte einen Termin. hatte sich herumgespr­ochen, dass die Friseure wieder öffnen dürfen, füllte sich der Kalender. „Man spürt, dass die Kunden es kaum erwarten können.“Sie sei überrascht, dass sich doch einige Neukunden meldeten, „weil die Termine offenbar auch bei anderen rar sind“.

Seit dem 16. Dezember haben die Friseure keinen Cent verdient. Nadine Göth hat sogar Geld ausgegeben, aber die Zeit sei ideal gewesen, um kleinere Reparature­n und Verschöner­ungen im Salon durchzufüh­ren. Ihre Mitarbeite­rinnen, neun Teil- und Vollzeitkr­äfte, hat die Friseurmei­sterin bereits kontaktier­t. Sie kann nicht ausschließ­en, dass diese da und dort privat an völlig aus der Form geratenen Frisuren auch Hand angelegt haben. Das könne sie eigentlich niemandem verübeln, fehle den Mitarbeite­rn in Kurzarbeit doch Geld.

Die Rainerin ist sich bewusst, dass es am 1. März einen Neubeginn auf Sparflamme geben wird. Eigentlich hat sie zwölf Plätze, an denen gearbeitet werden könnte. Doch wegen der Hygieneauf­lagen könne sie nur die Hälfte belegen. Es werde so sein wie vor dem Lockdown: „Die Frisur kann man wegen der Maske kaum richtig beurteilen, weil das halbe Gesicht verdeckt ist. Die Maske ist das Schlimmste an den Schutzvork­ehrungen.“Anderes werde sie wohl auch nach dem Ende der Pandemie beibehalte­n, wie die Desinfekti­onsmaßnahm­en.

Angst, sich anzustecke­n, habe sie nicht. „Viele Kunden halten es auch für total übertriebe­n, dass wir alle Mundschutz tragen müssen. Ich finde, da nehmen es manche ein bisschen zu locker.“Das sei nötig. Gäbe es unter den Beschäftig­ten einen Coronafall, müssten alle für zwei Wochen in Quarantäne „und ich könnte gleich wieder zumachen“.

Göth wünscht sich, dass sie den Wohlfühlch­arakter im Salon irgendwann wieder steigern kann. Einen Warteberei­ch gäbe es nicht, keine Zeitschrif­ten und keinen Kaffee. Notfalls werde sie am Anfang wegen des großen Bedarfs die Öffnungsze­iten erweitern. Ohnehin arbeiten ihre Mitarbeite­r in einem Schichtbet­rieb. „Die Rückenschm­erzen nehKaum me ich in Kauf“, lacht Nadine Göth. Diese würden zwangsläuf­ig nach der langen Ruhepause wieder auftreten.

Vom ersten Lockdown im vergangene­n Frühjahr weiß Nadine Göth, dass es nun darum gehe, manche Frisuren zu retten. „Damals hat man gerade bei Frauen ganz extrem den grauen Ansatz gesehen. Und von den Männern hatten deutlich sichtbar einige selbst Hand angelegt, vor allem im Bereich der Ohren. Teilweise war das schief geschnitte­n oder zu kurz rasiert, da passt dann der ganze Übergang nicht mehr.“So werde man auch diesmal wohl wieder einige Frisuren retten müssen. „Wir alle freuen uns, wieder eine Schere in die Hand nehmen zu dürfen.“

Der nordschwäb­ische Innungsobe­rmeister Willi Uhl (Nördlingen) sieht in den Wiedereröf­fnungen nicht nur eine wirtschaft­liche Chance, sondern auch eine, um die Pandemie einzudämme­n. „Solange Friseure nicht legal öffnen dürfen, werden manche aus finanziell­er Not im Geheimen weiterarbe­iten – ohne Hygienekon­zept.“

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Foto: Helmut Bissinger Die Telefone, wie hier bei Nadine Göth in Rain, laufen in den Friseursal­ons wegen Terminverg­aben heiß. Ab 1. März dürfen die Salons wieder öffnen.

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