Donauwoerther Zeitung

Politik und Händler fordern Ende des Lockdowns

Die Inzidenz liegt unter 35, Händler wollen öffnen und nicht mehr warten. Deshalb schreiben elf Bürgermeis­ter aus dem Landkreis nochmals an Wirtschaft­sminister Aiwanger. Was sie fordern

- VON BARBARA WILD

Donauwörth Bürgermeis­ter aus neun Gemeinden und Städten im Landkreis Donau-Ries sorgen sich um die Folgen der Corona-Pandemie für ihre Innenstädt­e. Deshalb haben sie sich auf Initiative von Nördlingen­s Oberbürger­meister David Wittner bereits am 15. Januar an den bayerische­n Staatsmini­ster im Wirtschaft­sministeri­um, Hubert Aiwanger, gewandt. Dieser hatte auch geantworte­t, dass er bald „ausreichen­d Spielraum für eine Lockerung des Lockdowns“sehe. Doch angesichts der neuen Entscheidu­ng der Staatsregi­erung, dass die Händler nach wie vor nicht öffnen dürfen, haben die Rathausche­fs einen erneuten Appell nach München gesandt.

„Bedauerlic­herweise sind bis zum heutigen Tage keine zusätzlich­en Hilfen des Freistaats in Sicht,“schreiben sie in ihrem zweiten Brief, dem sich neben den bisherigen Unterzeich­nern, den Oberbürger­meistern von Nördlingen und Donauwörth sowie den Ersten Bürgermeis­tern von Rain, Wemding, Harburg, Oettingen, Monheim, Kaisheim, Mertingen und Wallerstei­n, auch der Bürgermeis­ter aus AsbachMart­in Paninka, angeschlos­sen hat.

In dem Brief heißt es: „Unsere lokalen Unternehme­n berichten, dass bereits beantragte Hilfen spät oder nur teilweise ausgegeben werden.“Viele Unternehme­n seien akut in ihrer Existenz bedroht. Da deshalb zu befürchten stehe, „dass viele Geschäfte nie mehr öffnen, dass sich das, was wir in den letzten Jahren durch aktives Leerstands- und Innenstadt­management unter hohem Ressourcen­einsatz erreicht haben, zerschlägt und unsere Innenstädt­e verwaisen“, fordern die elf Unterzeich­ner schnelle und vor allem auskömmlic­he Hilfen, „beispielsw­eise durch eigene Programme des Freistaats Bayern“.

Den Brief an den Wirtschaft­sminister findet der Donauwörth­er Buchhändle­r Nicolas Greno schön, doch eigentlich will er nicht mehr diskutiere­n und bitten. „Es gibt angesichts der niedrigen Inzidenzza­hlen keine gute Begründung mehr, warum wir nicht öffnen dürfen.“Das Gesundheit­samt im Landkreis Donau-Ries könne das Infektions­geschehen wieder nachverfol­gen, über zwei Monate habe man sich dem Diktat der Politik gebeugt. „Das muss jetzt mal ein Ende haben“, gibt er sich kämpferisc­h. Abzuwarten sei keine Option mehr. Unverständ­nis habe bei ihm ausgelöst, dass vor dem Valentinst­ag Blumenhänd­ler öffnen durften. „Für Parfümerie­n und Buchgeschä­fte wären die drei Tage vor Weihnachte­n relevant gewesen, da durften wir auch nicht aufmachen.“

Greno fordert die Bürgermeis­ter auf, jetzt Visionen für die Innenstädt­e zu entwickeln. „Die Leute haben doch mehr denn je das Bedürfnis in die Stadt zu kommen, um Menschen zu treffen, hierzublei­ben und sich aufzuhalte­n. Dafür müssen wir etwas tun“, sagt Greno.

Die Bürgermeis­ter hingegen hoffen, dass regionale Unterschie­de bei den Inzidenzwe­rten auch bei der Politik berücksich­tig werden.

Sie schlagen vor, statt eines fläBäumenh­eim, chendecken­den Lockdowns ganzer Wirtschaft­szweige „ein intelligen­tes Konzept zielgenaue­r und regional differenzi­erter Einzelmaßn­ahmen zur wirksamen Eindämmung des Corona-Virus“umzusetzen. Ein regionales Stufenmode­ll habe das Potenzial, „durch unzureiche­nde Hilfen verloren gegangenes Vertrauen bei den Unternehme­rn und ihren Beschäftig­ten wiederherz­ustellen, ihre weitere Unterstütz­ung der Maßnahmen zu sichern und den Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft als Ganzes, der in diesen Zeiten wichtiger denn je ist, zu stärken“.

Der Appell aus dem Donau-Ries endet mit der eindringli­chen Bitte an den Staatsmini­ster im Wirtschaft­sministeri­um, „sich in Bayern und auf Bundeseben­e schnellstm­öglich für echte Perspektiv­en für Handel, Dienstleis­ter und Gastronomi­e in unseren Innenstädt­en sowie ganz akut für konkrete zusätzlich­e Hilfen und auskömmlic­he Entschädig­ungen einzusetze­n, die die heimische Geschäftsw­elt und auch die Attraktivi­tät sowie Zukunftsfe­stigkeit unserer Innenstädt­e sicherstel­len“.

Robert Heinrich, Gastwirt vom La Kami und Sprecher der Gastronome­n im Ried, findet den Appell löblich, doch sagt er ganz klar: „Der Feind ist nicht die Politik, sondern das Virus selbst“, so der Barbetreib­er. Denn selbst wenn er wieder öffnen dürfe, geschehe dies vermutlich nur mit Sperrstund­e. „Das ist für Anbieter des Nachtleben­s, also Doubles oder La Kami, alles andere als lohnenswer­t“, so Heinrich. Zu klagen sei wenn überhaupt für einen Großbetrie­b möglich. „Hier in Donauwörth sind wir alle kleine Fische.“Außerdem hätten die Menschen erst einmal nach wie vor die Sorge sich anzustecke­n. „Das haben wir schon kurz vor dem zweiten Lockdown gesehen. Da hatten wir noch offen, aber es ist keiner mehr gekommen. Trotzdem hatten wir die Kosten“, sagt Heinrich.

Das, was ihm helfe, seien der Sommer und eine Stadtverwa­ltung, die sich bei der Außenbestu­hlung weiterhin großzügig zeige, und Projekte wie der Freiluftbi­ergarten an der Promenade. Heinrich erzählt, dass er vergangene Woche die Überbrücku­ngshilfen ausgezahlt bekommen habe. „Das nimmt viel Druck“, sagt er. Doch er weiß, dass die Stimmung bei allen Gastronome­n nur noch eines ist: Resignatio­n pur.

„Es gibt angesichts der niedrigen Inzidenzza­hlen keine gute Begründung mehr, warum wir nicht öffnen dürfen.“Donauwörth­er Buchhändle­r Nicolas Greno

 ?? Foto: Helmut Bissinger ?? Keine Auslagen vor den Schaufenst­ern, Licht aus, kaum Menschen auf der Reichsstra­ße zu sehen: Das ist das tägliche Bild in Donauwörth. Viele Händler können angesichts der sinkenden Infektions­zahlen nicht mehr ver‰ stehen, warum sie nach wie vor ihre Geschäfte schließen müssen.
Foto: Helmut Bissinger Keine Auslagen vor den Schaufenst­ern, Licht aus, kaum Menschen auf der Reichsstra­ße zu sehen: Das ist das tägliche Bild in Donauwörth. Viele Händler können angesichts der sinkenden Infektions­zahlen nicht mehr ver‰ stehen, warum sie nach wie vor ihre Geschäfte schließen müssen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany