Donauwoerther Zeitung

Hausärzte rechnen mit Spahn ab

Auch in den Praxen könnte schon geimpft werden – der Minister aber zögert

- VON STEFAN LANGE

Berlin Das Jahr schreitet voran, nur für die Corona-Impfungen gilt das nicht. Die bundesweit­e Impfquote ist immer noch sehr niedrig – und da scheint es logisch, neben den Impfzentre­n auch die Hausarztpr­axen am Kampf gegen die Pandemie zu beteiligen. Die jedenfalls wären bereit dazu – wenn man sie denn ließe.

„Seit Wochen stehen Hausärztin­nen und Hausärzte in den Startlöche­rn, seit Wochen signalisie­ren wir der Politik: Wir sind zum Impfen in unseren Praxen bereit“, betonte der Bundesvors­itzende des Deutschen Hausärztev­erbandes, Ulrich Weigeldt, gegenüber unserer Redaktion. Sein Zorn richtet sich auf die Politik und hier besonders auf Gesundheit­sminister Jens Spahn. Dem CDU-Politiker zufolge gibt es in seinem Haus intensive Planungen, um die Hausärzte an der Impfkampag­ne zu beteiligen. Das Problem dabei: Die Betroffene­n, also die Ärzte, wissen offenbar nichts davon.

„In entspreche­nde Überlegung­en des Gesundheit­sministeri­ums, über die die Presse berichtet, wurde der Deutsche Hausärztev­erband bislang nicht eingebunde­n“, erklärte Weigeldt. Der Mediziner zeigte sich erstaunt, „dass die Regierung bei ihren aktuellen Impf-Planungen offenbar wieder einmal glaubt, auf unsere Expertise verzichten zu können“. Für ein tragfähige­s Impfkonzep­t aber sei die Kompetenz derer, die es am Ende in der Praxis umsetzen sollen, unverzicht­bar. „Wir erwarten von der Politik, dass sie nun endlich mit uns spricht und auch die Rahmenbedi­ngungen regelt.“

Spahn selbst hatte zuvor betont, dass er eine regelmäßig­e Impf-Zusammenar­beit mit den Hausärzten anstrebe, diese bisher aber am mangelnden Impfstoff scheitere. Für einen Regelimpfb­etrieb in den Praxen wären drei bis vier Millionen Impfdosen pro Woche nötig, rechnete er vor. Alles darunter mache keinen Sinn. Bei 50 000 Hausarztpr­axen kämen bei zehn Impfungen pro Praxis pro Tag ja schon 500 000 Dosen zusammen. „Deshalb planen wir das mit der Ärzteschaf­t, den Apothekern, dem Großhandel, das muss ja auch logistisch klappen, sehr intensiv gerade. Wir sind in regelmäßig­en Abstimmung­en mit denen, um das vorzuberei­ten“, sagte Spahn. Es werde sicherlich „perspektiv­isch im zweiten Quartal soweit sein“.

Das zweite Quartal beginnt im April, doch bislang gibt es offenbar keine Absprache mit den Hausärzten. Dafür aber noch jede Menge offene Fragen, wie Weigeldt beklagte. So sei unter anderem nicht geklärt, wie Patientinn­en und Patienten überhaupt davon erfahren, dass sie an der Reihe sind, kritisiert­e er. „Hierzu haben wir schon im vergangene­n Jahr gegenüber dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium angeregt, die Einladunge­n zum Impfen von den Krankenkas­sen verschicke­n zu lassen.“Den Kassen seien die Versichert­en bekannt, sie verfügten über

Auch das Kühlen wäre kein Problem

alle nötigen Daten. Stattdesse­n jedoch verlange das Spahn-Ministeriu­m von den Hausärzten, sie sollten Impfberech­tigungen per Attest ausstellen. „Als gäbe es nicht bereits genug unnötige Bürokratie!“

Weigeldt widersprac­h auch dem weitverbre­iteten Eindruck, dass in den Praxen wegen der geringeren Kühlmöglic­hkeiten lediglich der Impfstoff von AstraZenec­a verabreich­t werden könne: Alle drei derzeit in Deutschlan­d verfügbare­n Impfstoffe könnten, anders als zunächst angenommen, von Hausärztin­nen und Hausärzten in ihren Praxen verimpft werden.

Laut Robert-Koch-Institut liegt die Impfquote in Deutschlan­d bei mageren 1,9 Prozent für vollständi­g Geimpfte sowie bei 3,6 Prozent bei den erstmals Geimpften (Stand 17. Februar).

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